2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Steffen Taferner (2.v.l.) hat mit dem 1. SC Gießen-Sachsenhausen viele Auf- und Abstiege miterlebt.	Foto: Seva
Steffen Taferner (2.v.l.) hat mit dem 1. SC Gießen-Sachsenhausen viele Auf- und Abstiege miterlebt. Foto: Seva

»In dritter Halbzeit besser als den ersten beiden«

TREUE TRAINER: +++ Beim 1. SC Gießen-Sachsenhausen setzt Übungsleiter Steffen Tafferner seit Jahren auf Kameradschaft und Ehrlichkeit +++

Gießen. Dass ein Trainer heutzutage über mehrere Jahre bei einem Verein bleibt oder gar nach seiner Spielerlaufbahn den Trainerposten beim gleichen Team übernimmt, ist selten geworden. Doch genau das kann Steffen Tafferner in seiner Vita vorweisen. 1996 als Spieler zum 1. SC Gießen-Sachsenhausen gekommen, hat dort nach seiner Zeit als aktiver Kicker auch den Trainerposten übernommen.

Doch der Reihe nach. Tafferner begann im Alter von fünf Jahren bei der TSG Dorlar mit dem Fußballspielen. Später folgten Stationen beim SC Waldgirmes (Landesliga), wieder beim Heimatverein Dorlar, Steindorf und schließlich Sachsenhausen (unter anderem auch Bezirksoberliga). „Dort habe ich übrigens auch meine Frau kennengelernt,“ berichtet der Coach, während er in Erinnerungen an seine aktive Zeit schwelgt. Während dieser Periode hat er vor allem als Sechser gespielt. „Ich war ein Rackerer und Kämpfer, der auch den Zweikampf nicht gescheut hat und für den die Laufbereitschaft sehr wichtig war. Bei Sachsenhausen habe ich mich dann nochmals verbessert, auch dank der Coaches wie Baumann, Günther oder Becker. Da hatten wir schon echt gute Trainer.“ Seine Spielphilosophie von damals, immer für das Team da zu sein, will er auch heute als Übungsleiter an seine Jungs weitergeben. „Außerdem stehen Ehrlichkeit und Ehrgeiz für mich im Vordergrund. Und auch die Gemeinschaft abseits des Platzes – vor allem nach dem Spiel. Das ist diese Saison bei uns überragend. Ich will fast sagen, dass wir bei manchen Spielen in der dritten Halbzeit besser sind als in den ersten beiden“, erklärt der 47-Jährige lachend.

Auf die Frage, welches Ereignis Tafferner als Trainer besonders im Gedächtnis geblieben ist, antwortet er nach kurzem Nachdenken: „Das ist der Aufstieg in die A-Klasse, als wir Meister geworden sind, ohne das letzte Spiel zu bestreiten.“ Es war Ende Mai 2018, als am letzten Spieltag der Gegner Hellas Gießen etwa eine halbe Stunde vor Anpfiff abgesagt hatte. Die Folge war eine 3:0-Wertung für Sachsenhausen und der Aufstieg. Wäre dieses Spiel verloren gegangen, hätte der Aufsteiger FC Großen-Buseck geheißen.

Auch wenn früher nicht alles besser war, vermisst Tafferner heutzutage ein wenig „die Hilfsbereitschaft einiger Kicker untereinander während des Spiels“, sagt er. „Früher hatten wir mehr Spieler, die füreinander da waren und sich gegenseitig geholfen haben, wenn mal einer einen Fehler gemacht hat.“ Heute sehe der Übungsleiter viele „Playstation-Kicker“, die teilweise „zu viel von sich halten und sich auch überschätzen“. Nichtsdestotrotz fühlt sich der Mittelhesse bei seinem aktuellen Verein nach wie vor pudelwohl und will Corona-unabhängig – solange es berufsbedingt und gesundheitlich noch geht – auch weiter Vollgas für seinen SC geben. „Der Verein steht und stand immer hinter mir, auch wenn es mal nicht so gut lief. Und solange das so bleibt und die Spieler auch bleiben und nicht jede Saison nahezu die komplette Mannschaft ausgetauscht wird, spricht vieles dafür, weiterzumachen. Auch mit meinem Co-Trainer Nicodemo (Birkenfelder, Anm. d. Red.) ist die Zusammenarbeit super.“

Somit steht mit Sachsenhausen also alles bereit für einen Wiederaufstieg in die A-Liga. Vielleicht noch nicht in dieser Spielzeit, aber möglicherweise schon nächste. Zumindest solle das Team zusammengehalten werden, um das kurzfristige Ziel, die B-Klasse wieder zu verlassen, zu verwirklichen.



Treue Trainer

Wer tut sich das denn an? Über Jahre bei Wind und Wetter Mannschaften für die Saison fit machen, mal für die A-, mal die B-Liga, vielleicht auch mal ein paar Etagen höher- Das muss man wollen, muss man können. Das muss eine Leidenschaft sein und zur Leidenschaft werden. Deshalb stellen wir in loser Folge „treue Trainer“ vor, vereinstreue Trainer oder auch welche, die dem Amt treu bleiben, über Jahrzehnte in den Ligen Mannschaften betreuen, wo es nicht um schnöden Mammon geht und manchen gar nicht mehr viel beizubringen ist. Weil sie alles zu können glauben – oder auch das Talent begrenzt ist. (rd)

Aufrufe: 09.11.2020, 06:00 Uhr
Vincent Renken (Gießener Anzeiger)Autor