2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
– Foto: www.paulmedia.lu

Rückblick: Integration über den Fußball

Es sind bereits rund anderthalb Monate her, dass die ASTI die Konferenz „Histoires de football: rouge, blanc noir et toutes les couleurs...“ abhielt. Die Winterpause bietet nun die Zeit, auf dieses Event zurückzublicken.

Gesprächspartner in der Runde waren neben Gastgeber Sergio Ferreira FLF-Vizepräsident Jean-Jacques Schonckert, Historiker und Ex-Jeunesse-Spieler Denis Scuto sowie Ex-Profi, Journalist und aktueller Trainer des CS Grevenmacher, Alvaro Cruz. Unter den anwesenden Gästen verweilte u.a. auch René Kollwelter, früherer Nationalspieler und Politiker.

Scuto holte weit aus

Nach der Begrüßung und Einführung durch Sergio Ferreira referierte Denis Scuto ausführlich über die historischen Fakten der Integration durch den Fußball. Dabei zeigte er den aktuellen Stand der luxemburgischen Nationalmannschaft auf, in der viele Akteure mit ausländischen Wurzeln spielen, vier sind sogar nicht in Luxemburg geboren. Er bedauerte aber, dass es mit einer Ausnahme kaum fundierte Recherchen zu diesem Thema im Großherzogtum gibt. Diese erwähnte Ausnahme ist das Buch „L‘Immigration dans le football luxembourgeois“ von Jean Ketter, dessen Mentor Scuto an der Uni Luxemburg war. Leider war es dann auch so, dass Scuto allzu auf Informationen aus diesem Werk zurückgriff, was Lesern des Buchs von Ketter während der Konferenz kaum Neues bot. Scuto hielt fest, dass die reale Integration über den Fußball bei weitem besser sei als jede Diskussionsrunde zu dem Thema.

Schonckert: Pjanic folgte dem Ruf des Geldes

Zweiter Referent, dem die rund zwanzig anwesenden Zuhörer interessiert folgten, war Jurist und FLF-Vizepräsident Jean-Jacques Schonckert. Seiner Ansicht nach vernachlässigt die Politik immer noch den Impakt des Sports auf die Integration von Ausländern und gerade der Fußball sei eine große Familie, aus der niemand ausgeschlossen werden könnte. Zwar sei der Fußball „universell“, doch – etwas abseits des eigentlichen Themas der Konferenz – gäbe es andere, gravierende Probleme. Jugendliche zeigten kaum noch Respekt, so Schonckert, es würden die einfachsten Umgangsformen fehlen wie ein „Hallo“, „Danke“ oder „Auf Wiedersehen“. Dies wäre eine riesige Baustelle. So käme es bei Jugendspielen zwar kaum zu rassistischen, dennoch oft zu sehr heftigen Beleidigungen von Eltern, denen häufig ebenfalls der Respekt fehle.

Ein Thema, das ebenfalls Ende November im „Cercle Cité“ angesprochen wurde, war die frühere „portugiesische“ Fußballliga in Luxemburg, die es mittlerweile nicht mehr gibt. Jean-Jacques Schonckert war sich nicht zu Schade, unbequeme Themen anzuschneiden. So stellte er die Frage, ob luxemburgische Spieler in diesen portugiesischen Clubs zugelassen waren. Auch zur schwierigen Geschichte Miralem Pjanic fand der FLF-Vize deutliche Worte. Der Juve-Star sei eigentlich ein perfektes Beispiel für Integration gewesen, doch er folgte dem Ruf des Geldes und entschied sich so gegen Luxemburg.

Cruz, der "Luxus Portugiese"

Für etwas Heiterkeit sorgte dann CSG-Trainer und Sportjournalist Alvaro Cruz. Dem Ex-Profi von u.a. Vitoria Setubal (P) wurde nach seinem Wechsel zu F91 Düdelingen der Spitzname „Luxus Portugiese“ verpasst, ein nicht böse gemeinter Seitenhieb auf die vielen in Luxemburg lebenden Portugiesen, die mit weniger Mitteln ins Großherzogtum kamen. Für Cruz bietet der ursprüngliche Geist des Fußballs die perfekte Basis für eine gelungene Integration. Kinder und Jugendliche wollen einfach Fußball spielen, egal ob es sich bei ihren Mitspielern um Luxemburger oder Ausländer handelt. Leider sei der populärste Sport der Welt heute aber oft nur noch Business, so seine Einschränkung. Und da der Fußball laut Cruz eine Quelle der Inspiration für die Kinder sei, fällt es nicht schwer, sich auszumalen, dass auch mal schlechten Beispielen gefolgt wird. Selber sei er übrigens damals in Luxemburg sehr gut aufgenommen worden!

Nach einer offenen Diskussion ging die löbliche Konferenz, die leider zu einem für viele potenzielle Interessenten ungünstigen Zeitpunkt stattfand, zu Ende. Ein Thema, das in Luxemburg sehr aktuell ist, aber im offiziellen Teil der Runde leider nicht angeschnitten wurde und doch gerade für die Integration so wichtig ist, war das der Sprache. Es bleibt die Erkenntnis, dass in Sachen Integration über den Fußball dennoch Vieles richtig gemacht wurde und wird, die wirklichen Probleme entstehen eher an anderen Stellen, wie das von Jean-Jacques Schonckert erwähnte Fehlen von Disziplin und Respekt sowie der ewige Lockruf des Geldes.

Aufrufe: 011.1.2020, 10:00 Uhr
Paul KrierAutor