2024-05-08T14:46:11.570Z

Ligabericht
Immer mitten im Geschehen drin: Keeper Kevin Schmidt spielt gerne für seinen ASV Neumarkt eine entscheidende Rolle – mitunter auch im Angriff. Archivfotos: Gleisenberg
Immer mitten im Geschehen drin: Keeper Kevin Schmidt spielt gerne für seinen ASV Neumarkt eine entscheidende Rolle – mitunter auch im Angriff. Archivfotos: Gleisenberg

Keeper Kevin Schmidt redet und hält viel

Der Torwart des ASV Neumarkt ist ein sicherer Rückhalt mit Tordrang +++ Nun ist er als Ostbayerns Fußballer 2017 nominiert

Keeper Kevin Schmidt hielt es nicht mehr in seinem Tor. Endlich war sie da, die lange ersehnte Gelegenheit für den ASV Neumarkt ein Tor zu erzielen. Nicht immer nur das Schlimmste verhindern, stattdessen einmal das Schönste herbeiführen, eine Vorstellung ganz nach dem Geschmack des 26-Jährigen.

Also rannte der ASV-Torwart in den Strafraum des TSV Kottern, der in der 90. Spielminute des Bayernligaspiels zwischen beiden Teams mit 3:2 führte. Oft genug ist der Torwart seinen Mitspielern und Trainern in den Ohren gelegen, hatte immer wieder vollmundig behauptet, es vor des Gegners Tor meist besser machen zu können als seine Mitspieler im Feld.

Den Worten folgte keine Tat
Nun war seine Chance, den markigen Worten eine überzeugende Tat folgen zu lassen. Doch als der Ball dem Torwart auf Höhe des Elfmeterpunkts tatsächlich vor die Füße fiel und er freistehend die Ausgleichschance hatte, schoss er vorbei – der ASV verlor. Schmidt war nicht der Held, sondern der Depp. „Da musste ich mir hinterher natürlich schon einige Sprüche von meinen Mitspielern anhören“, gesteht Schmidt mit einem Lachen. Die Kollegen hätten ja auch nicht Unrecht gehabt. Wer wie er die Klappe sonst weit auf hat, muss einstecken können.

Für den Torwart kein Problem. Schließlich ist er sich bewusst, dass „ich viel rede und manchmal erst rede und dann nachdenke“. Aber so sei er nun einmal auf dem Platz und in der Kabine, sagt Schmidt. „Ich versuche, alles einfach ein bisschen lockerer zu sehen“. Weil der gebürtige Nürnberger, der seine zweite Saison für den Bayernligisten Neumarkt spielt, aber nicht nur große Töne spuckt, sondern diesen auch regelmäßig hervorragende Taten zwischen den Pfosten folgen lässt, ist er im Team eine feste und respektierte Größe. Beim ASV wissen sie längst, dass sie mit dem beidfüßigen Schmidt einen Glücksgriff getan haben. ASV-Kapitän Armin Bindner kann sich kaum daran erinnern, „mit einem Torwart wie Kevin zusammengespielt zu haben, der solche fußballerischen Qualitäten hat“.

Eine lobende Einschätzung, die Trainer Dominik Haußner nur bestätigen kann. „Im Antizipieren, im Eins-gegen-eins, ist er für mich der beste Torwart der Liga – das ist Talent. Mit seinen fußballerischen Fähigkeiten könnte er tatsächlich auch im Feld mitspielen“, sagt Haußner. Im Tor ist Schmidt für sein Team allerdings wertvoller – siehe die letzte Spielminute in Kottern, siehe die Gegentorbilanz des ASV, welche die Neumarkter in der aktuellen Saison mit lediglich 25 kassierten Treffern als bestes Team der Bayernliga Süd ausweist.

Ein Lob an die Kollegen
Daran trägt Schmidt erheblichen Anteil. „Aber dazu gehört natürlich auch eine gute Defensivarbeit meiner Mitspieler“, weiß Schmidt um die Bedeutung seiner Mannschaftskollegen für seinen persönlichen Erfolg im Tor. Gerne lässt er seine Mitspieler und Trainer aber auch in gewohnt locker-launig wissen – auch, wenn diese gar nicht danach gefragt haben –, dass er häufiger Bälle von „unmenschlicher“ Natur halte. Schmidt haut immer einen Spruch raus, ist ein fröhlicher Mensch, der gerne den Unterhalter in der Kabine gibt. Mal zur Freude, mal zum Leidwesen der Mitspieler. Für Co-Trainer Stefan Weber steht aber zweifelsfrei fest: „Er ist ein toller Sportsmann und eine Bereicherung für uns.“

Schmidt, der Master im Ingenieurwesen studiert, wechselte 2016/17 vom 1. SC Feucht zum damaligen Bayernliga-Aufsteiger nach Neumarkt. Mit seinen Paraden, seiner Übersicht und seinem Selbstbewusstsein half er entscheidend mit, dass der Liganeuling im Vorjahr für Furore sorgte. Kein Wunder, wenn Schmidt also schwärmt: „Hier beim ASV gefällt mir das Fußballspielen besonders gut. Wir haben eine super Stimmung in der Mannschaft und der Trainer macht sein Zeug sehr gut – es macht Spaß.“

Mitspieler und Trainer äußern sich im MZ-Video zum nominierten Kevin Schmidt:
Schmidt ist mit Freude Keeper des ASV, auch, wenn es für ihn durchaus höherklassiger hätte gehen können. Das legt zumindest seine sportliche Vita nahe. Denn in der A-Jugend wechselte Schmidt, der erst mit neun Jahren mit dem Fußball begann, zum Profiklub FC Augsburg. Die Schwaben wollten den 1,84 Meter großen Keeper. Vom Verein bekam er eine Wohnung gestellt, wenn er nicht auf dem Platz stand, büffelte er in der Schule für sein Abitur. Ab und an durfte er bei den Profis mittrainieren, erlebte, wie sich erfahrene Haudegen wie Michael Thurk oder Axel Bellinghausen in die Zweikämpfe schmissen. Am Ende entschied sich der Klub gegen Schmidt. „Ein, zwei Jahre lang war ich danach noch enttäuscht, dass es nichts mit dem Profifußball geworden ist“, gesteht Schmidt. Jedoch grämt sich der mittlerweile gestandene Fußballer längst nicht mehr, vor allem, weil seine Augsburger Zeit auf einer anderen Ebene ein voller Erfolg war: Hier lernte er seine Freundin Anja aus Gersthofen kennen. Mit ihr ist er mittlerweile seit neun Jahren liiert.

Am liebsten eine Doppelrolle
Dass er nun als Ostbayerns Fußballer des Jahres nominiert ist, freue ihn sehr. Ob es zum Sieg reicht? „Mal sehen“, als Torwart habe man es im Vergleich zu Stürmern wohl schwerer, mutmaßt Schmidt, der sowieso „am liebsten Torwart und Feldspieler“ wäre. Hinten die Bälle halten und vorne knipsen, so wie einst, als er noch für die DJK Ammerthal einen Elfer versenkte, das wär‘s. Doch aus dieser Doppelrolle dürfte nichts werden. Das legt die Aussage von ASV-Torwartcoach Dieter Fink nahe. „Er ist ein herausragender Torwart und hinten besser aufgehoben als draußen“. Komplett werden sie Kevin Schmidt beim ASV aber nicht im Tor binden können. Sollte sein Team noch einmal in der Schlussminute knapp zurückliegen und sich die Chance für eine Angriffsaktion bieten, wird sich der stürmende Keeper wieder in des Gegners Strafraum stürzen. Das nächste Mal sollte er aber besser seinen Worten Taten folgen lassen, wenn ihm der Ball erneut vor die Füße plumpst.

Aufrufe: 029.11.2017, 09:00 Uhr
Thorsten DrenkardAutor