2024-05-02T16:12:49.858Z

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Seit mehr als 40 Jahren Schiedsrichter: Zahlreiche Erinnerungsstücke dokumentieren im heimischen Arbeitszimmer die Laufbahn des Club-Fans Horst Vogel.	Foto: Alois Thoma
Seit mehr als 40 Jahren Schiedsrichter: Zahlreiche Erinnerungsstücke dokumentieren im heimischen Arbeitszimmer die Laufbahn des Club-Fans Horst Vogel. Foto: Alois Thoma

2000 Spiele in 40 Jahren

Warum Horst Vogel seine Leidenschaft auch als Fast-Siebziger mit Herzschrittmacher nicht ins Abseits stellt

„Ich bin gern Schiedsrichter“ steht auf dem Trikot, das Horst Vogel gerne überstreift. Und wenn einer das mit Fug und Recht von sich behaupten kann, dann er. Seit über 40 Jahren nämlich greift er regelmäßig zur Pfeife, um Fußballspiele zu leiten und für Recht und Ordnung auf dem Rasen zu sorgen. Unlängst pfiff er in Röfingen das 2000. Spiel in seiner Laufbahn an.

Beinahe freilich wäre es nichts geworden mit dem Jubiläumsspiel. Es war im März vergangenen Jahres. Da sank Schiedsrichter Horst Vogel bei einem A-Jugendspiel plötzlich bewusstlos zu Boden. „Ich war kurze Zeit weg“, erinnert sich der 69-Jährige. Aber er fing sich wieder, brachte die Partie ohne weitere Probleme über die Bühne. Ein ähnlicher Aussetzer tags darauf hatte einen Besuch im Krankenhaus zur Folge. „Wie ich später erfuhr, musste ich ins Leben zurückgeholt werden. Da kam ich schon ein bisschen ins Grübeln“, verrät Vogel.

Fortan mit einem Herzschrittmacher versehen, ließ sich der Krumbacher aber nicht entmutigen und war eifriger denn je: Im vergangenen Jahr hat er 73 Spiele gepfiffen, heuer ist er bereits bei 48 angelangt.

Horst Vogel, der im September den 70. Geburtstag feiert, zählt zu den Standhaften in der Schiedsrichter-Gruppe Westschwaben. Während viele Nachwuchs-Unparteiische schon bald wieder die Pfeife ins Korn werfen, bringen den Krumbacher selbst die unqualifiziertesten Kommentare nicht aus der Bahn.

Aufforderungen, in seinem Alter doch mit dem Pfeifen aufzuhören, ärgern den 69-Jährigen besonders. Vor allem deshalb, weil er weiß, dass es ohne die „Alten“ noch schwieriger ist, alle Spiele mit geprüften Schiedsrichtern zu besetzen. „Freilich kann man nicht mehr so auf Ballhöhe sein wie früher, aber ich bemühe mich wenigstens“, wirbt Vogel um Verständnis.

Der eingefleischte Fan des 1. FC Nürnberg war auch einer, der (wenn es sein musste) den Vereinen die Gelbe oder Gelb-Rote Karte vorgehalten hat. Vor allen denjenigen, die selbst keinen Schiedsrichter stellten, mit der Kritik an den Leistungen von Unparteiischen aber schnell bei der Hand waren. Immer wieder hat er auf den Schiedsrichtermangel aufmerksam gemacht, Neulingskurse angeboten und ist selbst eingesprungen, wenn Not am Mann war. „Heuer habe ich einmal in einer Woche fünf Spiele geleitet. Da geht man schon an seine Grenzen“, berichtet der Jubilar.

Aber er möchte seine Leidenschaft auch nach 40 Jahren nicht ins Abseits stellen. Dazu ist sie dem ehemaligen technischen Angestellten zu wertvoll. „Es war immer eine gute Möglichkeit, nach beruflichem Stress abzuschalten. Und als Pensionär bleibe ich in Bewegung und das an der frischen Luft. Man hält sich geistig fit, geht – weil man ja einen Spielauftrag hat – selbst bei schlechtem Wetter raus und kehrt zufrieden heim. Was will man mehr?“, gewinnt der Krumbacher seinem Hobby viele positiven Seiten ab.

In seiner Laufbahn hat Horst Vogel natürlich immer wieder mal Kritik bei seinen Spieleinsätzen zu hören bekommen. Er war und ist aber auch stets selbstkritisch gewesen. „Natürlich bin ich nicht fehlerfrei, aber ich stehe dazu“, unterstreicht er, um dann einen Vergleich zu ziehen: „Wenn wir Schiedsrichter so viele Fehler machen würden wie manche Spieler, das wäre eine Katastrophe…“

Übrigens: „Katastrophen“ hat Vogel in seiner Laufbahn keine erlebt. Lediglich ein Spielabbruch (nach Tätlichkeit an ihm) steht zu Buche. Auch mit Platzverweisen ist er sparsam umgegangen. „Ich bin kein Freund von Roten Karten, höchstens ein Spieler hat danach gebettelt“, versichert Vogel. Groß Nachkarten ist ebenfalls nicht die Sache des 69-Jährigen. Nach dem „Hipp-Hipp-Hurra!“ ist für ihn normalerweise das Spiel gelaufen, die Ereignisse und Entscheidungen der vergangenen 90 Minuten sollten beim Händedruck vergessen sein.

Nicht in Vergessenheit geraten sind bei Horst Vogel die schönen Momente in seiner Laufbahn als Schieds- und Linienrichter. Dazu zählt er ein Treffen mit Bundesliga-Schiedsrichter Dr. Markus Merk ebenso wie den Einsatz bei den Freundschaftsspielen des TSV Krumbach gegen den 1. FC Nürnberg, des FC Reflexa Rettenbach gegen die Amateure des FC Bayern München oder des VfR Jettingen gegen die Traditionself des TSV 1860 München.

40 Jahre Engagement im Schiedsrichterwesen werden für jeden sichtbar, der einen Blick ins Arbeitszimmer von Vogel wirft. Unzählige Wimpel, Urkunden oder sonstige Erinnerungsstücke schmücken die Wände. Besonderen ideellen Wert haben für den Krumbacher die Goldene Ehrenmedaille der Stadt Krumbach für Verdienste im Ehrenamt und die Ernennung zum Ehrenobmann der Gruppe Westschwaben, deren Geschicke er von 1992 bis 2010 als Obmann leitete.

1972 erfolgte der Anpfiff für Vogels Laufbahn als Unparteiischer in seiner Heimatgruppe Höchstädt-Aisch. Der Schlusspfiff für den gebürtigen Bamberger wird sicher in der Gruppe Westschwaben erfolgen. Aber wann? Terminlich will er sich nicht festlegen. Eine Entscheidung hat der Unparteiische aber bereits getroffen: „Wenn es mal so weit ist, dass ich aus dem Mittelkreis nicht mehr heraus komme, höre ich auf.“

Aufrufe: 028.8.2014, 14:27 Uhr
Mittelschwäbische Nachrichten / Alois ThomaAutor