2024-05-10T08:19:16.237Z

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Zwei Jubelgruppen: Links wird Torschütze Dominick Drexöer (links) von David Kinsombi geherzt, Vorbereiter Steven Lewerenz (re.) von Dominic Peitz.getty
Zwei Jubelgruppen: Links wird Torschütze Dominick Drexöer (links) von David Kinsombi geherzt, Vorbereiter Steven Lewerenz (re.) von Dominic Peitz.getty

Holstein Kiel trumpft auf

Spaß und spielerische Klasse

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Wo soll das noch hinführen für die Kieler „Störche“? Nach acht Spielen steht Zweitliga-Neuling Holstein mit 16 Zählern da. Ein Punkteschnitt, der bislang immer für den Aufstieg reichte. Doch jegliche Träume dieser Art sind bei der KSV – zu Recht – noch vollkommen verpönt. „Wo das hinführt? Zum nächsten Spiel!“, gab Trainer Markus Anfang professionell zu Protokoll. „Jedes Spiel in dieser Liga bleibt eine große Aufgabe für uns.“ Die Akteure zeigen Woche für Woche, dass das mehr als leere Worte sind. Anfang lobt seine Schützlinge: „Man sieht bei allen, dass sie Spaß haben, in dieser Liga zu spielen. Sie treten mutig auf und spielen gut mit.“

Das darf man nach acht Spielen bereits als Untertreibung bezeichnen. Mit Ausnahme von Union Berlin in Phasen des Spiels hat Holstein noch keinen Gegner getroffen, der spielerisch voll auf Augenhöhe gewesen wäre.

Am Dienstag nach dem 0:1 gegen St. Pauli hatte Anfang schon nach einem Lob der Hamburger überrascht festgestellt: „Die Spiele sehen teilweise genauso aus wie in der 3. Liga. Die Gegner reagieren auf uns, stellen sich teilweise hinten rein. Das ist eine Auszeichnung für uns.“

Auch der MSV Duisburg traute sich am Freitag nicht, wirklich mitzuspielen. Selbst die rund 20-minütige Druckphase des MSV, in der Holsteins Defensive auch mal kräftig ins Schwimmen geriet, hatte weniger mit spielerischer Klasse als mit Wucht des Gegners zu tun. „Das ist dann auch schwer zu verteidigen“, wusste Dominick Drexler. „Die sind groß aufgestellt, spielen viele lange Bälle und sind stark bei Standards.“

Holstein schaffte es in dieser Phase zu selten, sich auch mal mit einfachen Mitteln zu befreien. „Wir haben die auch selbst stark gemacht“, erklärte Drexler. „Wir waren nicht mehr so gut in den Zweikämpfen und haben die Bälle zu früh verloren. Und dann kommt die Stimmung dazu, die den Gegner noch einmal nach vorne treibt.“„Der Ausgleich lag in der Luft“, beschrieb MSV-Trainer Ilia Gruev diese Phase richtig.

„Wir haben Chancen gehabt, Aluminium getroffen und sind an einem überragenden Torwart gescheitert.“ Und er wusste: „Wenn wir in dieser Phase den Ausgleich machen, geht das Spiel möglicherweise anders aus.“ Zu widersprechen war ihm nicht. Bezeichnend jedoch war, dass nicht einmal der Deutsch-Bulgare letztlich trotz einer Handvoll Großchancen für sein Team mit der Niederlage haderte.

„Das Ergebnis ist verdient“, stellte Gruev fest. „Es war schwer, so ein Spiel zu gewinnen.“Das hatte mit der spielerischen Dominanz und der Konterqualität der Kieler zu tun, die abgesehen von dieser kritischen Phase das Spiel prägten. „Die erste Halbzeit hatten wir komplett im Griff“, befand Drexler. „Da müssen wir schon das 2:0 machen.“ Vom MSV war wenig zu sehen.

„Wir haben von der ersten Minute an gezeigt, dass wir die bessere Mannschaft sind“, sagte Steven Lewerenz. „Wir haben den Kampf angenommen und sehr gut gespielt. Dazu kam das Supertor von King.“ Eben jener Treffer von Schindler überraschte auch Vorbereiter Drexler etwas. „Da war viel Platz“, erkannte der 27-Jährige.

„Aber die Wege sind bei uns halt auch eingespielt. Ich weiß genau, dass King diesen Sprint machen kann.“ Auch das zweite Tor war später alles andere als ein Zufallsprodukt. „Das haben wir oft trainiert, in so einer Situation den langen Ball über die Abwehr zu spielen“, sagte Lewerenz über seine Vorbereitung des 0:2.

Drexler war überrascht: „Ich habe gleich nach dem Tor gedacht: Gut, dass wir keinen Videobeweis haben. Dann wäre das zurückgepfiffen worden.“ Erst bei Ansicht der Fernsehbilder noch im Kabinengang sah der Torschütze, dass das Schiedsrichterteam Adleraugen bewiesen hatte – der Torschütze stand bei Lewerenz' Ballabgabe nicht im Abseits. Und so war der Weg frei für Drexler, sich endgültig zum überragenden Mann auf dem Platz aufzuschwingen.

Tor Nummer drei war dann noch die Krönung. „King hätte auch gerne geschossen. Aber ich habe mich einfach super gefühlt“, erklärte Drexler, warum er sich den Ball zum Elfmeter schnappte.Als ehrlicher Sportkamerad hätte er das eigentlich nicht tun dürfen. MSV-Torhüter Mark Flekken, mit dem Drexler in Fürth zusammen gespielt hatte, hatte für Familie und Freunde des in Bonn beheimateten Drexler 16 Eintrittskarten besorgt.

„Ich hatte ihm gesagt, dass ihm aus Dankbarkeit nur einen reinschieße“, lachte der Doppeltorschütze. Das Trikot tauschte Drexler dann auch erst einmal mit Kevin Wolze. „Wir haben oft gegeneinander gespielt und auf dem Platz einige Scharmützel ausgetragen“, erklärte er. „Aber nach dem Spiel kann man mit ihm da locker drüber sprechen – so wie es unter Fußballern sein sollte.“

Seine Familie durfte nicht nur Drexler übrigens direkt in die Heimat begleiten. „Die Mannschaft hat sich zwei freie Tage verdient“, gab Trainer Anfang nach dem Spiel bekannt. Erst am heutigen Montagnachmittag beginnt die Vorbereitung auf das Bochum-Spiel.
Aufrufe: 025.9.2017, 11:00 Uhr
SHZ / cjeAutor