2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview der Woche

Vom Ende der Sommerpause und dem Gott des Geldes

„Kabinengespräche – die dritte Halbzeit“: Michael Meier und Philipp Knappmeyer machen sich vor der neuen Saison Gedanken über die Entwicklung im Fußball

Spätestens seit dem April hatte sie wohl jeder herbeigesehnt – die Sommerpause. Doch bis Ende Mai, bzw. wie es drei Teams aus der Kreisliga A traf, erst Anfang Juni konnte man (Fußballer) eben in diesen wohlverdienten Sommerbreak gehen. Da alle Kabinen verschlossen waren, konnten sich auch die „Kabinengespräche – die dritte Halbzeit“ eine Sommerpause gönnen. Okay, diese Sommerpause war eher eine Halbjahrespause, doch es gibt Dinge, die müssen im Leben eines Mannes einfach im Vordergrund stehen. Wie z. B. Familiennachwuchs, Hausumbau und natürlich Abstiegskampf. Jetzt rollt der Ball wieder – zumindest auf den Trainingsplätzen. Und man hört förmlich zwischen Bundesliga und Kreisunterhaus das Scharren mit den Hufen. Die blöde Sommerpause und damit auch verbundenen Vorbereitungskilometern nähern sich dem Ende. Es geht endlich wieder los. Wer braucht schon eine Sommerpause!

Die hartgesottenen Fußballfans fürchten sich regelrecht vor der fußballfreien Zeit, ob nun auf dem Platz oder vor dem TV-Gerät. Doch die Gefahr eines „Fußball-Lochs“ und damit einhergehender mangelnder Unterhaltung wurde aufgrund der absurden Entwicklungen zwischen den Spielzeiten nicht bestätigt. Spielerwechsel in rauen Mengen, egal ob im Profi- oder Amateurbereich, Zersplitterung der Spiele im Fernsehen, interessante Besetzungen von Vorstandsposten, der FC St. Pauli mittendrin im G20-Gipfel und natürlich eine nicht mehr überschaubare Zahl von Turnieren. Sei es nun der Confed-Cup, U19-Europameisterschaft oder der Telekom-Teletubby-Cup in München. Wer also wollte, konnte auch diese „Sommerpause“ gut überbrücken.

Auch Philipp Knappmeyer und Michael Meier machen sich in ihrer Rubrik ihre Gedanken über die Entwicklung im Fußball und blicken auf ihre Art und Weise auf die neue Saison. Diesmal in leicht abgeänderter Form. „Stillstand bedeutet Rückstand. Auch wir müssen uns weiterentwickeln“, erklärt Philipp Knappmeyer zu den Veränderungen. Dialog statt schwarz-weiß Denken.

Philipp: So, Michael, Hand aufs Herz, wie viel Geld gibst Du im Monat für Fußball im TV aus?

Als noch SKY-Kunde derzeit 41,00 €. Aber der Vertrag ist gekündigt und ich überlege erstmals ernsthaft, einen neuen Vertrag abzuschließen. Im Endeffekt lohnt es sich für mich nur für die Champions League, da ich mir in der Bundesliga eh nur 17 Vereine anschauen kann. Da muss man sich wirklich hinterfragen, ob es sich lohnt. Und mit Blick auf die Ausuferungen im Profibereich, zudem ja auch die Fernsehgelder einen nicht unerheblichen Beitrag leisten, sollte man kein Abo mehr abschließen. Aber auch das ist wohl eher das Denken eines Fußballromantikers.

Michael: Und wie sieht es zu diesem Thema im Hause Knappmeyer aus oder läuft dort eh nur die Eisprinzessin?

DAZN, sonst nichts!

Philipp: Was ist mit dem FC Bayern los – ein Ersatzspieler von Real Madrid wird als Topverpflichtung gehypt und eine Notlösung zum lieb lächelnden Sportdirektor?

Erst einmal fand die Verpflichtung von James Rodriguez toll. Der Spieler hat einiges auf dem Kasten und wird die Bundesliga sicherlich bereichern. Leider wird er jetzt erstmals verletzungsbedingt längere Zeit ausfallen. Natürlich sehe auch ich die Ergebnisse mit einer gewissen Schadenfreude (gerade das 0:3 gegen den Liverpool FC), doch ich sehe die Gefahr, dass die Bayern dadurch noch mehr rohes Fleisch zu essen bekommen und in der Bundesliga der Konkurrenz die Quittung über ein schwächelndes Bayern München geben. Allerdings sind die Ausreden schon teilweise sehr kurios. Es kommen ja noch Leute wie Boateng oder Robben zurück. Einen Manuel Neuer kann ich verstehen, aber die Truppe, die gegen Liverpool auf dem Platz stand, wünscht sich wohl jeder andere Bundesligist. Auch wenn ich nicht glaube, dass es so kommt, aber es würde mich schon freuen, wenn Vereine wie Bayern und der BVB, die in der Vorbereitung nach Asien reisen, um die Marke besser bekannt zu machen, dafür auch mal bestraft werden. Zum Sportdirektor: solange der FC Bayern mit Hoeneß und Rummenigge zwei Alpha-Menschen an der Spitze hat, ist jede Besetzung auf dem Sportdirektorenposten ein Bauernopfer.

Michael: Ganz so berauschend läuft die Vorbereitung bei Borussia Dortmund ja nun auch nicht. War die Trainerwahl vielleicht doch nicht die Richtige?

Ich halte Ergebnisse in der Vorbereitung tatsächlich für zweitrangig und habe von Natur aus mit neuen Trainern eine Menge Geduld.
Darüber hinaus kann ich komplett nachvollziehen, dass Bosz die Mannschaft mit seiner Philosophie und dem damit offensichtlich verbundenen hohen Anspruch an das Spiel mit und gegen den Ball konfrontiert. Ich habe ein gutes Gefühl. Der BVB wird sich entwickeln, aber es wird holpern. Entweder zum Start oder zum dem Zeitpunkt an dem die Gegner auf den veränderten BVB reagieren können.
Und Michael, lass dich nicht ständig von den Schlagzeilen der BILD blenden („BVB Stars kapieren Bosz nicht“).

Philipp: Deutschland hat den Confed-Cup gewonnen. Aber ist die Euphorie nicht vielleicht etwas zu groß? Sportlich überlegen waren wir ja nicht.

Ganz schwer zu sagen. Ich finde, die Jungs haben das richtig toll gemacht. Gerade, wenn man bedenkt, dass Teams wie Portugal oder Chile quasi mit ihrer besten Mannschaft vertreten waren. Es waren zumindest einige Spieler im Kader unserer Mannschaft, die mit Hinblick auf die WM nächstes Jahr, hoffentlich richtig Druck auf die etablierten Kicker ausüben können. Aber natürlich sollte man die Leistung auch nicht überbewerten. Aber die Ansätze waren gut.

Michael: Deiner Frage zu urteilen, hast Du große Veränderungen im Spiel der deutschen Mannschaft nicht festgestellt? Gerade in Bezug auf schnelleres Umschaltspiel und das Erarbeiten von mehr Torchancen. Gab es dennoch auch für Dich positive Dinge?

Doch, doch. Ich habe riesige Veränderungen wahrgenommen. Löw konnte akzeptieren, dass eine deutsche Nationalmannschaft Ballbesitzfußball (logischerweise) nicht so perfekt umsetzen konnte, wie er das von den etablierten Spielen gewohnt ist, obwohl er das grundsätzlich eingefordert hat.
Mit Neuer, Boateng, Hummels, Kroos, Özil und Co. spielen wir uns ja für gewöhnlich ohne Stress ins letzte Drittel.
Beim Confed - Cup haben wir Verantwortung für das Spiel mit Ball häufig abgegeben, weil Gegner wie Chile zweimal spielerisch einfach besser waren.
Das Turnier beantwortet aus Löws Sicht damit einfach nur die Frage, welche Spieler das Potential haben, seine Vorstellung vom Spiel umzusetzen.
Das Problem des Herausspielens der zwingenden Torchancen im letzten Drittel bleibt für mich weiter bestehen. Das muss er jetzt lösen. Ich denke, dass Goretzkas kluge Läufe in die Tiefe dazu beitragen können.

Philipp: Ein Wort zu Neymar!

Ich kann diesen Namen und das Gewurschtel um den Wechsel zu Paris nicht mehr hören. 220 Millionen für einen Fußballspieler auszugeben, der, wenn wir mal ganz ehrlich sind, so richtig viel auch noch nicht gerissen hat. Geht´s noch. Was könnte man mit dem ganzen Geld für sinnvollere Sachen machen. Der Fußball macht sich dadurch lächerlich und noch mehr unglaubwürdig. Aber wir sind ja wie die Lemminge. Wir rennen weiter hinterher bis der Absturz folgt.

Michael: Schon bei den Ablösesummen von Ronaldo oder Pogba konnte man nur noch mit dem Kopf schütteln. Wo führt Deiner Meinung nach diese Spirale noch hin und wo/wann endet sie?

2015 hat McKinsey in einer Studie zum Wachstum der Bundesliga getitelt, was wir alle wissen:
„Wachstumstempo nur durch stärkere Internationalisierung zu halten.“
Dort führt es hin. Spiele werden zu international marktrelevanten Anstoßzeiten übertragen. Evtl. werden Pflichtspiele am anderen Ende der Welt ausgetragen.
Es werden noch mehr TV Sender Teilrechte erwerben usw.
Eigentlich sollte man sich ärgern, aber die Summen sind so surreal, dass ich sie gar nicht fassen kann.

Wobei wir ja ehrlich sagen müssen, dass der Werte vs. Geld – Zwist auch in niedrigeren Spielklassen den Fußball mitbestimmt.

Letztlich stimme ich aber Christian Streich in seiner unnachahmlichen Weisen zu: „Der Gott des Geldes wird alles verschlingen.“

Philipp: Was ist mit Deinen Clubs – den Fohlen, Liverpool und United IV?

Michael: Hehe. Zumindest mit Union Varl dürfte die letzte Saison ja kaum zu toppen sein. Die Jungs haben wirklich eine unglaublich tolle Saison gespielt und dabei auch außerhalb des Platzes so manche Meisterleistung abgeliefert. Mit meinen wenigen Einsatzminuten konnte ich das Gesamtergebnis zum Glück nicht gefährden. Gladbach steht vor einer ganz schweren Saison. Da ist alles möglich, von Überraschungsmannschafts im Kampf um die CL. Aber wenn es ganz blöde läuft, könnte diesmal auch richtiger Abstiegskampf anstehen. Liverpool: keine Frage, die werden Meister!

Michael: Dann halte ich Dir den Spiegel vor. Lübbecke schafft den Klassenerhalt in der Kreisliga A und RW Essen steigt in die dritte Liga auf? Da kann man auch einen fünften Platz vom BVB verschmerzen, oder?

Und die Toffees landen vor Liverpool und Martin Schulz wird Bundeskanzler.

Ne, unter uns: RWE hat eine top Vorbereitung gespielt, aber Favoriten sind für mich Viktoria Köln und KFC Uerdingen. Der BVB wird sich wieder direkt für die Champions League qualifizieren und der FC wird alles geben!

Philipp: Jetzt mal unter uns – warum hat Preußen Espelkamp den Trainer gewechselt- die steigen diese Saison aus der starken Bezirksliga doch wieder nicht auf?

Michael: Ehrlich gesagt, bin ich eigentlich so weit vom Bundesleistungszentrum Preußen Espelkamp entfernt wie die A40 von einem staufreien Tag im Jahr. Preußen hat eine starke Mannschaft, beste Möglichkeiten. Nur leider ich habe ich den Eindruck, es wird nicht alles erfolgsbringend zusammengeführt. Für den Altkreis wäre es auf jeden Fall schön, wenn endlich mal wieder eine Mannschaft den Sprung in die Landesliga schafft. Viel mehr gespannt bin ich auf den TuS Dielingen. Das könnte die Überraschungsmannschaft der Bezirksliga werden.

Michael: Warum glaubst Du, hat der Trainerwechsel bei Preußen keinen Sinn gemacht?

Auf die Tabelle geschaut hat Stefan Bernholt für mich das Maximale rausgeholt.
Holsen war zu stark und alle anderen konnten sie schlagen.
Interna weiß ich nicht. Deshalb frage ich dich ja!

Den Blick nach vorne gerichtet könnte ich mir aber gut vorstellen, dass 18/19 vier Lübbecker Teams im Bezirk spielen. Wann hätte es das zum letzten Mal gegeben?

Philipp: Aber zu deinem Steckenpferd – die Kreisliga A. Da steht eine spannende Saison vor der Tür…?

Könnte man so annehmen. Zumindest gibt es keinen echten ausgemachten Titelfavoriten. Vehlage, Ströhen, Holzhausen. Die altbekannten Namen. Für Vehlage würde es mich schon irgendwie freuen, wenn sie das Ding ziehen. Im Herbst der Karriere noch einmal einen solchen Erfolg. Es kommen zwei sehr starke Aufsteiger mit Tonnenheide und Alswede in die Liga, die vermutlich auch letzte Saison im oberen Tabellendrittel vorzufinden gewesen wären. Bei den Geheimfavoriten habe ich den VfB Fabbenstedt und TuS Stemwede auf dem Zettel stehen. Aber um hier eine Prognose zu treffen, hilft schon keine Glaskugel mehr. Zudem wird es natürlich interessant, wie sich eine Mannschaft (FC Lübbecke) ohne Trainer in der Kreisliga A schlägt. Bei den ganzen Abgängen dürfte der Abstieg nur schwer zu verhindern sein. Aber vielleicht gibt es jetzt an der Obernfelder Allee endlich wieder eine Mannschaft!

Michael: Wie ist deine Einschätzung? Den FC Lübbecke kannst Du als Beteiligter natürlich ausschließen. Du brauchst Dich ja in der Zeugenbefragung nicht selbst belasten

Das Schönste ist ja ganz offensichtlich, dass die Liga extrem eng zu werden scheint.
Es hat sich ja keine Mannschaft herausragend dominant verstärkt, sondern eher sinnvoll punktuell.
Im Fokus stehen eher die Abgänge und da ist der Aderlass beim FC schon deutlich – ohne Frage. Das wird ein extrem schwieriges Unterfangen.
Holzhausen, Fabbenstedt und Stemwede sehe ich nicht so weit vorne wie Du.
Da bringe ich gedanklich doch eher noch United und TuRa ins Spiel.

Mein Eindruck aus vielen Vorjahren ist aber, dass die Spieler 12-16 häufig total entscheidend sind. Verletzungen, Sperren, Studienzeiten und Wochenspiele verlangen einen konstanten Kader – und den attestiere ich schon BW Vehlage.

Aufrufe: 08.8.2017, 10:50 Uhr
Michael Meier und Philipp KnappmeyerAutor