Wuppertaler SV - Bonner SC 1:1 (0:0)
Sebastian Spinrath ist ein stiller Genießer. In der 88. Minute des Fußball-Regionalligaspiels zwischen dem Wuppertaler SV und dem Bonner SC hatte der Innenverteidiger zum 1:1 (0:0)-Endstand für den BSC getroffen – und verlor anschließend nicht viele Worte. Dabei hätten Dramaturgie und Zeitpunkt des Tores im ersten Punktspiel der Saison 2017/2018 allemal zu Jubelausbrüchen gereicht. Es war der verdiente Ausgleich für stark verteidigende, dafür aber oft uninspiriert angreifende Gäste im mit 3122 Besuchern gefüllten Stadion am Zoo.
In der 79. Minute hatte der eingewechselte Raphael Steinmetz mit einem wunderschönen Schlenzer vom linken Strafraumeck in den Winkel zur Wuppertaler Führung getroffen. Aber statt nachzulegen, verbarrikadierte sich Wuppertal vor dem eigenen Strafraum und lud den BSC damit zum Ausgleich regelrecht ein. „Ich hatte unmittelbar nach dem Freistoß den richtigen Riecher und habe den Ball ideal getroffen“, meinte der Torschütze nüchtern. Den Freistoß hatte BSC-Kapitän Dario Schumacher geschossen. Die Position halblinks unmittelbar vor dem Wuppertaler Strafraum war wie gemalt für den 24-jährigen Spezialisten, der den Ball an die Latte nagelte und damit Spinrath die Schusschance eröffnete.
WSV-Trainer Stefan Vollmerhausen konnte es nicht fassen: „Wir haben in der letzten Woche mehrfach über Schumachers Qualitäten gesprochen und ausdrücklich davor gewarnt, Freistöße in Strafraumnähe zu riskieren. Das durfte uns nicht passieren.“ Passierte aber und markierte den Höhepunkt einer interessanten Schlussphase eines bis dahin eher ereignislosen Spiels.
Der Stadionsprecher im Stadion am Zoo bemühte in der Halbzeitpause schon die Vergangenheit, um den ungeduldig gewordenen Zuschauern die Hoffnung auf mehr zu machen. Vor genau 40 Jahren standen sich WSV und BSC schon einmal an der Wupper gegenüber. Damals spielten beide Teams in der 2. Liga. 6000 Zuschauer sahen einen 6:2-Erfolg des WSV.
Reichlich Spektakel also, was dem Saisonauftakt mit Ausnahme der Schlussphase fehlte. Daniel Zillken war's egal. „Ich bin froh, dass wir einen Punkt mitnehmen konnten“, meinte der BSC-Coach. „Es war ein typischer erster Spieltag, in dem beide Teams keine Fehler machen wollten. Mit der Leistung meiner Mannschaft bin ich absolut zufrieden.“
Wie lange Zillken über der Startformation gegrübelt hatte, bleibt sein Geheimnis. Aber es dürfte einige Tassen Kaffee gedauert haben, ehe die Bonner 4:3:2:1-Formation stand. Regionalliga-Novize Lars Lokotsch war gesetzt, Rückkehrer David Bors musste stattdessen mit der Bank vorliebnehmen. Für die Schaltzentrale im Mittelfeld nominierte der Bonner Trainer Neuzugang Vojno Jesic. Mit Schlussmann Alexander Monath und dem Innenverteidiger-Paar Nico Perrey und Sebastian Spinrath sowie Allrounder Sebastian Hirsch stellte Zillken insgesamt sechs Neue auf.
In Halbzeit eins hatten beide Abwehrformationen ihren Spaß, während die Akteure in vorderster Linie ihre Wege meist umsonst machten. Konstruktive Offensivaktionen blieben auf beiden Seiten häufig im Ansatz stecken. Wuppertal gelang es nur einmal, durch Enzo Wirtz gefährlich vors BSC-Tor zu kommen. Kapitän Gaetano Manno, wie Lokotsch auf der anderen Seite oft auf verlorenem Posten, hatte geflankt (36.). Der BSC verzeichnete ebenfalls nur einen Torschuss in Halbzeit eins. Adis Omerbasic traf von der rechten Seite das Außennetz.
Erst nach dem Wechsel erhöhten vor allem die Hausherren die Schlagzahl. Wieder war es Wirtz, der in der 51. Minute nur knapp vorbeizielte. Die BSC-Defensive kam nun zunehmend ins Schwitzen. „Nach einer Stunde waren wir zu passiv“, räumte Zillken ein. In der 60. Minute war es Lokotsch zu verdanken, dass es beim 0:0 blieb. Der BSC-Stürmer wehrte knapp vor der Torlinie einen Wirtz-Kopfball ab – für die Gastgeber das Signal, noch mehr auf Offensive zu setzen. Aber auch Zillken ließ sich nicht lumpen. Für Jesic kam Stürmer David Bors, der in der 78. Minute gleich die Chance zur Bonner Führung hatte. Zwei Minuten vor dem Ende durfte der BSC dann aber doch noch jubeln.
Wuppertaler SV: Wickl, Pagano, Windmüller, Schmetz, Heidemann, Becken, Mandt, Manno (62. Steinmetz), Dowidat (62. Kramer), Wirtz (76. Pytlik), Hagemann.
BSC: Monath, Omerbasic, Spinrath, Perrey, Dündar, Fillinger, Schumacher, Jesic (68. Bors), Kaiser, Hirsch (59. Somuah), Lokotsch (76. Sobiech).
Tore: 1:0 Steinmetz (79.), 1:1 Spinrath (88.)
Zuschauer: 3122
Schiedsrichter: Wollenweber (Viersen)
Die Pizza nach dem Spiel bekam Lars Lokotsch so gerade noch runter. Der 21-jährige hatte seine ersten 76 Minuten Regionalligafußball hinter sich, war viel gelaufen, ohne allerdings viel zu bewirken. Meist agierte der ehemalige Landesligastürmer aus Oberpleis allein auf weiter Flur, ließ nie locker und versuchte, als erster Verteidiger das Wuppertaler Aufbauspiel zu stören (auf unserem Foto rechts). Trotz des Riesenpensums meinte Lokotsch anschließend augenzwinkernd: „Landesliga war schwerer.“ Dass Novize Lokotsch spielte, und nicht der Regionalligaerfahrene David Bors, hatte BSC-Trainer Daniel Zillken schon früh unter der Woche entschieden. Bereut hat es der 49-Jährige nicht. „Er hat viel für die Mannschaft gearbeitet“, sagte Zillken. Lars Lokotsch darf wiederkommen.