2024-05-29T12:18:09.228Z

Interview
Lars Callsen trainiert seit Ende Oktober die Regionalliga-Fußballer von Eutin 08.
Lars Callsen trainiert seit Ende Oktober die Regionalliga-Fußballer von Eutin 08.

Eutin 08 hofft auf den Klassenerhalt

Callsen möchte mit Eutin 08 auch in der kommenden Saison in der Regionalliga spielen

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Lars Callsen hat eine intensive Zeit hinter sich – und vor sich. Ende Oktober übernahm der 44-Jährige, der bis dahin die Geschicke bei der zweiten Mannschaft geleitet hatte, das Traineramt beim Fußball-Regionalligisten Eutin 08. Der Polizist, der mit seiner Freundin und seinen zwei Kindern (drei Jahre und elf Wochen) in Neustadt lebt, folgte auf Hans-Friedrich „Mecki“ Brunner, der nach einigen turbulenten Wochen zurückgetreten war. Seitdem bewältigt Callsen die Dreifachbelastung aus Beruf, Familie und Fußball und holte mit 08 acht Punkte aus fünf Spielen. Unser Mitarbeiter Jannik Schappert hat mit ihm über seine ersten Wochen, über Personalien und über die Rückserie in der Regionalliga gesprochen.

Herr Callsen, Eutin 08 steht nach 17 Spielen mit zwölf Punkten auf Rang 16. Kann der Verein damit als Aufsteiger zufrieden sein?
Es hätten gerne ein paar mehr Punkte sein können. Wenn ich die ganze Hinserie betrachte, also auch die Zeit unter „Mecki“, waren da viele knappe Ergebnisse dabei – 2:3 gegen Drochtersen-Assel, 1:2 gegen den HSV, 0:1 gegen St. Pauli. Das ging unter mir dann so weiter. Erst die glorreichen Siege gegen Lüneburg und Braunschweig, dann die Unentschieden gegen Weiche und Norderstedt und das Jeddeloh-Spiel, wo wir viele Chancen haben und die Tore nicht machen. Ich glaube, dass sich von der Masse an knappen Spielen das eine oder andere für uns hätte entscheiden können. Demnach hätten fünf, sechs Punkte mehr auf dem Zettel stehen müssen.

Mit welcher Stimmung ist die Mannschaft in die Winterpause gegangen?
Ich nenne es mal positiv unzufrieden. Wir waren aufgrund der Ergebnisse positiv gestimmt – trotz der 1:2-Niederlage gegen Jeddeloh – aber wir waren auch unzufrieden, weil wir unbedingt weitermachen wollten. Ich glaube, es hätte uns gut getan, gegen Drochtersen-Assel und Altona noch zu spielen.

Wie haben Sie als Trainer der zweiten Mannschaft die turbulente Zeit erlebt, die letztlich zum Rücktritt von „Mecki“ Brunner und zu Ihrer Beförderung geführt hat?

Es ist immer schade, wenn etwas nicht funktioniert, was jemand über Jahre aufgebaut hat. Außerdem stimmt es mich traurig, weil ich selbst mit „Mecki“ gespielt habe und Spieler unter ihm war. Da ist es brutal, zu sehen, wie hilflos man ist, wenn es einfach nicht läuft. Dann ist es im Fußball ja immer so, dass einer gehen muss und nicht 15 Spieler. Ich hätte gerne auf den Anruf von Arend Knoop verzichtet und in Ruhe bei der zweiten Mannschaft weitergemacht.

War es für Sie überraschend, dass Sie gefragt wurden oder hat sich das hinter den Kulissen angedeutet?

Das hat sich überhaupt nicht angedeutet. Arend Knoop ist ein guter Freund und ich habe immer versichert, in welcher Form auch immer zu helfen. Und dass er darauf zurückgreift und mich als Trainer der Ersten arbeiten lässt, kann ich nur mit Erfolg zurückzahlen. Mit acht Punkten aus fünf Spielen ist das bisher auch ganz gut gelungen. Wir müssen jedoch mit Rückschlägen rechnen.

Aber Sie haben die Zusage, unabhängig von den Ergebnissen bis zum Saisonende arbeiten zu können?

Genau.

Was haben Sie im ersten Training zu der Mannschaft gesagt?

Egal ob Kreisklasse B oder Bundesliga – jeder Spieler möchte Fußball spielen, weil es sein Hobby ist. Wir wollen grundsätzlich Spaß haben und Fußball macht nur Spaß, wenn du gewinnst und Erfolg hast. Das habe ich der Mannschaft gesagt. Außerdem habe ich signalisiert, dass ich Vertrauen in den Kader habe und dass die Jungs an sich selbst glauben müssen.

Bei Ihrer Beförderung war Eutin 08 Tabellenletzter, hat dann aber die ersten beiden Spiele unter Ihnen gewonnen. Warum?
Ich habe für die eine oder andere Überraschung gesorgt und durch Rotation zusätzliche Motivation herausgepresst. Jeder Spieler muss sich bei einem neuen Trainer reinhauen, um in der Startelf zu stehen. Außerdem habe ich deutlich gemacht, dass die Regionalliga eine Plattform ist, auf der man sich als Spieler anderen Vereinen präsentieren kann.

Ein Nutznießer der Rotation war Moritz Achtenberg.
Wenn du eine Mannschaft übernimmst, die Tabellenletzter ist und viele Gegentore kassiert hat, muss das Hauptaugenmerk auf der Defensive liegen. Deshalb sind wir das Risiko gegangen und haben Moritz als Innenverteidiger gebracht. Er hat es verdient. Er ist ruhig, fleißig und strebsam. Mit der Umstellung haben wir Christian Rave als Sechser gewonnen. Das war eine ganz entscheidende Maßnahme.

Hat die Mannschaft beim 4:0 gegen Lüneburg und beim 3:1 gegen Braunschweig den Fußball gespielt, den Sie sich vorstellen?

Wir sind individuell unheimlich stark, das sind andere Mannschaften aber auch. Die sind allerdings erfahrener und haben sich auf einem Level eingespielt, das wir noch erreichen müssen. Deshalb haben wir in der Regel den passiveren Part, müssen unsere Defensive stärken und schnell umschalten. Das ist der Fußball, den ich sehen will. Das haben wir gegen Lüneburg und Braunschweig gut gemacht. Ich gewinne zwar auch lieber 5:2, aber letztlich reicht ein 1:0. Fußball ist ein Ergebnis-Sport, wo es drei Punkte zu gewinnen gibt und fertig.

Sie haben nach Ihrer Übernahme gesagt, dass Sie der Mannschaft den Sprung bis auf Platz zwölf zutrauen.
Wir haben vor dem Lüneburg-Spiel eine Tabelle gemacht, in der Lüneburg Erster war. Da ist der Cut, der zwölfte Platz ist unser erster Platz. Wenn wir den erreichen, ist das riesig. Wenn wir 13. oder 14. werden, ist aber alles in Ordnung. Trauen Sie dem Team das zu?Man hat gesehen, dass wir mitspielen und gewinnen können. Für uns ist alles drin, wenn wir die Leistung wie zuletzt abrufen. Es ist Qualität im Kader, mit der wir bestehen können.

Glauben Sie, dass Sie bisher alles richtig gemacht haben?

Absolut nicht. Dennoch denke ich, dass wir bisher eine Menge richtig gemacht haben. Die erste Zeit war unglaublich turbulent. Ich war fast jeden Tag auf dem Waldeck, wir haben Sachen besprochen und organisiert. Es ist etwas anderes, ob du zwei Mal ein Verbandsliga-Training oder vier Mal ein Regionalliga-Training vorbereitest. Parallel musst du dich dann noch mit allen Spielern unterhalten. Ich versuche, meine Entscheidungen transparent zu gestalten.

Was heißt das?
Ich erkläre meine Entscheidungen und möchte die Mannschaft an ihnen teilhaben lassen. Ich bin immer bereit, Fragen zu beantworten und möchte die Spieler in den Entwicklungsprozess einbeziehen. Das ist ganz wichtig, damit das Miteinander funktioniert. Eutin 08 ist ja ein anderer Verein als zum Beispiel Lübeck oder Weiche. Wir sind eher wie eine Familie. Daher muss man sehen, dass man vernünftig miteinander umgeht.

Es gab Gerüchte, dass Florian Stahl sich im Winter verabschieden könnte – befeuert durch seine frühe Auswechslung gegen Jeddeloh. Was ist da dran?

Gar nichts. Wir haben einen Tag nach dem Spiel eine halbe Stunde telefoniert und eine ganze Menge ausgeräumt, was von außen reininterpretiert wurde. „Stahler“ war in unserem temporeichen Umschaltspiel noch nicht so drin, wie wir uns das vorgestellt haben. Aber in der Rückserie brauchen wir jeden einzelnen Spieler, da wird Florian absolut wichtig sein und seine Spielanteile bekommen.

Er ist nach der Winterpause also definitiv Teil von Eutin 08?

Ja, so ist der Plan. Wir fangen am 2. Januar mit der Vorbereitung an, „Stahler“ kommt am 12. Januar aus dem Urlaub zurück. Ich hoffe, dass er da was für sich macht – aber wie ich ihn kenne, wird er das machen. Wir wollen mit ihm weiterarbeiten, da gibt es gar keine Differenzen.

Wie schwer wiegt der Abgang von Philip Nielsen?

Erstmal freut mich das für ihn, dass er sich beruflich so weiterentwickeln kann. Für uns ist es natürlich blöd. Ich hätte mir gewünscht, dass er bleibt und in der Zweiten spielt. Dann hätte ich ihn als Backup-Spieler gehabt. Nun müssen wir sehen, wie wir ihn ersetzen können.

Soll im Winter personell nachgebessert werden?

Am Montag haben wir eine Besprechung und schauen, ob Ideen da sind. Es muss ja menschlich und finanziell passen. Wir kriegen zwar jede Woche 15 Anfragen aus Thailand, den Niederlanden oder Mitteldeutschland. Aber das ist ja gar nicht unser Konzept.

Was für Spieler könnten Sie denn gebrauchen?
Es ist ein zentraler Mittelfeldspieler weggebrochen, da wäre Verstärkung gut. Die Personalie Dennis Sauer aus der zweiten Mannschaft hätte gepasst, aber ihm ist das zu zeitaufwendig. Also müssen wir mal gucken. Wir haben eine starke Zweite, vielleicht fragen wir ein, zwei Leute, ob sie im Januar bei uns mittrainieren wollen und gucken dann, wo die Reise hingeht. Das werden wir aber erst am Montag besprechen. Auch, ob was Externes dazukommt.

Wie sieht der Plan für die Vorbereitung aus?
Wir fangen am 2. Januar in der Halle an, nutzen die erste Woche aber komplett für die Vorbereitung auf das Hallen-Masters. Das bringt ja auch konditionell was und soll ein bisschen Spaß machen. Danach müssen wir den Schalter umlegen, wieder raus in Kälte und Dunkelheit. Wir wollen an den Wochenenden 13./14. Januar und 20./21 Januar testen, warten aber noch auf Rückmeldungen von möglichen Gegnern. Am 24. Januar spielen wir gegen Holstein Kiel II, am 27. Januar steht das Nachholspiel gegen Drochtersen-Assel an. Wir haben also ein knackiges Programm.

Kriegen Sie all das mit Privatleben und Beruf unter einen Hut?

Bis jetzt kriege ich es gut hin. Aber ich bin am Limit, die Dreifachbelastung ist ein Spagat. Da bin ich meiner Freundin sehr dankbar, dass sie mir mit zwei Kindern den Rücken freihält. Auch den Kollegen, die gerade zu Beginn Dienste mit mir getauscht und es möglich gemacht haben, dass ich vier Mal die Woche Training machen konnte.

Ist aufgrund der Belastung nach der Saison auf jeden Fall Schluss?
Wenn wir die Klasse halten, geht es weiter. Das ist gar keine Frage.

Dann brauchen Sie die A-Lizenz.
Ich muss zunächst die Elite-Jugendlizenz machen, die Lehrgänge sind aber bis Ende 2018 ausgebucht. Da gibt es keine Hintertür. Meine Sondergenehmigung gilt bis zum 30. Juni, es ist aber unmöglich, bis dahin die A-Lizenz zu machen. Aber ich habe alle Dokumente zusammen und will die Lizenz in Zukunft definitiv machen.

Bitte vervollständigen Sie zum Abschluss folgenden Satz: In einem Jahr werde ich mit Eutin 08...
...wieder in der Regionalliga überwintern.
Aufrufe: 018.12.2017, 17:00 Uhr
SHZ / Interview: J. SchappertAutor