2024-05-14T11:23:26.213Z

Interview
Kurt Kowarz (hier noch in Diensten der Münchner Löwen) würde gern wieder als Trainer arbeiten. F: Images
Kurt Kowarz (hier noch in Diensten der Münchner Löwen) würde gern wieder als Trainer arbeiten. F: Images

Bayernliga und Philippinen: Der Unruhestand des Kurt Kowarz

Im FuPa-Interview plaudert der 59-jährige Ex-Torwart über seine bewegte Fußball-Zeit, warum er quasi per Zeitungsanzeige zum 1. FC Nürnberg kam und warum es ihn auf das grüne Rasenviereck zurückzieht

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Trainer Kurt Kowarz, der bis Sommer 2016 beim TSV 1860 München in der 2. Bundesliga die Torleute unter seinen Fittichen hatte, ist den Löwen nach wie vor verbunden und verfolgt den Weg des Traditionsklubs genau. Zur aktuellen Situation an der Grünwalderstrasse macht sich der ehemalige Profitorwart vom 1. FC Nürnberg so seine Gedanken. Kowarz, der in der Nähe von München wohnt, war viele Jahre auch als Torwarttrainer beim DFB in Nachwuchsteams tätig, wurde zweimal Europameister. Im FuPa-Interview plaudert der 59-Jährige aus dem Nähkästchen und seine Pläne für die Zukunft.
FuPa: Herr Kowarz, Sie waren bis Sommer 2016 Torwarttrainer bei den Löwen, mussten dann aber aufhören. Am Ende der vergangenenSaison sind die Sechziger in den Amateurfußball abgestiegen und kämpfen nun um den Aufstieg in die 3. Liga. Wie beurteilen sie die jetzige Situation?
Kurt Kowarz (59): Ich verfolge mit größtem Interesse das, was beim und um den TSV 1860 München herum so passiert. Insbesondere natürlich die sportlichen Erfolge mit dem 1. Tabellenplatz in der Regionalliga Bayern und die hervorragende Arbeit von Daniel Bierofka . Ich wünsche den Löwen und ihren tollen Fans den Aufstieg in die 3.Liga und ja, ich könnte mir eine Rückkehr an die Grünwalderstrasse durchaus vorstellen.

Ist der Drittliga-Aufstieg in diesem Jahr Pflicht?
Eigentlich ja, der Aufwand, der betrieben wird, ist enorm. Die Löwen arbeiten definitiv unter Profibedingungen, und das muss erstmal gestemmt werden. Der Verein, die Mannschaft und die unglaublichen Fans haben den Aufstieg verdient, doch die Relegationsspiele zur 3. Liga haben es in sich, sind sehr schwer und stellen eine hohe Hürde dar.

Sie haben in ihrer Karriere als Spieler einiges erlebt. Was ist denn so hängen geblieben?
Ich habe in der Kreisliga A angefangen und bin nach unzähligen Aufstiegen mit unterschiedlichen Vereinen schließlich in der 1. Bundesliga beim 1. FC Nürnberg gelandet, habe 152 Zweitliga-, 11 Erstliga- und 12 DFB-Pokalspiele absolviert. Positivste Erkenntnis war und ist, dass bei aller individueller Qualität der Spieler letztlich das Auftreten und Agieren als Mannschaft ausschlaggebend ist für den Erfolg. Einzelne können Spiele entscheiden, eine Mannschaft kann Berge versetzen, Abstiege verhindern und Aufstiege feiern.

Sie waren einige Jahre beim 1. FC Nürnberg zweiter Torwart hinter Andy Köpke. Stimmt es, dass sie den Job beim Club über eine Zeitungsanzeige bekommen haben?
Nicht ganz. Das Sportmagazin "Kicker" gehörte bzw. gehört zu meiner wöchentlichen Lektüre. Und nach dem überraschenden Lizenzentzug für RW Oberhausen im Juni 1988, ich hatte eigentlich noch zwei Jahre Vertrag, las ich im Montags-Kicker, dass der 1. FCN einen zweiten Torwart hinter Andy Köpke sucht. Kurzes Telefonat mit meinem Berater, zwei Stunden später rief der damalige Club-Manager Heinz Höher bei mir an und am nächsten Morgen um 10 Uhr stand ich beim Training am Valznerweiher zwischen den Pfosten.

Bei der U21-Europameisterschaft mit Neuer, Boateng, Hummels, Özil und Co. unterwegs: »Mir machte es genauso viel Spaß, die Woche darauf beim TSV Rain mit einem Jöckel, Taglieber, Lutz, Löring oder Schneider auf dem Platz zu arbeiten.«

Beim DFB haben sie als Torwarttrainer der U18, U19, U20 und U21 gearbeitet. Da konnten sie zwei Europameisterschaften feiern. Sie haben da ja auch die aktuellen Nationaltorhüter trainiert.
Ja, ich habe neben dem Welttorhüter Manuel Neuer auch mit Marc-André ter Stegen, Ron-Robert Zieler, Timo Horn und Loris Karius gearbeitet. Die Granate schlechthin war und ist Manuel Neuer. Er ist mit weitem Abstand der beste Torhüter, den ich bislang trainiert habe. Die Art und Weise, wie er das Torwartspiel interpretiert, ist einfach unglaublich. Er hat das Torhüterspiel revolutioniert, ist der beste Torwart auf der Welt und obendrein ein ganz außergewöhnlicher und fantastischer Mensch.

Der U21-Europameistertitel 2009 in Schweden…
...das war ein absolutes Trainer-Highlight. Ich durfte mit außergewöhnlichen Fußballern auf dem Platz stehen und trainieren: Neuer, Boateng, Höwedes, Hummels, Khedira, Özil und Wagner, um nur einige zu nennen. Und ehrlich, mir machte es genauso viel Spaß, die Woche darauf beim TSV Rain mit einem Jöckel, Taglieber, Lutz, Löring, Fischer, Brnadic, Dinulovic oder Schneider auf dem Platz zu arbeiten.

Im Moment ist die Zeit für sie fußballlos. Aber dem Fußball sind sie verbunden. Im vorigen Jahr waren sie ja auch mal auf den Philippinen.
Fußballlos? Eher weniger. Trainingseinheiten von Pep Guardiola, Carlo Ancelotti und aktuell von Jupp Heynckes und Daniel Bierofka standen und stehen auf meinem Tagesprogramm. Am Wochenende bin ich auf den Fußballplätzen von der Bayernliga bis zur 1. Bundesliga unterwegs, verschaffe mir einen Überblick und kenne mich in diesen Ligen bestens aus. Und sofern noch Zeit bleibt, nehme ich Einladungen wie die von Thomas Dooley gerne wahr. Er ist aktueller Cheftrainer der Philippinischen Fußball-Nationalmannschaft und ermöglichte mir, den beiden Qualifikationsspielen zur Asienmeisterschaft gegen den Jemen beizuwohnen. Diese Hospitation war vom sportlichen und auch vom kulturellen her sehr interessant.

Sie haben ja viele weitere Weggefährten. Mit wem stehen sie noch in Kontakt?
Eigentlich mit allen Trainern mit denen ich zusammengearbeitet habe. Über Armin Veh, Rainer Hörgl, Hermann Gerland, Benno Möhlmann, Friedhelm Funkel, Alex Schmidt…. bis hin zu Ernst Middendorp, der derzeit als Sportdirektor in Bangkok/Thailand arbeitet. Auch zu Andy Köpke und Horst Hrubesch, denen ich sehr dankbar bin für mein Engagement beim DFB, besteht immer noch Kontakt.

Welche Pläne haben sie für die Zukunft?
Am liebsten würde ich wieder im Profibereich arbeiten, als Chef-, Co- oder Torwarttrainer. Ich kann mir auch eine andere Tätigkeit vorstellen, zum Beispiel als Cheftrainer im Nachwuchsbereich oder in einem ambitionierten Amateurverein, als Scout oder als externer Berater. Ich möchte etwas bewegen und meine Erfahrungen weitergeben, Organisieren, Strukturen schaffen, eine Mannschaft führen und formen, das Training planen und steuern, Spieler fordern und fördern, begeistern, entwickeln, weiterbringen und ans Leistungsmaximum bringen. Kurz gesagt, ich möchte wieder auf das grüne Viereck, auf den Fußballplatz.

Aufrufe: 020.1.2018, 09:22 Uhr
Dirk Meier Autor