2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Ilhan Sariboga (r.) Foto: Nemschok
Ilhan Sariboga (r.) Foto: Nemschok

"Dieser Wechsel war der größte Fehler meines Lebens"

Ilhan Sariboga kann sich nicht vorwerfen alles gegeben, nur die eine falsche Entscheidung getroffen zu haben. Trotzdem ist er zufrieden und stolz, auch auf ehemalige Mitspieler. Mit dem FC Strausberg wird er nicht mehr in den Abstiegssumpf rutschen - ist er sich sicher.

Ein Bericht von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Ilhan Sariboga

Herr Sariboga, wie geht man eine Rückrunde an, wenn es quasi um nichts mehr geht?

Wir haben uns als Mannschaft nochmal zusammengesetzt und uns ein Ziel gesetzt, welches wir als Team erreichen wollen. Wir haben das Potential jede Mannschaft aus der Liga schlagen zu können. Und ich denke, dass jeder persönlich auch das Ziel hat sich zu verbessern. Man darf auch nicht vergessen, dass wir eine sehr junge Mannschaft sind und in der Hinrunde auch viele gute Spiele absolviert haben. Jetzt liegt es an uns die guten Leistungen auch öfter über die vollen 90 Minuten zu bringen und nicht nur 45-60 Minuten. Ich gehe auf jeden Fall mit einem sehr guten Gefühl in die zweite Hälfte der Saison und ich hoffe, dass wir einige Teams über uns ärgern können.

In der Rückrunde gab es bisher zwei Niederlagen bei einem Sieg: besteht noch die Gefahr unten reinzurutschen?

Über den Abstieg mache ich mir keine Gedanken, dafür sind wir eine zu gute Mannschaft. Natürlich sind wir mit der Leistung vom Wochenende unzufrieden, aber Niederlagen gehören auch zum Fußball. Dennoch sehe ich unsere Mannschaft im oberen Drittel der Liga. Wir wissen was wir können und werden unsere Punkte noch holen dafür werden wir alles tun und das am besten nächste Woche zuhause gegen TeBe.

Woran machst du es fest, dass ihr eine „zu gute Mannschaft“ seid?

Ich denke, dass wir das in der Hinrunde gezeigt haben. Ich sehe wie viel Qualität und Arbeit in der Mannschaft steckt. Natürlich sind wir nicht wie gewünscht in die Rückrunde gestartet, aber das gehört dazu. Wir müssen draus lernen. Schon in der ersten Halbzeit hätten wir das Spiel gegen Stendal entscheiden und mit 3:0 in die Kabine gehen müssen. So ist das eben im Fußball: machst du die Dinger vorne nicht kriegst du sie hinten rein. Aber für den Abstieg haben wir zu viel Qualität in der Mannschaft.

Der Start in der Hinrunde war besser. Wie habt ihr euch in diesem kurzen, aber erfolgreichen Rausch gespielt gehabt?

Ja das stimmt. Zu dem Zeitpunkt hatte alles gepasst wir hatten eine sehr gute und vor allem anstrengende Vorbereitung, die wir zwar auch im Winter hatten, doch in den ersten Spielen hatten wir noch das Quäntchen Glück auf unserer Seite was uns momentan leider fehlt. Wir wurden in den ersten Spielen für unsere harte Arbeit und gute Leistungen belohnt. Ich hoffe, dass wir dies in den nächsten Spielen wieder schaffen werden. Mit TeBe und Greifswald warten zwei sehr spielstarke Gegner auf uns, aber wie ich am Anfang schon erwähnt habe, wollen wir die Teams über uns ein wenig ärgern und das am besten schon nächste Woche.

TeBe hat gerade gegen Greifswald verloren, steht nur drei Punkte hinter Lichtenberg. Ein Blick in die Glaskugel: wer steigt am Ende auf?

Das ist sehr schwer zu sagen. TeBe, Greifswald und Lichtenberg spielen dieses Jahr einen sehr guten Ball. Da ich ein paar ehemalige Mitspieler bei TeBe habe und dort in der Jugend sehr lange und erfolgreich gespielt habe, würde ich mich freuen, wenn sie es schaffen. Dennoch glaube ich, dass es am Ende Lichtenberg sein wird, die es natürlich auch verdient haben. Es ist mittlerweile meine dritte Saison in der Oberliga und Lichtenberg hat mich fußballerisch am meisten beeindruckt bis jetzt.

Warum hat es dich nach mehreren Jahren bei Tennis Borussia wegezogen?

Ich hatte im letzten A-Jugend Jahr die Möglichkeit, in der Junioren-Bundesliga bei Viktoria Berlin zu spielen. Wenn ich heute an die Zeit zurück denke, war dieser Wechsel der wahrscheinlich größte Fehler meines Lebens. Dennoch bin ich froh die Erfahrung mitgenommen zu haben.

Warum war es der größte Fehler? Hat es in der neuen Mannschaft nicht gestimmt oder hättest du lieber ein anderes Angebot nehmen sollen?

Nein, die Mannschaft war super und das Trainerteam um Hasan Keskin auch. Wir haben damals sogar eine ordentliche Hinrunde gespielt, wenn man betrachtet was wir für Umstände hatten. Wir hatten für jeden Spieler zu wenig Trainingsklamotten, kaputte Trainingsbälle, die Kabinen kann man kaum Kabinen nennen und meistens auch nur auf Kunstrasen trainiert. Vom Verein kam einfach so gut wie gar nichts. Umso enttäuschter waren wir als Hasan Keskin und sein Team im Winter gegangen sind. Dann kam die Zeit mit Andreas Thurau, ebenfalls ein super Mensch und super Trainer gewesen, man sieht heute noch wie erfolgreich er bei Stern 1900 ist. Doch ein paar Wochen später kam dann Frank Friedrich dazu. Naja, was soll ich sagen. Als er da war, hatten wir Spieler kaum noch Spaß und Lust am Fußball. Wir sind dann auch abgestiegen, aber mehr möchte ich zu ihm auch nicht sagen.

Bei TeBe hätte ich die Möglichkeit gehabt, unter Markus Zschiesche zu spielen. Diese habe ich leider nicht genutzt habe. Beim ersten Training mit ihm, habe ich sofort bemerkt, dass er ein guter Trainer und vor allem auch menschlich super ist, wie die ganzen anderen Trainer die ich zuvor bei TeBe hatte. Ich denke, dass ich unter ihm noch ein Tick besser geworden wäre. Aber er hatte Verständnis dafür, dass ich mir meinen kleinen „Traum“ von der Junioren Bundesliga erfüllen wollte.

Warum ist es beim Traum „Profifußballer“ geblieben? War alleine der Abstieg daran schuld?

Nein, nicht nur der Abstieg, es hat am Ende einfach auch an Qualität gefehlt. Aber ich kann mit Stolz sagen, dass ich alles probiert habe und mir jetzt nichts mehr vorwerfen kann. Ich kenne kaum jemanden, der in der Jugend so oft trainiert hat wie ich es getan habe und darauf bin ich stolz. Natürlich ist es am Ende schade, dass es nicht gereicht hat, dennoch weiß ich, dass ich ein guter Fußballer bin. Doch der Fokus liegt jetzt halt nicht mehr nur beim Fußball, sondern vorrangig ist der Fokus auf meinem Beruf.

Hat am Ende Talent oder der richtige Trainer zum richtigen Zeitpunkt gefehlt?

Talent! Natürlich frage ich mich immer wieder wie es gewesen wäre, wenn ich in der U19 bis zum Ende der Saison unter Hassan Keskin oder auch mit Markus Zschiesche trainiert hätte, aber das jetzt auf einen Trainer zu schieben wäre zu einfach. Am Ende hat es halt nicht gereicht, so ist das eben. Dennoch bin ich stolz darauf was ich in der Jugend erreicht habe und mit wem ich alles in der Berliner Auswahl, der Sportschule und im Verein zusammen spielen durfte. Der Fußball ist eben der beste Sport der Welt und jeder träumt davon ein Profi zu werden die Konkurrenz ist also enorm hoch.

Hat es einer deiner ehemaligen Mitspieler geschafft? Besteht noch Kontakt?

Avdo Spahic spielt bei Cottbus, Nathaniel Amamoo war letzte Saison beim Karlsruher SC, Leon Jensen spielt bei Düdelingen in Luxemburg und konnte bereits Europa League-Erfahrung sammeln, Jack Krause ist zum Anfang dieser Saison nach Thailand gewechselt in die 1.Liga. Mit denen habe ich beispielsweise zusammengespielt und dann gibt es noch mehrere mit denen ich in der Schule zusammen trainiert habe, unter anderem Maximilian Mittelstädt und Nils Körber.

Ich könnte so viele junge Spieler aufzählen, die großes Potenzial hatten bzw. haben, aber es nicht geschafft haben. Da sieht man wie schwer es ist, ins Profigeschäft reinzurutschen.

Zu den meisten besteht noch Kontakt, vor allem zu denen mit denen ich zusammengespielt habe. Es macht mich auch stolz, wenn ich die Jungs im Fernsehen spielen sehe. Ich bekomme manchmal noch selber Gänsehaut, obwohl ich selber nicht auf dem Platz stehe.

Ist man nur stolz oder ist man auch neidisch, weil man selber dorthin wollte?

Nein also ich bin wirklich überhaupt nicht neidisch.

Zurück zu dir und deiner sportlichen Situation. Soll es am Ende die Oberliga bleiben, ist es die Liga wo man noch Beruf und Hobby vereinen kann oder möchtest du allein mit dem Fußball Geld verdienen?

Höher als die Oberliga wird es bei mir leider nicht mehr, da ich nebenbei studiere und beides gerade noch so unter einen Hut bekomme. Aber komplett aufhören möchte und kann ich nicht.

Du wurdest bei einem Berliner Verein ausgebildet, wohnst in Berlin. Wieso hat es dich nun fußballerisch nach Brandenburg ins Umland gezogen?

Nach meinem letzten A-Jugend Jahr habe ich die Lust am Fußball verloren, ich hatte eigentlich schon aufgehört. Dann war ich am 1.Spieltag der Oberliga Saison 16/17 bei meinem besten Freund zugucken, er hat damals bei Hertha 06 gespielt. Wie es der Zufall wollte, habe ich Markus Zschiesche getroffen und mit ihm über meine Situation gesprochen. Er hat mir aufmunternde Worte gesagt und meinte, dass er sich am selben Abend bei mir melden würde und einen Verein für mich finden wird. Ein Mann, ein Wort. Er hat sich bei mir gemeldet und die Nummer vom damaligen Co- Trainer von Altlüdersdorf gegeben. Timur Binerbay und der damalige Trainer Mike Frank haben mir die Möglichkeit mit zu trainieren. Ich konnte mich empfehlen, sie wollten mich sofort haben. Viktoria wollte eine Ablöse für mich haben, deshalb musste ich eine Sperre von 6 Monaten absitzen, da mein Wechsel nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnte. Ich hatte aber von Anfang an das Gefühl, dass mir die Trainer vertrauen und dass ich dort meine Spielzeit bekommen werde. Und so war es am Ende auch ich habe in jedem Spiel in dem ich fit war von Anfang an gespielt. Dafür bin ich den beiden sehr dankbar!

Und vor allem Markus Zschiesche bin ich extrem dankbar, dass er mich damals überredet hat weiter zu machen.

Der Wechsel nach Strausberg in diesem Sommer dann auch der Nähe zu deinem Wohnort, dem Trainerwechsel an der Gasse oder aus welchen Gründen?

Hauptsächlich die Nähe zu meiner Uni. Aber auch die positiven Gespräche mit Christoph Reimann. Auch hier habe ich sofort das Vertrauen vom Trainer gespürt. Dennoch bin ich Altlüdersdorf dankbar für zwei schöne Jahre. Ich hoffe, dass sie dieses Jahr schnell da unten rauskommen. Sie haben um Kevin Owczarek herum eine super Mannschaft. Ich drücke den Jungs auf jeden Fall die Daumen, dass sie es packen werden.

Ihr seid allgemein eine sehr junge Mannschaft, ist das von Vorteil, weil ihr auf einer Wellenlänge agiert oder fehlen in einigen Spielern die Leader, die in bestimmten Situationen auch mal vorangehen und ihre Erfahrung einbringen?

Ich denke wir machen das bislang sehr gut als junge Mannschaft. Die Trainer haben uns gut zusammengeschweißt. Mit Alex Sobeck haben wir auch einen Kapitän, auf den jeder hört und versucht seine Anweisungen umzusetzen. Ich bin bisher stolz auf unsere Mannschaft und ich weiß, dass hier noch viel mehr Potenzial steckt als wir bislang abgeliefert haben. Wir müssen einfach viel mitnehmen aus dieser Saison. Aber ich denke mit Alex Sobeck haben wir da einen super Kapitän der auch vorangeht und Verantwortung übernimmt.

TeBe und Greifswald sind eher Zusatzspiele, danach kommen die wichtigen Aufgaben. Gibt es noch Ziele, die du dir gesteckt hast?

Ja das stimmt TeBe und Greifswald sind zwei Riesen Böcke die wir versuchen werden umzustoßen. Aber solche Spiele machen auch extrem Spaß, weil man nichts zu verlieren hat und befreit aufspielen kann.

Ich persönlich nehme mir vor mich nicht zu verletzen und natürlich aus jedem Spiel was mitzunehmen. Zum Abschluss kann ich sagen, dass ich froh bin ein Teil dieser Mannschaft sein zu dürfen.

Aufrufe: 012.3.2019, 12:56 Uhr
Marcel PetersAutor