2024-05-10T08:19:16.237Z

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Videobeweis bald auch im Amateurfußball: Die FIFA hat offenbar einen Plan
Videobeweis bald auch im Amateurfußball: Die FIFA hat offenbar einen Plan – Foto: MIS (l.), Sven Leifer (r.)

Videobeweis im Amateurfußball: Ist das realistisch?

Die FIFA plant den VAR „light“

Kommt der Videobeweis auch im Amateurbereich? Geht es nach der FIFA, soll das in den nächsten Jahren Realität werden.
  • Die FIFA plant eine Form des Videobeweises in allen Amateurklassen.
  • Verband und Vereinsverantwortliche sind größtenteils skeptisch, aber nicht gänzlich abgeneigt.
  • Allen voran der Kostenfaktor und die Umsetzbarkeit werfen Fragen auf.

München - Viele trauten ihren Augen nicht, als sie am vergangenen Dienstag die Meldung lasen. Die FIFA plane einen Videobeweis bis in die untersten Amateurklassen, so berichtete der Kicker. Spontane Reaktionen waren mitunter Spott und Fassungslosigkeit. Doch nachdem man die erste Verwunderung abgeschüttelt hat, lohnt es sich doch, ein wenig genauer darüber nachzudenken. Ist das Vorhaben umsetzbar und vor allem auch sinnvoll?

BFV: Diplomatisch, aber skeptisch

Der BFV gibt sich zu diesem Thema auf Anfrage der Redaktion eher diplomatisch: „Grundsätzlich ist alles positiv zu bewerten, was das Fußballspiel nochmals gerechter macht“, heißt es vom Verband. Doch auch eine gewisse Skepsis ist bereits herauszulesen. „Auch für uns sind viele Frage offen. Beispielsweise die einer flächendeckenden Finanzierung. Auch macht eine Kamera noch längst keinen Videobeweis, das erfordert zusätzliche Manpower.“ Auch baurechtliche Fragen müssten im Einzelfall geprüft werden, heißt es weiter. „Um das alles überhaupt im Ansatz bewerten zu können, braucht es schlicht mehr Fakten“, resümiert der BFV. Die Liste der offenen Fragen ist also eine lange. Viele Bedenken, aber keine grundsätzliche Ablehnung, so viel bleibt festzuhalten.

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Ähnlich gibt sich auch Christoph Saller, Coach des Landesligisten 1.FC Garmisch-Partenkirchen. Auch wenn der Videobeweis tatsächlich bis in die untersten Ligen - sprich die C-Klassen - angedacht ist, wären wohl die höheren Amateurklassen die ersten, die betroffen wären. Zwar steht es um die Finanzlage dieser Vereine in der Regel nicht schlecht, doch bei einer solch kräftigen Investition, die man dafür tätigen müsste, steht für Saller auch der Kostenfaktor im Mittelpunkt. Zugleich betont aber: „Ich stehe solchen Ideen immer erstmal aufgeschlossen gegenüber.“

VAR „light“: Vorbild Sporttotal?

Um ein Gefühl für ein solches Vorhabens zu bekommen, bietet sich ein Vergleich mit dem Streaming-Anbieter Sporttotal.tv an. Die Online-Plattform überträgt seit 2016 eine Vielzahl an höherklassigen Amateurspielen live - und das mithilfe fest installierter Kameras. Da diese Kameras automatisch dem Spielgeschehen folgen und somit kein zusätzliches Personal notwendig ist, wäre wohl ein ähnliches Modell für den VAR „light“ vorstellbar. Doch wie sieht es mit den Kosten aus?

Von der Tatsache, dass die Vereine lediglich einen monatlichen Betrag von 9,90 Euro berappeln müssen, darf man sich nicht täuschen lassen. Denn: Das Kölner Start-Up-Unternehmen übernimmt, die Anschaffungskosten in Höhe von 20 Tausend Euro für jede Kamera selbst, Haupteinnahmequelle ist somit Werbung. Dass man für einen möglichen Videobeweis nicht unbedingt auf einen spendablen Gönner hoffen kann, ist selbstredend.

Zudem muss bezweifelt werden, ob eine einzige Kamera in der Mitte des Spielfelds ausreichen würde, um beispielsweise strittige Situationen im Strafraum beurteilen zu können. Und nach welchen Kriterien soll eine Überprüfung erfolgen? Soll der Schiedsrichter eigenständig entscheiden, wann er sich bei einer Situation nochmals vergewissern will? Oder braucht es einen zusätzlichen Videoschiedsrichter? In Zeiten von chronischem Schiedsrichtermangel sicher keine populäre Idee.

TSV Feldafing: „Nicht das, was die Basis will“

Deutliche Worte findet deshalb auch Moritz Bletzinger, Abteilungsleiter von B-Klassist TSV Feldafing, einer der besagten kleineren Vereine. Neben den bereits genannten Ungewissheiten, äußert er weitere Bedenken. „Ich persönliche stehe dem Ganzen zwar eher neutral gegenüber, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass die Mehrheit der Vereine darauf überhaupt Lust hätte“, sagt Bletzinger. Weiter führt er aus: „Der Charme des Amateurbereichs ist doch, dass wir den Fußball noch so spielen, wie er ist. Mit so einem Quatsch wie dem Videobeweis würde man sich vermutlich weit von dem entfernen, was die Basis will.“

Die zentrale Frage, die es sich zu stellen gilt, ist sicherlich erst einmal eine ganz grundsätzliche. Würde der Videobeweis das Spiel fairer machen. Angesichts der - zumindest von vielen Fans wahrgenommenen - Willkür, mit der der Videobeweis schon im Profibereich agiert, kommen ernsthafte Zweifel auf. Kann ein System, das selbst unter professionellen Bedingungen große Mängel aufweist, in abgespeckter - manche würden sagen dilettantischer - Form reibungslos funktionieren? Auch, wenn die Pläne der FIFA im Moment noch wenig konkrete Substanz besitzen und somit das gesamte Spektrum an Umsetzungsmöglichkeiten vorhanden ist, drängt sich keine auf, die vorstellbar wäre.

(Pascal Edenhart)

Aufrufe: 023.11.2020, 15:33 Uhr
Fussball Vorort / Pascal EdenhartAutor