2024-05-02T16:12:49.858Z

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Per Video-Schalte wirbt der Bayerische Fußball-Verband für seine Pläne. BFV
Per Video-Schalte wirbt der Bayerische Fußball-Verband für seine Pläne. BFV

Wiederbeginn im September "darf keine Harakiri-Aktion werden“

Fußball

Amateurfußballer in ganz Bayern haben einen neuen Tag, auf den sie hinfiebern können: Am 1. September soll nach Wunsch des Bayrischen Fußballverbands (BFV) auf den Fußballplätzen im Freistaat nach fast sechsmonatiger Pause der Ball wieder rollen.

VON UMBERTO SAVIGNANO,
SIMON HÜSGEN UND
ROBERT GASSER

Landkreis – Amateurfußballer in ganz Bayern haben einen neuen Tag, auf den sie hinfiebern können: Am 1. September soll nach Wunsch des Bayrischen Fußballverbands (BFV) auf den Fußballplätzen im Freistaat nach fast sechsmonatiger Pause der Ball wieder rollen. Ob der Stichtag indes haltbar ist, hängt auch von den bayrischen Vereinen ab. Nachdem der BFV sie in mehreren Videokonferenzen über seinen Plan informierte, hatten die Vereine bis gestern Abend die Möglichkeit, über den Vorschlag des Verbands abzustimmen, eine Entscheidung soll voraussichtlich in einer Vorstandssitzung am Mittwoch fallen. Die entscheidende Frage – auf der Suche nach Szenarien für die Fortsetzung des Spielbetriebs – wurde im Rahmen der Video-Konferenz von Verbandsspitze und Medienvertretern schnell zerstreut: niemand kann sagen, wann der Amateurfußball wieder loslegen darf. Gesundheitliche Prognosen zur Covid-19-Pandemie sind aktuell schlicht nicht möglich. Große Teile des öffentlichen Lebens bleiben nach den politischen Entscheidungen der letzten Tage weiterhin eingeschränkt. Einzig system-relevante Bereiche und erste Einzelhändler und Schulen dürfen unter Einhaltung strenger Hygiene-Regeln ihren Betrieb schrittweise wieder aufnehmen. Einleuchtend, dass der Sport und insbesondere Mannschaftssportarten wie Fußball sich in der aktuell angespannten Lage weit hinten einreihen müssen. Erst recht, weil jegliche Hygienekonzepte bei Zweikämpfen und Laufduellen auf dem Rasen ohnehin nicht umsetzbar wären.

Amateurfußballer helfen bei Corona:

Da „Geisterspiele“ für den Amateurfußball frühzeitig ausgeschlossen wurden, heißt es nun weiter abwarten. Klar ist: vor dem 31. August wird der Spielbetrieb sämtlicher bayerischer Amateurligen nicht wieder aufgenommen. Welche Optionen sich danach auftun, ist sehr stark von politischen Entscheidungen einhergehend mit der aktuellen Risikolage abhängig - und damit vom genauen Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Grundsätzlich erstmal ausgeklammert ist der Jugendspielbetrieb.

Sollte der Spielbetrieb „nur“ bis zum 31. August ausgesetzt werden müssen, könnte die Saison 2019/20 beispielsweise in den Monaten September und Oktober beendet werden. Die Grundlage dafür wurde mit den Änderungen der DFB-Spielordnung gelegt. Eher unwahrscheinlich, dass danach noch eine Relegationsphase abgehalten werden könnte. Und eine Saison 2020/21, die dann ausschließlich im Frühjahr 2021 ausgetragen werden würde, könnte bei kleinerer Ligastärke in einem reduzierten Modus, womöglich inkl. eines Playoff-Modus gespielt und bis Ende Mai beendet werden. Aber von diesen Szenarien ist man beim BFV noch ein Stück entfernt. Denn: es ist aktuell nicht absehbar, wann’s wieder losgehen kann. Und welcher Modus dann am sinnvollsten ist. Rein rechtlich würde ein Saisonabbruch ohnehin zahlreiche Unwägbarkeiten mit sich bringen. Denn ein solches Szenario ist in der BFV-Spielordnung schlicht nicht geregelt. Wir haben uns an der Basis umgehört, wie der BFV-Vorschlag ankommt.

Das meint
die Basis


Franz Perneker, Manager des Bayernligisten FC Deisenhofen: „Ich würde die Saison beenden, den Tabellenersten aufsteigen und eventuell den Letzten absteigen lassen, vielleicht aber auch auf einen Absteiger verzichten, wobei dann in der Saison darauf 20er-Ligen drohen. Das wäre auch nicht gut. Natürlich rede ich mir aus Sicht des FC Deisenhofen leicht, weil wir, bis auf unsere U18, die Erster ist, von den Herren-Teams bis zur D-Jugend nicht direkt betroffen sind. Dass unsere erste Mannschaft auf Platz drei liegt und Chancen auf die Relegation hätte, ändert auch nichts an meiner Ansicht. So etwas, wie diese Corona-Pandemie hat es noch nie gegeben. Das ist einfach höhere Gewalt. Man sollte ab 1. September mit der neuen Saison beginnen, wenn das dann möglich ist. Selbst, wenn es im November wieder zu einer Erhöhung der Fallzahlen käme, könnte man unterbrechen. Ein schiefes Tabellenbild hat es früher wetterbedingt auch schon gegeben. In Sachen Spielerverträgen denkt der Verband (mit der Idee, diese an den wahren Saisonverlauf anzupassen - d. Red.) sehr an die Vereine. Aber man muss es auch aus Spielersicht sehen: Wenn einer weg will, muss er noch ein dreiviertel Jahr widerwillig mittrainieren oder er hört auf, was man ja auch nicht will. Wir betreiben Fußball schließlich als Hobby. Zum Verband, den ich ja sonst gern mal kritisiere, muss ich sagen: Die Kommunikation mit den Vereinen ist zurzeit gut bis sehr gut, man hat sich sehr viele Gedanken gemacht, alle möglichen Argumente von allen Seiten betrachtet. Der Verband hat auch gute Gründe für seine Empfehlung, nur: Mir ist eine Saison, die letztes Jahr im Juli begonnen hat und nächstes Jahr enden soll, einfach zu lang. Wichtig ist aber, dass es gilt, die Entscheidung, die der Verband fällt, in jedem Fall zu respektieren. Wer glaubt, er muss klagen, soll das tun, aber meine Meinung ist: In der momentanen Situation ist es wirklich egal, ob man jetzt in der Landesliga oder Bayernliga spielt.

Jochen Joppa, Stellvertretender Fußball-Abteilungsleiter des Landesligisten TSV Grünwald: Ich bin auf alle Fälle der Meinung, dass die Saison in der Landesliga zu Ende gespielt werden sollte. Bei einem Abbruch wäre ja wieder unklar: Wie regelt man Aufstieg und Abstieg? Für mich ist die große Frage: Wieso erst im September? Ab Ende Mai läuft vielleicht wieder der Bundesligafußball, daran kann man sich orientieren. Dazwischen wäre sonst ein Vierteljahr, in dem gar nichts passiert. Ich habe das Gefühl, der Verband verlässt sich darauf, dass die Regierung sagt: Ihr könnt nicht spielen. Aber unsere Spiele sind keine Großveranstaltungen, das gilt für die Regionalliga, vielleicht auch für die Bayernliga. Aber bei 80 Prozent der Spiele in der Landesliga sind die Zuschauerzahlen sehr niedrig. Was die Spielerverträge betrifft, müsste man die Regularien ändern, das betrifft aber in erster Linie die Vertragsamateure. Von unseren Spielern beispielsweise will derzeit sowieso kein einziger weggehen. Der Verband, der in der Vergangenheit nicht immer solidarisch mit den Kleinen war, bemüht sich sehr, man macht sich dort wirklich Gedanken.
Für Arlind Fejziaj, Trainer des TSV Sauerlach, kam die Corona-Unterbrechung zur Unzeit. „Wir hätten natürlich nach der Winterpause gerne sofort weitergemacht“, hadert Fejziaj. Kein Wunder, stehen seine Sauerlacher doch an erster Stelle der Zugspitzkreisklasse 2. Dennoch zeigt der Trainer Verständnis für die lange Pause: „Vor allem anderen geht es um die Gesundheit der Spieler und Zuschauer.“ Eine Fortsetzung ab September befürwortet Fejziaj, auch weil „wir Entscheidungen auf fairem Weg und nicht am grünen Tisch wollen“. Dennoch zeigt sich der Coach skeptisch, ob bereits ab 1. September wieder gespielt werden kann: „Ich hoffe es, aber so recht glauben kann ich es nicht.“

Mit seiner Einschätzung steht Fejziaj nicht allein. Auch Florian Darchinger, stellvertretender Vorsitzender von Fortuna Unterhaching, glaubt nicht an eine Fortsetzung der Saison in diesem Jahr. „Ich rechne damit, dass es erst im März 2021 weitergeht“, schätzt Darchinger, dessen Team ebenfalls auf Platz eins der Tabelle in der Münchner Kreisklasse 5 thront. Trotz seiner Skepsis ob der Machbarkeit befürwortet aber auch Darchinger den Vorstoß des BFV: „Für mich ist das die einzige Variante, die Sinn macht.“ Positiv hebt der Co-Trainer der Fortunen zudem hervor, wie der BFV die Corona-Krise derzeit managt.

Das findet auch Michael Scherer von der Spielgemeinschaft Aying/Helfendorf. „Besonders mit den kleinen Vereinen hat sich die Kommunikation verbessert“, lobt Scherer. Ob der 1. September als Stichtag allerdings realistisch ist, ist sich auch der Trainer des Zugspitz-Kreisklassisten nicht sicher. „Kommt drauf an, wie es sich entwickelt“, gibt sich Scherer zurückhaltend. „So haben die Vereine immerhin wieder etwas Planungssicherheit.“ Grundsätzlich befürworte er aber „jeden Plan, der dazu führt, dass wir irgendwann wieder Fußball spielen können“.

„Der TSV Hohenbrunn kann mit einer Fortsetzung ab September gut leben“, meint auch Sebastian Heidrich. Allerdings blickt der TSV-Coach skeptisch auf einige mögliche Folgen. „Das darf keine Harakiri-Aktion werden. Die Spieltage dürfen nicht zu dicht beieinanderliegen und wir brauchen auch für eine Saison 20/21 eine akzeptable Vorbereitungszeit“, gibt Heidrich zu bedenken. Dass den Vereinen die Möglichkeit geboten wurde, zu den BFV-Plänen Stellung zu beziehen, findet auch der Hohenbrunner Trainer gut, wenngleich der Verband „schon deutlich gemacht hat, welche Option wir wählen sollen.“

Aufrufe: 019.4.2020, 17:09 Uhr
Münchner Merkur (Süd) / Umberto SavignanoAutor