München – Seit dem Abbruch der Junioren-Bundesligen aufgrund der Corona-Krise steht die U 19 des FC Bayern um das Trainerteam um Martín Demichelis, Danny Schwarz und Stefan Buck als süddeutscher Meister fest. Es ist der erste Titel des 39-jährigen Ex-Verteidigers Demichelis als Trainer. Warum es in der Jugend aber nur bedingt auf Pokale ankommt, verrät „Micho“ im Interview.
Señor Demichelis, Glückwunsch zum Titel!
Martin Demichelis: Vielen Dank! Es ist natürlich schade, dass wir aufgrund des Saisonabbruchs diesen Titel nicht gemeinsam auf dem Platz feiern konnten. Ich denke, wir können aber insgesamt zufrieden sein mit der Saison, die wir gespielt haben. Alles in allem waren wir die beste Mannschaft. Wir haben die meisten Tore erzielt und die wenigsten kassiert. Dieses Team macht Spaß auf und neben dem Platz.
Bright Arrey-Mbi trainiert gelegentlich bei den Profis, Oliver Batista-Meier hat sogar sein Bundesliga-Debüt gegeben. Ist das der wahre Titel?
Demichelis: So ist es. Das ist unser aller Ziel, das des Campus und auch meines. Auch Joshua Zirkzee hat gezeigt, dass hier gute Arbeit geleistet wird. Er und alle anderen stehen für die Werte, die wir den Jungs vermitteln wollen. Joshua hat als Teil des Amateure- und dann A-Kaders oft bei der U 19 ausgeholfen und dies stets als Chance und nicht als Pflicht angesehen. Gleiches gilt noch mehr für Batista-Meier (dem vor der Corona-Krise in einem Spiel fünf Tore gelangen, d. Red.), der zum Vorbild für alle geworden ist. Und jetzt hat er erstmals Bundesliga-Luft geschnuppert. Nur so geht’s.
Wie erklären Sie sich, dass der FC Bayern immer noch nach dem nächsten David Alaba sucht?
Demichelis: Es gibt nicht den einen Grund. Der Campus war ein wichtiger Schritt, der Millionenwahnsinn auf dem Transfermarkt war jedoch auch nicht unbedingt förderlich für die Jugend. Das wird sich aufgrund des Coronavirus enorm verändern und zahlreiche Clubs zwingen, noch mehr auf die eigene Jugend zu bauen. Doch all das geht nicht ohne eine gewisse Charakterschärfung bei den Jungs.
Wie meinen Sie das?
Demichelis: Talent am Ball reicht heutzutage nicht mehr. Es geht darum, dass junge Spieler sich auch mental entwickeln. Die Generation der Zirkzees und Batista-Meiers ist eine völlig andere als meine. Die Jungs haben heute allesamt seit klein auf Berater und werden von Ausrüstern begleitet. Sie sind, wenn Sie so wollen, ein Stück weit gemütlich geworden. Wir als Trainer müssen das verstehen und versuchen, sie dahingehend auch mental zu formen. Sie müssen das entwickeln, was wir früher vielleicht ein bisschen mehr hatten: Wille und Leidenschaft.
Alphonso Davies holte der Club als 18-Jährigen aus Kanada. Derartige Transfers machen es für die Jugendspieler natürlich auch nicht einfacher.
Demichelis: Oftmals ist es nun mal so, dass der Club ein gewisses Profil sucht und es noch nicht in der eigenen Akademie findet. Bietet sich ihm dann die Möglichkeit eines Alphonso Davies, dann schlägt er woanders zu – und macht gerade im Falle von Davies alles richtig. Ich kann nur sagen, dass bei uns eine Generation an Top-Talenten in den Startlöchern steht. Dass unsere U 23 gerade in der 3. Liga von Sieg zu Sieg eilt, ist auch die Konsequenz hervorragender Arbeit aller Trainer und Mitarbeiter am Campus. Die Fans brauchen sich keine Sorgen machen um die Zukunft der Bayern-Jugend.
Auch, weil der Club in Hansi Flick einen Cheftrainer hat, der auf die Jugend baut?
Demichelis: Hansi gibt den Jungs die Chance, sich im Training zu zeigen und belohnt dann auch mit Einsätzen in den Spielen. Er sendet damit die richtigen Signale. Und dass nun ausgerechnet Miroslav Klose sein Co-Trainer wird, spricht auch für das Vertrauen, das der Club in den Campus hat. In meinen Augen ist die Konstellation Flick-Klose ein Volltreffer, weil sich beide eben nicht nur im absoluten Profibereich auskennen, sondern stets die Jugend nicht aus den Augen verlieren.
Und wie sehen Ihre nächsten Schritte aus?
Demichelis: Ich genieße es jeden Tag, Teil dieser großartigen Nachwuchsakademie zu sein. Ich habe in meinem ersten Jahr an der Seite von Danny Schwarz und Stefan Buck viel gelernt. Langfristig will ich den Schritt auf die Trainerbänke des Profifußballs machen. Der nächste logische Schritt ist daher, den Fußballlehrer in Angriff zu nehmen.
In einem weiteren Gespräch blickte der frühere FC-Bayern-Profi Demichelis kürzlich auf seine Einsätze in der argentinischen Nationalmannschaft zurück:
Interview: J. Carlos Menzel López