2024-05-02T16:12:49.858Z

Im Nachfassen
Kommt zu mir: Matchwinner Marvin Ducksch (Mitte) fordert nach seinem Führungstor die Mitspieler zum gemeinsamen Jubel auf. Foto: 54°/Schaffrath
Kommt zu mir: Matchwinner Marvin Ducksch (Mitte) fordert nach seinem Führungstor die Mitspieler zum gemeinsamen Jubel auf. Foto: 54°/Schaffrath

Holstein Kiel kann auch Kampf: Höhenflug geht weiter

Holstein Kiel zeigt ein anderes Gesicht

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Markus Anfang wählte nicht den glänzenden Moment einer der zuletzt regelmäßigen Fußball-Galas, um seiner Mannschaft einmal eine längst verdiente grundsätzliche Streicheleinheit zu verpassen. „Man muss den Jungs einfach ein Riesenkompliment machen“, erkärte der Holstein-Trainer. „Was sie hier Woche für Woche abliefern, ist alles andere als selbstverständlich.“ Das sagte er nach dem vielleicht unspektakulärsten der bisherigen acht Siege in den ersten elf Zweitliga-Spielen. Das Kieler 2:1 gegen Bielefeld war kein Spektakel, sondern Normalität. Und es wäre auch positiv zu bewertende Normalität gewesen, wäre die Partie – wonach es eine Stunde lang aussah – 0:0 ausgegangen.

„Das war heute ein anderes Holstein Kiel als in den vergangenen Wochen“, analysierte Routinier Dominic Peitz. „Nicht die Mannschaft, die spielerisch für Furore sorgt und die Gegner auseinander nimmt. Wir haben uns diesen Sieg erkämpft.“ Das hatte einfache Gründe, wie der 33-Jährige erläuterte: „Die Gegner sind ja auch nicht blöd. Die beobachten uns Woche für Woche und stellen sich auf uns ein. Wir haben nicht unser Spiel aufziehen können. Aber dass alle auf uns reagieren, ist ja auch schon ein Lob für uns“, stellte er fest.

Diesmal hatten es die Kieler mit einem enorm aggressiven Gegner zu tun, der einnfach keinen Raum zum Spielen bot. „Bielefeld hat das gut gemacht. Aber wenn wir unsere Sachen nicht durchziehen können, geht es eben auch anders“, erkannte Holstein-Keeper Kenneth Kronholm. „Alex und mir haben die wieder zwei Kilometerfresser auf die Füße gestellt“, sagte Dominick Drexler. „Außerdem hat Bielefeld sehr hoch gespielt und uns sofort unter Druck gesetzt.“

Es war nicht unverständlich, dass Gäste-Trainer Jeff Saibene davon sprach, seine Mannschaft habe „ein gutes Auswärtsspiel“ gemacht. Schließlich ging die Taktik der Bielefelder lange Zeit auf, eine Stunde lang schien die Arminia dem ersten Tor einen Tick näher. Auch wenn Anfang nicht zu Unrecht feststellte: „Strafraumszenen gab es ja auf beiden Seiten nicht wirklich viele.“Drexler wusste um die entscheidenden Momente. „Wenn Voglsammer das 0:1 macht, geht das Spiel wahrscheinlich anders aus“, erinnerte er an die einzige herausgespielte Bielefelder Großchance der zweiten Hälfte. „Auf der anderen Seite haben wir uns auf dem Feld alle paar Minuten gesagt: Wir brauchen nur eine Aktion!“

Daran erinnerte sich auch Marvin Ducksch. „Die Jungs haben gesagt, dass ich die eine Chance bekommen werde“, sagte der Holstein-Torjäger und beschrieb: „Es war vielleicht noch ein bisschen weit vor dem Tor, aber der Ball lag gut, sodass ich abgezogen habe.“ Der Ball passte mal wieder. Saibene fand nicht ganz zu Unrecht: „Die Kieler haben momentan einen Lauf. Das hat man bei dem Tor gesehen.“ Dieser Treffer, so glücklich er zu diesem Zeitpunkt auch war, wirkte „wie ein Dosenöffner“, wie Drexler es ausdrückte. „Wir haben es ja schon oft erlebt, dass wir nur so ein Erfolgserlebnis brauchen, damit es wieder läuft. Wie oft haben wir schon solche Doppelschläge gehabt?“

Denn zur Zeit des Führungstores waren die Kieler schon etwas besser im Spiel als noch in der ersten Halbzeit. „Lange Bälle sind gegen einen solch früh attackierenden Gegner nicht planlos, sondern eine klare Struktur“, verteidigte Peitz die Marschroute. Vor der Pause fehlte dabei oft die Präzision, später klappte das ab und zu besser – direkt nach dem Seitenwechsel das erste Mal. Ab da war das Mantra von „der einen Aktion“, die die Kieler unter sich ständig beschworen, endgültig in den Köpfen verankert. Und beim 2:0 ging es auch genauso auf wie geplant. Ein Ball in die Tiefe, Querpass, Tor. „Beim Eishockey wäre das ein Assist gewesen, beim Fußball nicht“, wehrte Peitz schmunzelnd zu große Meriten für den „tödlichen“ vorletzten Pass ab.

Und Ducksch stellte unter Beweis, dass für ihn wirklich „nicht meine Tore, sondern die Punkte“ das sind, wofür er am intensivsten arbeitet. „Ich habe Steven gesehen, er stand einfach besser“, erklärte der Mittelstürmer, warum er nicht selbst abzog, sondern querlegte.“ Und fügte schmunzelnd hinzu: „Steven hat mir diese Saison bestimmt schon fünf aufgelegt, die ich dann nicht reingemacht habe.“

Am Ende bemühte sich Drexler noch, dafür zu sorgen, dass niemand ob der nicht so glanzvollen Vorstellung eine negative Tendenz ausmacht. „Wir sollten das positiv sehen“, stellte er fest, was spätestens mit dem Sieg auch allen im Stadion leicht fiel, und fügte hinzu: „Auch solche Spiele, in denen nicht alles so läuft wie erwartet, gehören mal dazu.“

Peitz freute sich sogar genau darüber. „Das kann uns als Mannschaft noch einmal stärken. Wir können nicht jede Woche den Gegner an die Wand nageln, aber wir können auch auf andere Art spiele gewinnen.“ Auch dafür haben die Kieler „Störche“ derzeit große Komplimente mehr als verdient.

Aufrufe: 024.10.2017, 09:00 Uhr
SHZ / Christian jessenAutor