2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der letzte aktive Einsatz von Schiedsrichter Dieter Kauertz (Mitte) mit den Assistenten Manfred Noever (links) und Kurt Kochen (rechts). Foto: privat
Der letzte aktive Einsatz von Schiedsrichter Dieter Kauertz (Mitte) mit den Assistenten Manfred Noever (links) und Kurt Kochen (rechts). Foto: privat

"Nicht ein einziges Mal bedroht oder angegriffen worden"

Teil eins des großen Interviews mit Dieter Kauertz, langjähriger Schiedsrichter des Kreises Mönchengladbach/Viersen

Bereits am Dienstag haben wir Euch Dieter Kauertz, der 1000 Mal in Dienste der Schiedsrichterei am Niederrhein im Einsatz war, im Portrait vorgestellt, das ihr hier noch einmal nachlesen könnt. Heute könnt ihr hier Teil 1 des großen Interviews mit ihm lesen. Dabei geht es um gute Gründe, dieses Hobby zu ergreifen und die großen Spiele, die er in seinem Leben erlebt hat. Allerdings wird es auch nachdenklich.

Warum sollen junge Männer und Frauen Schiedsrichter werden? Welche Vorteile haben Sie durch dieses Hobby?

Kauertz Als Schiedsrichter lernt man für sein ganzes Leben. Die Schiedsrichterei ist ein tolles Hobby, das junge Menschen für ihr Leben stärkt. Durchsetzungsvermögen, Menschenkenntnis und Zielstrebigkeit sind nur einige der wenigen Fähigkeiten, die sie mit diesem Hobby ausbauen. Gerade jungen Menschen hilft dieses Hobby, und es unterstützt mit vielen hinzugewonnenen Eigenschaften sowohl das private als auch das berufliche Leben: Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Pflichtbewusstsein, Entscheidungsfreudigkeit, Charakterstärke, Menschenkenntnis, Kritikfähigkeit, Fingerspitzengefühl, Fitness, die Liste ließe sich fortsetzen.

Warum sind Sie Schiedsrichter geworden?

Kauertz Während der vier Jahre als Fußballjugendleiter des TuS Grevenbroich musste ich mehrmals Jugendspiele leiten, weil kein Schiedsrichter kam oder angesetzt war, und dies hat mir Spaß gemacht. Später als Betreuer der Reservemannschaft des SV Steinwenden-Weltersbach (Pfalz) wurde ich das ein oder andere Mal gebeten, ein Spiel unserer Altherren-Mannschaft zu leiten. Nachdem ich einmal von Spielern meines Vereins so stark kritisiert wurde, obwohl ich mir sicher war, es richtig gemacht zu haben, war dies das Schlüsselerlebnis, um mich als Schiedsrichter anzumelden und mir das offizielle Regelwerk anzueignen. Das war im August 1981.

Wie kam es dazu, dass Sie 2004 zum Schiedsrichter des Jahres in Mönchengladbach/Viersen gewählt wurden?

Kauertz Laut Kreisschiedsrichterausschuss erhielt ich die Auszeichnung, verbunden mit Wanderpokal und Urkunde, als Anerkennung meiner Leistungen, Einsatzbereitschaft und Zuverlässigkeit. Viele Jahre lag ich in der Spitzengruppe unserer Aktiven im Kreis, was die Zahl der Spielleitungen betraf, begründete Obmann Markus Fliege die Entscheidung. Darüber hinaus habe ich viele Jahre in der Landesliga und in der Bezirksliga regelmäßig und mit großem Erfolg junge Unparteiische an die Aufgabe des Schiri-Assistenten herangeführt. In der Auszeichnung hieß es: "Aufgrund seiner Erfahrung, seiner Ruhe und Umsicht behält Dieter Kauertz auch brisante Spiele stets im Griff - weshalb er bei Fußballern und Vereinen in Mönchengladbach/Viersen und am Niederrhein hohes Ansehen genießt. Dieter ist einer, auf den man sich immer zu einhundert Prozent verlassen kann, der sein Hobby ernst nimmt, sich auf seine Aufträge gewissenhaft vorbereitet und stets konzentriert zu Werke geht. Dabei vergisst er nie die menschliche und sportliche Seite des Fußballs. Mit einem Lächeln, mit einem freundlichen Wort oder einer beruhigenden Geste kann Dieter rasch erhitzte Gemüter beruhigen."

Wurden Sie als Schiedsrichter schon mal bedroht oder angegriffen?

Kauertz Nein! Gott sei Dank nicht einmal. Ich war auch nur ein einziges Mal, das war 1985, vor der Kreisspruchkammer, aber das nur als Zeuge, weil ein Korschenbroicher Spieler in einem heißen Lokalderby gegen Neersbroich vor 150 Zuschauern das Spielfeld verlassen und einen Zuschauer attackiert hatte. Aber ich musste 1982 schon einmal durch eine "hohle Gasse" (Schirme und erhobene Arme) gehen, weil ich in einem Bezirksligaspiel in der Pfalz habe nachspielen lassen und der TuS Bolanden dann den 3:4-Gegentreffer des SV Niederauerbach kassierte. Nach einem Landesligaspiel beim SV Emmerich-Vrasselt mit zwei Roten Karten gegen zwei Bottroper Brüder hat man mir die Luft aus einem Autoreifen gelassen. Ansonsten waren alle brav.

An welche Spiele erinnern Sie sich noch besonders gut?

Kauertz Besonders gerne denke ich an alle Hallenstadtmeisterschaften in der Jahnhalle. Natürlich auch an die Freundschaftsspiele mit den Profis von Borussia Mönchengladbach am 15. Juli 1986 beim Polizei SV, mit einer Schwalbe im Strafraum von Ewald Lienen, am 27. Mai1997 bei Grün-Weiß Holt und am 25. September 1999 beim Rheydter SV, mit Max Eberl. Aber auch an die Spiele zum Jubiläum von Borussia im Bökelberg-Stadion vor 15.000 Zuschauern am 30. Juli 2000, das Traditionsspiel zwischen Borussia 1970/80 und Borussia 1980/90 (2:2) sowie der Pokalsiegermannschaft von 1960 und einer Stadtauswahl Mönchengladbachs. Die meisten Zuschauer gab es beim Abschiedsspiel von Tiger Stefan Effenberg im Borussia-Park mit FIFA Schiedsrichter Alfons Berg und Assistent Markus Fliege (MG). Bei dem 6:6 waren 37.000 Menschen dabei. Auch bei Freundschaftsspielen des Rheydter SV gegen Bundesliga-Mannschaften (Alemania Aachen als Schiedsrichter und Fortuna Düsseldorf als Assistent) durfte ich dabei sein. Natürlich erinnere ich mich auch an ein Spiel zwischen dem Polizei SV und der Uwe-Seeler-Portas-Elf mit Wolfgang Overath und weiteren Nationalspielern vor 1.500 Zuschauern am 24. Mai 1990.

Das waren jetzt eher „Promi-Spiele“ - und sportliche Höhepunkte?

Kauertz Im Juni 1986 durfte ich das Abstiegsduell in der Landesliga zwischen dem SV Walbeck und dem VfL Benrath vor 750 Zuschauern leiten; der SV stieg ab, nach dem Spiel gab es für unser Gespann dennoch Spargel. Am 28. Mai 1991 wurde der SC Hardt gegen Odenkirchen durch ein 2:2 vor 80 Zuschauern Meister der Kreisliga A. Am 5. Juni1994 wurde der FC Rumeln-Kaldenhausen durch ein 1:0 über den MSV Moers vor 100 Zuschauern Aufsteiger in die Landesliga. Das sind aber nur einige Beispiele.

Was war Ihr negativstes Erlebnis als Schiedsrichter?

Kauertz Es gab leider ein sehr trauriges Erlebnis, als in einem Bezirksliga-Spiel des SC Waldniel gegen Neukirchen ein Spieler im Alter von 23 Jahren ohne Gegnereinwirkung auf dem Spielfeld, und das auch noch vor den Augen seiner Mutter und seiner Freundin, zusammenbrach und verstarb.

Sie waren auch Linienrichter in der Landesliga und in der Oberliga?

Kauertz Ja, zunächst in der Saison 1986/87 mit Schiedsrichter Gerd Lippold und Assistent Helmut Thissen in der Landesliga sowie 1988/89 mit Schiedsrichter Heinz Willems und Wolfgang Schulz in der Oberliga, zu der Zeit dritthöchste Spielklasse. Zudem durfte ich zweimal als Assistent bei unserem Bundesliga-Schiedsrichter Dieter Pauly bei einem Amateurspiel in Wuppertal und bei einem Freundschaftsspiel der Uwe-Seeler-Elf in Waldniel mitfahren. Das interessanteste Oberligaspiel und Lokalderby war am 8. April 1989 zwischen dem MSV Duisburg und Hamborn 07 im Wedau-Stadion vor 4.500 Zuschauern mit mehreren knappen Abseitsentscheidungen vor der Haupttribüne, die sich nach Betrachten der Kamera-Aufnahmen alle als korrekt erwiesen.

Aufrufe: 01.11.2017, 12:00 Uhr
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