2024-05-02T16:12:49.858Z

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„Meine Jungs sollen sagen können: Wir haben bei Tobi etwas gelernt“: Tobias Schweinsteiger. foto: imago
„Meine Jungs sollen sagen können: Wir haben bei Tobi etwas gelernt“: Tobias Schweinsteiger. foto: imago

Schweinsteiger wäre es lieber Bayern hätte es „mit jungen, regionalen Spielern geschafft“

Exklusivinterview mit neuem Trainer des FC Juniors OÖ Tobias Schweinsteiger

Drei Jahre, von 2015 bis 2018 arbeitete Tobias Schweinsteiger (36) als Trainer im Nachwuchsbereich des Jahres, ehe der frühere Profi (u. a. Braunschweig, Unterhaching, Retgensburg) freigestellt wurde.

Diese Woche wurde der Bruder von Weltmeister Bastian Schweinsteiger als Teamchef des österreichischen Zweitligisten FC Juniors OÖ, dem früheren FC Pasching, vorgestellt.


Herr Schweinsteiger, wie kommen Sie als Teamchef zu einem österreichischen Zweitligisten?

So spektakulär war das gar nicht. Der Verein hat sich über mich informiert und gefragt, ob ich Lust auf diese Aufgabe hätte. Dann habe ich ihnen mein Konzept vorgestellt, es hat sie wohl überzeugt – und deswegen bin ich jetzt hier.

Wie würden Sie ihre Spielidee beschreiben?

Sehr dynamisch! Es ist ein zielgerichteter Ballbesitz, es sind auch Umschalt-Momente dabei – es wäre ja blöd, wenn ich das nicht machen würde –, aber die Jungs sollen vor allem mit dem Ball eine klare Idee haben. Es ist eher so, dass der Spieler am Ball Entscheidungen finden kann und dass die Spieler um den Ball wissen, wie sie sich nach unseren Prinzipien auf dem Feld positionieren sollen.

Sie betreuen die Mannschaft zusammen mit Cheftrainer Andreas Wieland. Zusätzlich sind Sie für die Ausbildung in der Nachwuchs-Akademie in Linz zuständig.

Ich habe stets versucht, in meiner Arbeit über den Tellerrand hinaus zu schauen. Darum ist das ein interessanter Aspekt. Mir wäre es natürlich am liebsten, meine Idee, Fußball spielen zu lassen, würde in der Akademie Fuß fassen. Dann wäre es leichter, wenn Spieler aus dem Nachwuchs zu uns in die Herrenmannschaft stoßen und unsere Philosophie bereits verstehen. Ich bin überzeugt, dass hier einiges möglich ist in der Konstellation. Hier wird mir viel Vertrauen entgegen gebracht.

War das in München zuletzt nicht der Fall?

Zumindest nicht mehr so groß, um nach drei Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit mich weiter im Verein einzubinden. Dafür habe ich die Zeit vom Sommer bis jetzt gut genutzt. Es kommt auch nicht oft vor, dass man sich nach drei Jahren Trainertätigkeit ein halbes Jahr umfangreich weiterbilden kann. Von daher ist für mich alles gut.

Wie hat der FCB reagiert, als Sie um die Auflösung Ihres Vertrages baten?

Ich hatte nur Kontakt mit Jochen Sauer. Das lief vertrauensvoll und professionell ab.

Der Weg vom FC Bayern II in die 2. österreichische Liga wirkt doch recht ungewöhnlich.

Jeder, der mich kennt und dem ich erkläre, was die Gründe für mein Engagement bei den Juniors sind, der sagt: Das passt 100 Prozent! Aber klar, wenn man über das Projekt hier nicht gut informiert ist, ist es vielleicht nicht nachvollziehbar.

Sie haben die Theorie-Prüfung A-Schein, wie Thomas Tuchel, mit null Fehlern bestanden – in der Öffentlichkeit ist das häufig ein Thema gewesen. Haben Sie diese Vergleiche in Ihrer Arbeit beeinflusst?

Nein, ich habe ja nur meine Prüfung abgelegt. Ob ich mit voller Punktzahl bestanden habe oder mit 80 Prozent bestanden hätte, ändert nichts an meiner Art, Fußball spielen zu lassen. Ich will einfach nur einen guten Job machen. Meine Jungs sollen sagen können: Wir haben bei Tobi etwas gelernt, sind besser geworden, vor allem individuell besser geworden. Ich bin immer der Überzeugung: Wenn die Spieler individuell besser werden, wird die Mannschaft besser und dann kommen auch die Ergebnisse.

Sie haben kürzlich gesagt, Sie wären am liebsten Spieler-Entwickler-Trainer.

Die Frage war, ob ich denn gerne Weltmeister-Trainer werden würde, weil Basti als Spieler Weltmeister wurde. Das ist halt ein Mannschaftstitel. Spieler innerhalb einer Mannschaft zu entwickeln, wäre mir lieber. Die Spieler, mit denen Tim Walter und ich in der U17 und U23 zusammengearbeitet haben, haben zum allergrößten Teil Schritte nach vorne gemacht, viele sind in den bezahlten Fußball gegangen oder jetzt auf dem Weg dorthin. Genau das versuche ich hier auch wieder: Alle Spieler gleich anzufassen. Nicht nur die Top-Talente fördern, sondern alle 20 Spieler besser zu machen.

Wie macht man Spieler besser in Zeiten, in denen auch im Nachwuchs nur das Ergebnis zählt?

Wir haben hier sechsmal Training in der Woche und ein Spiel. Ich kann mich schon in vier von sechs Einheiten mit meinen Spielern befassen und zwei Einheiten für die Spielvorbereitung nutzen. Dann habe ich schon mal vier Einheiten, in denen ich versuchen kann, Spieler besser zu machen. Meine Meinung ist: Man kann in der individuellen Entwicklung schon Zeit aufwenden und trotzdem Ergebnisse liefern.

Jungen Trainer wird oft vorgeworfen, dass sie schnell mit guten Ergebnissen nach oben wollen und die Entwicklung der Spieler auf der Strecke bleibt.

Daran trägt ja auch das System Schuld! Bei einem U15-Trainer ist der Verdienst überschaubar. Das geht, wenn er jung und allein ist. Kommt dann eine Familie hinzu, ist klar, dass er so schnell wie möglich einen Job braucht, in dem er mehr Geld verdienen kann. Und dann ist das Einfachste immer noch, Ergebnisse zu liefern – weil viele Funktionäre leider nur Tabellen lesen und Ergebnisse schauen. Zeit, um Spiele oder Trainingseinheiten zu beobachten, nehmen sich die wenigsten.

Hat die Ausbildung in Zeiten des Transfer-Wahnsinns eine noch größere Bedeutung? Weil sich Eigengewächse mehr mit dem Verein identifizieren?

Hier bei den Juniors ist es wichtig, dass wir junge österreichische Spieler hochbringen. Bei Bayern wäre es mir immer lieb gewesen, wir hätten das mit jungen, regionalen Spielern geschafft.

Warum haben es Eingewächse in München so schwer?

Das müssen Sie die Verantwortlichen fragen.

Wird jungen Spieler zu viel abgenommen?

Ja! Es ist wieder zweischneidig: Auf der einen Seite kommt ein Spieler nur zu dir, wenn du ihm das bietest, was ein anderer Verein infrastrukturell und finanziell auch bietet. Auf der anderen Seite sagen wir: Hey, das soll der sich erst erarbeiten.

Zum Abschluss: Ist es vorstellbar, dass Sie irgendwann als Trainer zum FC Bayern zurück kommen?

Im Fußball sollte man nie etwas ausschließen. Aber: Im Moment habe ich nur das Projekt und meine Zeit hier bei den Juniors vor Augen.

Interview: Manuel Bonke

Aufrufe: 023.1.2019, 12:18 Uhr
Münchner Merkur / tz / Manuel BonkeAutor