2024-05-02T16:12:49.858Z

Kommentar
Dem SV Wiesbaden offenbaren sich auf sportlicher und struktureller Ebene auf dem Weg in Richtung Regionalliga noch einige Probleme. Archivfoto: Vigneron.
Dem SV Wiesbaden offenbaren sich auf sportlicher und struktureller Ebene auf dem Weg in Richtung Regionalliga noch einige Probleme. Archivfoto: Vigneron.

Als ,,Realos" in Richtung Regionalliga

SV Wiesbaden: Höhenflug nur mit Schritt-für-Schritt-Strategie

Wiesbaden. Eintracht und FSV, Bayern und 1860, HSV und St. Pauli, 1. FC und Fortuna - in den großen Städten Frankfurt, München, Hamburg und Köln können zwei Klubs im Profibereich existieren. In der Vergangenheit spielten sie - bis auf Frankfurt - sogar schon gleichzeitig in der Bundesliga. Doch würde das im Spektrum Dritte Liga und Regionalliga auch in der rund 280 000 Einwohner zählenden Kurstadt Wiesbaden funktionieren?

Allein der Mut, dass Traditionsklub SV Wiesbaden unter dem Vorsitz von Hauptsponsor Andreas Reich den erklärten Versuch unternimmt, sich dem unmittelbaren Nachbarn SV Wehen Wiesbaden ligamäßig anzunähern, nötigt Respekt ab. Wachsen der ehrgeizigen, aber wenig konstanten Mannschaft dauerhaft Flügel, wie in den Heimspielen gegen Eschborn (6:2) und Seligenstadt (5:0), könnte es tatsächlich noch zu Platz zwei und damit zur garantierten Teilnahme an den Aufstiegsspielen gegen die Vertreter der Oberligen Südwest und Baden-Württemberg reichen. Womöglich sogar zum Aufstieg in die Regionalliga.

Selbst überholt?

In diesem Fall hätte sich der Verein quasi selbst überholt, wäre auf eine Bühne vorgeprescht, der er sportlich (alle Spielerverträge laufen nach dieser Runde aus) wie strukturell wohl noch gar nicht gewachsen wäre. Schließlich heißt Regionalliga: Spielstätte mit Zäunen für getrennte Fanlager, Berücksichtigung der Interessen der Leichtathleten, verstärkte Kooperation mit der Stadt, etliche zusätzliche Räumlichkeiten, deutlich mehr Manpower und Optionen auf weitere Trainingsstätten, dazu eine zweite Mannschaft, etwa auf Verbandsliga-Ebene, Nachwuchsteams, die in A-, B- und C-Jugend in der Hessenliga spielen. Von diesem Rahmen ist der Sportverein noch eine gewaltige Wegstrecke entfernt. Nach der Formel ,,Reich gleich Regionalliga" zu denken, wäre ohnehin fatal. Es geht nur mit einer gut vorbereiteten und kalkulierten Schritt-für-Schritt-Strategie. Die zündet einzig, wenn sich weitere Förderer finden lassen, die ebenfalls bereit sind, beständig reichlich reinzubuttern. Um aber in Wiesbaden verborgenes Sponsoren- und Zuschauer-Potenzial zu aktivieren - solches, das der SV Wehen Wiesbaden noch nicht an Land gezogen hat - braucht es jedoch Zeit, Geduld und hohen Arbeitseinsatz.

Das wissen Andreas Reich, Schatzmeister Rainer Wehner, Trainer Djuradj Vasic, Geschäftsführer Alexander Seitz und die breit aufgestellte Vorstands-Crew. Nichts erzwingen, nichts überstürzen, sondern zielgerichtet auf eine erfolgreiche Zukunft hinarbeiten. Einen etwaigen Aufstieg werde man nicht ablehnen, es sei aber auch kein Beinbruch, wenn es 2015 noch nicht klappe, so Seitz. Als ,,Realos" in Richtung Regionalliga planen - das hört sich vernünftig und weitsichtig an. So gesehen ist der ,,Fuß-Ball" des SVW am vergangenen Freitag im feinen Ambiente der Wiesbadener Casino-Gesellschaft als Aufbruchsignal zu sehen. Als erster Schritt, neue Gönner und Sympathisanten zu gewinnen. Andreas Reich und Co. stehen bislang für seriöses Arbeiten. Das könnte den aufwendigen Prozess hin zu Wachstum auf Raten befeuern.



Aufrufe: 07.3.2015, 15:00 Uhr
Stephan NeumannAutor