2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Feiernde Lahrer nach dem  in vielfacher  Hinsicht wichtigen  Erfolg im Derby. | Foto: Pressebüro Schaller
Feiernde Lahrer nach dem in vielfacher Hinsicht wichtigen Erfolg im Derby. | Foto: Pressebüro Schaller

Das Derby und die Fehlerketten

Der SC Lahr feiert einen emotional und tabellarisch wichtigen Sieg gegen den Offenburger FV, der weiter in der Krise steckt

„Derbysieger, Derbysieger“, brüllten die Schwarz-Blauen und tanzten im Kreis. Ein paar Meter daneben betrieben die Offenburger nach der vierten Niederlage in Serie Frustbewältigung. Im intensiven Treffen der Nachbarn hatte jedes Team am Samstag eine Halbzeit dominiert.


Die Schlüsselszene
Der Ball lag auf dem ominösen Punkt in elf Metern Entfernung zur Torlinie. Handelfmeter. 54 Minuten waren gespielt. Fünf Minuten zuvor hatte der OFV die 2:0-Führung der Lahrer auf 2:1 verkürzt. Alles hielt den Atem an. „Jetzt ist gleich der ganz schöne Vorsprung weg“, stöhnte ein SCL-Fan. Nico Schlieter, der OFV-Routinier, aber trat die Kugel mit Schmackes über die Querlatte und die Hochsprunganlage auf die Laufbahn. „Da kann das Spiel kippen“, sagte Sportclub-Mannschaftskapitän Johannes Wirth. „Wer weiß, wie es gelaufen wäre, wenn die Offenburger den Ausgleich erzielen.“ Denn die hatten sich gerade daran gemacht, das Derby in den Griff zu bekommen.

Die zwei Halbzeiten
Die Lahrer dominierten die erste Spielhälfte und profitierten in der Spielentwicklung von krassen Fehlern des OFV, die mit mangelnder Erfahrung erklärt werden können. Nachdem Torjäger Fabian Herrmann kurzfristig passen musste, standen sieben Spieler, die 20 Lenze und weniger zählen, in der Startelf der Gäste. Jona Leptig, der 18-jährige Seelbacher im OFV-Tor, ließ in der 13. Minute einen Flachschuss von Konstantin Fries, dem 19-jährigen Seelbacher im SCL-Dress, durch die Hände zum 1:0 rutschen. Drei Minuten danach schlief die OFV-Deckung, Ümit Sen sprintete in einen langen Abschlag und schob die Kugel ins lange Eck zum 2:0. Verdient war der Vorteil des SCL zur Pause allemal. Drei weiteren Chancen des Sportclubs stand eine einzige des OFV vor der Pause gegenüber. Dann änderte sich das Bild komplett. Die Körpersprache des OFV war eine andere. Schlieter war aus der Abwehrreihe ins Mittelfeld vorgerückt, der Sportclub fand kaum mehr Platz und Zeit, um gegen überlegene Gäste wirksame Angriffe zu inszenieren.

Die Kapitäne
Kopfschüttelnd stand OFV-Kapitän und Torschütze Marco Petereit nach dem Abpfiff auf dem Platz. Wie waren diese zwei unterschiedlichen Halbzeiten zu erklären? „Für die erste Halbzeit gibt es keine Erklärung. Da war alles schlecht: kein Zweikampfverhalten, technische Fehler, Passfehler. Nach den zwei Toren lassen wir die Köpfe hängen. Da ist eine Verunsicherung vorhanden, bedingt auch durch die letzten Spiele. Immerhin haben wir es nach der Pause viel besser gemacht.“ Mit Verunsicherung erklärte auch SCL-Kapitän Johannes Wirth den Leistungsabfall. „Als das 2:1 fiel, dachten wohl einige Spieler an vergangene Spiele in dieser Saison, als wir auch mal Pech hatten. Dann wird man unruhig, man spielt den Ball schneller mal hoch raus, anstatt ruhig und konstruktiv aufzubauen. Wir haben trotzdem gut weiter gekämpft.“


Die Trainer
Florian Kneuker, der junge Trainer des OFV, musste wieder einmal eine Niederlage erklären. Wie schon nach den Partien zuvor beklagte er „Fehlerketten“. Seine Spielidee war, auch mit langen Bällen zu operieren und dann „auf die zweiten Bälle zu gehen.“ Immerhin durfte er konstatieren, seine Mannschaft habe „sich nach der Pause aufgerafft“. Und dabei sehr leidenschaftlich agiert. Leidenschaftlich sei auch sein Team aufgetreten, fand Sportclub-Trainer Oliver Dewes. „Wir haben eine nahezu perfekte erste Halbzeit gespielt. Mit ausgezeichnetem hohem Pressing.“ Nach dem Anschlusstreffer sah er Verunsicherung in seinem Team, das nicht mehr geschafft habe, Druck auf Ball und Gegner auszuüben.

Die Rivalität
Derbys sind Festtage, das hat auch die Partie am Samstag gezeigt, die gut 500 Zuschauer anlockte. Rund 200 Fans zählt der Sportclub in Lahr im Schnitt bei den Heimspielen, eine Zahl, die den SCL-Vorsitzenden Frank Müller beileibe nicht zufriedenstellt: „Das ist viel zu wenig angesichts der Größe von Lahr. Aber anderswo in der Verbandsliga ist es auch nicht besser.“ So betrachtet wollen die Lahrer ohnehin nicht, dass die Offenburger in die Oberliga aufsteigen. „Wir haben es gerne, wenn ihr in der Verbandsliga bleibt, schon wegen der Zuschauer, die dann kommen.“ Dies sagte Müller gut gelaunt und mit einem Augenzwinkern beim Trainergespräch im brechend vollen Lahrer Clubhaus, wo Fans beider Teams einträchtig nebeneinander saßen.

Die Ansprüche
„Man geht immer vom OFV aus, der mal in der Oberliga spielt“, sagte der geknickte Kneuker. „Aber wir haben hier eine sehr junge Mannschaft. Da hilft es auch nichts, draufzuhauen. Ich muss mit dem Kader arbeiten, den ich zur Verfügung habe.“ Eine kleine Rechtfertigung angesichts von vier Niederlagen in Folge, was in Offenburg ein hörbares Grummeln auslöst. Futsch ist der schöne Saisonstart. Es heißt Abschied nehmen vom Gedanken, der OFV könne mit Freiburger FC und 1. FC Rielasingen-Arlen um die Krone kämpfen. Für die Lahrer stellt sich die Perspektive anders dar. Dort gilt es, sich auf den langen Weg aufzumachen, der ins gesicherte Mittelfeld führt. Der Erfolg im Derby ist dabei eine große Hilfe, rein praktisch und in psychologischer Hinsicht.

Tore: 1:0 Fries (13.), 2:0 Sen (16.), 2:1 Petereit (50.). Zuschauer: 500.

Aufrufe: 018.11.2018, 21:00 Uhr
Uwe Schwerer (BZ)Autor