2024-04-25T14:35:39.956Z

Analyse
Bevor die Dorfkicker des FC Horgau in das Abenteuer Bezirksliga starten musste Spielertrainer Franz Stroh (Nummer 5) auch viele taktische Ratschläge erteilen. Auch den Neuzugängen Pascal Beckert (links), Markus Metzler (hinter dem Trainer stehend) und Severin Blochum (ganz rechts).  Foto: Oliver Reiser
Bevor die Dorfkicker des FC Horgau in das Abenteuer Bezirksliga starten musste Spielertrainer Franz Stroh (Nummer 5) auch viele taktische Ratschläge erteilen. Auch den Neuzugängen Pascal Beckert (links), Markus Metzler (hinter dem Trainer stehend) und Severin Blochum (ganz rechts). Foto: Oliver Reiser

Dorfkicker im Abenteuerland

Der FC Horgau steht zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte in der Bezirksliga – und will nicht sofort wieder den Weg nach unten antreten

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Der FC Horgau steht heute beim Kick-Off-Check des Augsburger Landboten auf dem Prüfstand. Die Kleeblätter sind zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte in Schwabens höchster Liga vertreten ist. Wie werden die Kicker aus dem „Gallischen Dorf“ dieses Abenteuer bewältigen?

Coach & Co.

Seit mittlerweile neun Jahren gibt Franz Stroh die Kommandos bei seinem Heimatverein, den der 34-Jährige nur einmal verlassen hat, um für fünf Spielzeiten beim damaligen Bayernligisten TSG Thannhausen zu kicken. Unter Strohs Regie ist man zweimal über die Relegation von der Kreisklasse bis in die Bezirksliga aufgestiegen. Dort betritt man nun völliges Neuland. Stroh hat keinen Co-Trainer, es gibt einen Spielerrat. Auf der Bank wird er entweder von Dieter Käsmayr, dem Trainer der zweiten Mannschaft, oder Thorsten Zimmermann, dem Trainer der Horgauer Damen, unterstützt. Daniel van den Kerkhoff macht das Torwarttraining. Ansonsten gibt es weder einen Physiotherapeuten noch einen Sportlichen Leiter. „In Horgau bleibt man gut bürgerlich“, lacht Stroh. Die Hütchen für das Training fährt er selbst im Auto spazieren, die Trikots nimmt Kapitän Fabian Tögel mit nach Hause, wo sie von der Mutter gewaschen werden.

Hin & weg

Drei Neuzugänge – so viele gab es beim FC Horgau noch nie. Markus Metzler kam vom bisherigen Ligakonkurrenten SV Hammerschmiede. Der Abwehrrecke, der es sogar in die FuPa-Elf des Jahres geschafft hat, ist ein Freund von Michael Vogele und wäre auch gekommen, wenn der FCH nicht aufgestiegen wäre. Vom Lokalrivalen SpVgg Auerbach-Streitheim wechselten die Zwillinge Severin und Simon Blochum die Farben. Der einzige Abgang ist Julian Löwy, der ein Auslandsstudium antritt.

Glücks- & Sorgenkinder

Im Testspiel gegen den TSV Dinkelscherben hat sich Omar Samowel bei einem taktischen Foul einen Kreuzbandriss zugezogen. „Das ist für ihn und für uns ein Schock“, sagt Franz Stroh über den Asylbewerber, der im Waldcafe in Horgau untergebracht und beim FCHo bestens integriert ist. „Das ist ganz bitter für den Jungen. Der Fußball ist alles, was er hat.“ Mit Maxi Vogele (weiche Leiste) und Markus Hefele (Knieprobleme) fallen zwei weitere Führungsspieler der abgelaufenen Saison aus. „Das ist hart und schade“, berichtet Stroh von einem „kleinen Stimmungstief“, das die Mannschaft vor allem durch Samowels Verletzung ereilt hat. So werden die Gebrüder Egle, die zu den Trainingseinheiten aus München anreisen, öfters einspringen müssen, bis sich sie im September wieder nach Bali verabschieden. „Sie sind beide begeisterte Surfer und setzen ihre Prioritäten anders“, erläutert Stroh. Viel Freude bereiten ihm zwei Jungspunde: Pascal Beckert hat bisher einen tollen Eindruck hinterlassen, Peter Berger in seinem zweiten Aktivenjahr den Anschluss gefunden. Mit Michael Feistle und Marco Fischer stehen zwei Torhüter zur Verfügung, um die der FCH vom Rest der Liga beneidet wird. „Das wird eine harte Entscheidung“, räumt der Coach ein.

Plus & Minus

Das größte Plus ist die verschworene Gemeinschaft. „Es gibt doch nichts Schöneres, als wenn du mit deinen Kumpels aus dem Ort gemeinsam Fußball spielen kann“, sagt Stroh, der seine Mannschaft als die „Fußballer aus dem gallischen Dorf“ bezeichnet. Bis auf Torhüter Marco Fischer und jetzt Metzler kommen alle Akteure des Kaders aus der Gemeinde. Gemeinsame Unternehmungen stehen seit der E-Jugend auf der Tagesordnung. Allein aus diesem Grund haben Schlüsselspieler wie Fabian Tögel, Michael Vogele oder Tobias Kirschner bisher den Abwerbungsversuchen anderer Klubs standgehalten. „Geld gibt es bei uns nicht“, stellt Vorsitzender Jürgen Tögel klipp und klar fest. Der FC Horgau betritt völliges Neuland. Bis auf Spielertrainer Franz Stroh hat kein weiterer Akteur bislang höherklassig gekickt. „Alle haben die Liga im Kreuz, weil viele der jungen Spieler ihr Potenzial noch gar nicht ausgereizt haben“, ist sich Stroh sicher: „Das Glas ist erst halb voll!“

Test & Taktik

Die Vorbereitungsspiele waren eher durchwachsen. Es gab zwei Siege gegen Leitershofen (2:0) und Baiershofen (3:0) und zwei Niederlagen gegen Westheim (1:3) und Thannhausen (1:2). „Das war nicht berauschend. Da ist noch Luft nach oben“, sagt Franz Stroh, der alle Spieler zum Einsatz gebracht und auch gute Ansätze gesehen hat. „Insgesamt war die Fehlerquote noch zu hoch.“ Daran will man heute Abend im Pokalspiel beim Hainhofener SV noch arbeiten. Eigentlich wollte man auch noch eine etwas defensivere Taktik einstudieren, doch dann beließ man es beim 4-2-3-1, das auch in ein 4-3-3 umgestellt werden kann.

Wunsch & Wirklichkeit

Die Bezirksliga ist für die Horgauer Dorfkicker ein absolutes Abenteuer. Noch vor fünf Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass der FCHo im Alleingang – also ohne Fusion mit dem Lokalrivalen SpVgg Auerbach-Streitheim – in die Bezirksliga aufsteigt. „Eine Prognose ist schwer“, sagt Franz Stroh, „ich weiß nicht, ob wir von der rauen Wirklichkeit eingeholt werden“. Diese Saison werde für jeden Einzelnen und für den gesamten Verein eine große Herausforderung. „Wir werden vielleicht auch mal Prügel beziehen, aber wir werden bis zum letzten Spieltag um den Verbleib in der Liga kämpfen“, kündigt Stroh an. Auch Vorsitzender Jürgen Tögel weiß, was auf die Truppe zukommt: „Überraschungen gegen Spitzenteams nutzen dir gar nichts. Wir müssen die entscheidenden Spiele gegen die direkten Mitkonkurrenten gewinnen!“

Prognose

Drei Spieltage vor Saisonende hat man in Horgau noch gar nicht an die Bezirksliga gedacht. Mit einer kämpferischen Kollektivleistung und etwas Glück war man drei Wochen später aufgestiegen. Klar, dass der völlige Neuling als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt wird. Genau so oft, werden die Kleeblätter aber auch genannt, wenn nach der Überraschungsmannschaft gefragt wird. Der Klassenerhalt wäre die Bestätigung.

Aufrufe: 027.7.2017, 07:17 Uhr
Augsburger Landbote / Oliver ReiserAutor