2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
F: Wereschinski
F: Wereschinski

Vollsperrung an der Neumühle

HESSENLIGA: +++ Im zweiten Derby innerhalb von drei Wochen hat Waldgirmes Lösungen parat, die Watzenborn fehlen +++

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watzenborn-steinberg. Wenn der direkte Weg gesperrt ist, kann es ganz schön umständlich sein, von Gießen auf den Sportplatz an der Neumühle zu kommen. Normalerweise geht es im Schiffenberger Tal rechts ab und dann ab durch die Mitte – der Steinberger Weg führt direkt zum Ziel. Die Spieler des SC Teutonia Watzenborn-Steinberg wirkten am Samstag beim zweiten Hessenliga-Derby innerhalb von drei Wochen gegen den SC Waldgirmes ähnlich irritiert und planlos wie mancher Zuschauer, der sich zuvor auf der Alternativroute durch den Ort zum Sportplatz geschlängelt hatte. Der direkte Weg zum Ziel war versperrt, das Tor der Gäste zwar in Sichtweite gut ausgeleuchtet zu erkennen, aber die Orientierungslosigkeit des Favoriten, wie er denn durchschlagskräftig dorthin gelangen könnte, war frappierend.

Um von versperrten Verkehrswegen auf den Fußball zurückzukommen: Den favorisierten Teutonen fiel über 90 Minuten nichts ein, um die geschickt verteidigenden Waldgirmeser in Gefahr zu bringen. Dabei war direkt nach dem Schlusspfiff aus dem SCW-Umfeld zu hören, dass man sich gedacht habe, dass „Watzenborn 45 Minuten keine Idee haben könnte, dass es aber dann 90 Minuten so war, damit konnte man nicht rechnen.“

Tatsächlich darf der wenig schmeichelhafte Stempel „Haben sich stets bemüht“ als maximale Belobigung der Watzenborner Spieler gelten, mehr aber auch nicht. Ein adäquates Mittel, eine sich stark verschiebende Abwehrkette auszuhebeln, indem man auf die Grundlinie gelangt, um dann den freien Mann im Rücken der Abwehr anspielen zu können, gelang nicht nur deshalb nicht, weil Waldgirmes das von Daniyel Bulut ausgegebene Defensiv-Konzept 1a umsetzte, sondern auch, weil bei den hochkarätig besetzten Teutonen das Spiel Richtung Gästestrafraum nicht nur ideenlos, sondern auch zu statisch war. Überraschende Antritte oder Sprints, um dem Kettenverbund nebst den attackierenden Mittelfeldstrategen zu entkommen, gab es zu selten. Und Schüsse? Fehlanzeige. Die Versuche aus der Distanz wurden, selbst wenn sich mal eine Lücke auftat, einem nächsten Schlenker geopfert. Und dann war die Chance dahin.

Nun muss man bei einem Derby Objektivität an den Tag legen, das heißt, so wenig favoritengemäß wie die Watzenborner agierten, so prima eingestellt präsentierten sich die Lahnauer. Dabei darf man nicht vergessen, dass zwischen beiden Vereinen noch vor wenigen Monaten zwei Klassen lagen. Allerdings wird der SC Waldgirmes, sollte er solchermaßen konzentriert die weitere Saison angehen, mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Das Ziel Klassenerhalt scheint angesichts der cleveren Spielweise, aber auch der mannschaftlichen Geschlossenheit eher in die Kategorie Understatement zu gehören. Waldgirmes hat aus dem ängstlichen Auftritt beim 1:4 vor eigenem Publikum die richtigen Schlüsse gezogen – die Teutonen-Spieler im Umkehrschluss die falschen. Vielleicht war die frühe Wiederauflage des Derbys ein Vorteil für die Gäste, war sich die Elf von Trainer Gino Parson angesichts des klaren und noch präsenten Erfolges zu sicher, dass man das Ding schon schaukeln werde.

Nun dürfen nach vier Spieltagen noch keine voreiligen Schlüsse gezogen werden, aber dass Watzenborn noch häufiger auf gut organisierte Gegner treffen wird, die sich über einen Zähler gegen den überdurchschnittlich besetzten Gegner freuen werden wie Schneekönige, weiß auch Parson. Eine Schippe mehr muss drauf gelegt werden. Dass ausgerechnet der erfahrenste Mann, Matthias Henn, in einer wichtigen Phase sich wegen Meckerns gelb-rot abholte, passte ins Bild eines Auftritts, bei dem auch Markus Müller nach Einwechslung oder zuvor Timo Cecen mehr mit vermeintlichen Fehlern ihrer Mitspieler haderten, als selbst unliebsame Wege zu gehen. Am Rande sei angemerkt, dass die rasche Derby-Folge vielleicht nicht nur Watzenborn verstörte, sondern auch die Zuschauer: 716 zahlende Zaungäste ist in Ordnung, wäre aber bei regulärer Spieltagsabfolge auch nicht so viel schlechter gewesen. Dass sich noch 300 verfahren haben könnten, dürfte trotz Vollsperrung nicht der Fall gewesen sein.



Aufrufe: 022.8.2017, 09:08 Uhr
Gießener AnzeigerAutor