2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Nicht nur wie hier im Bild hat Tim Danhof (mi.) das Kleeblatt hinter sich gelassen. Der 22-Jährige ist angekommen in Schweinfurt.
Nicht nur wie hier im Bild hat Tim Danhof (mi.) das Kleeblatt hinter sich gelassen. Der 22-Jährige ist angekommen in Schweinfurt. – Foto: Frank Scheuring

»Ich fühlte mich ausgebrannt«

Viel läuft über ihn: Tim Danhof (22) drückt dem Spiel des 1. FC Schweinfurt 05 seinen Stempel auf +++ Warum der Schritt zu den Schnüdeln für ihn genau der richtige war

Eine halbe Stunde ist in Burghausen gespielt, da fahren die Schweinfurter einen Konter. Unwiderstehlich zieht Tim Danhof aus der eigenen Hälfte heraus einen Sprint an, überholt seinen Teamkollegen und bekommt den Ball serviert. Abgezockt wie ein alter Hase lässt der 22-Jährige zwei Gegenspieler ins Leere grätschen und schließt dann ab. Nur der Pfosten steht dem sechsten Saisontreffer des ehemaligen Fürthers im Weg. Dennoch eine klasse Aktion, gepaart mit viel Tempo und Dynamik! Tim Danhof hat sich zu einem Fixpunkt im Mittelfeld der Schnüdel gemausert. FuPa hat sich mit dem gebürtigen Herzogenauracher darüber unterhalten, warum es für ihn nach zwölf Jahren in Fürth im Sommer an der Zeit war, zu neuen Ufern aufzubrechen.
FuPa: Tim, im Sommer hast du in Schweinfurt ein neues Kapitel aufgeschlagen. Wie fällt dein erstes Fazit nach knapp einem halben Jahr aus?
Tim Danhof (22): Ich bin positiv überrascht, ich fühle mich in Schweinfurt total wohl. Ich spüre hier das Vertrauen, es ist alles sehr familiär. Wir haben hier eine super Truppe. Es war der richtige Schritt.

Du hast zuvor satte zwölf Jahre im Nachwuchsbereich der SpVgg Greuther Fürth verbracht. Im schnelllebigen Fußball fast eine Ewigkeit. Wie schwer ist dir der Abschied gefallen?
Das war schon eine große Sache für mich, schließlich habe ich fast meine ganze Jugendzeit beim Kleeblatt verbracht. Natürlich hält man da inne und blickt ein wenig wehmütig zurück. Aber der Abschied fiel mir am Ende sogar leicht, leichter als ich gedacht hatte.

Wie meinst du das?
Nach so einer langen Zeit brauchte ich einfach einen Tapetenwechsel. Ich fühlte mich ausgebrannt und musste raus aus der Komfortzone, mal weg von Zuhause. Ich habe ja noch daheim in Herzogenaurach gewohnt. Ich bin mir vielleicht auch selbst im Weg gestanden, wollte es zu verbissen schaffen, in Fürth Profi zu werden. In Schweinfurt muss ich mich in einem komplett neuen Umfeld beweisen. Das ist eine schöne Aufgabe für mich, ich mag positiven Druck.

Schweinfurt vs. Fürth: Der Unterschied ist groß.

Schweinfurt und Fürth II spielen in derselben Liga. Dennoch liegen - nicht nur in Sachen Zuschauerinteresse - Welten zwischen beiden Teams. Siehst du das ähnlich?
Schweinfurt ist schon eine ganz andere Hausnummer als das, was ich in Fürth kennengelernt habe. Für die Nachwuchsmannschaft eines Profiteams interessieren sich ein paar Sympathisanten, einem "normalen" Herrenteam wird eine ganz andere Aufmerksamkeit zuteil. In Fürth stand auch vielmehr der Ausbildungsgedanke im Vordergrund. Einzelinteressen spielten eine größere Rolle. Klar, jeder will den nächsten Schritt machen, den Sprung in den Profibereich schaffen. Da gibt`s eben auch viel Konkurrenzdenken. Freilich, auch in Schweinfurt verfolgen die Spieler individuelle Interessen, das ist ja ganz klar und völlig normal. Aber der Teamgedanke spielt doch eine bedeutend größere Rolle.

Blicken wir bisher auf deine sportliche Bilanz, die sich wahrlich sehen lassen kann. Du hast dich zum absoluten Stammspieler gemausert. Zu Beginn bist du allerdings auf der Bank gesessen. Hattest du Anlaufschwierigkeiten?
Nein, das würde ich nicht sagen. Ich hatte mir ja ausgerechnet bei meinem letzten Spiel für Fürth einen Sprunggelenksbruch zugezogen und verpasste damit die Vorbereitung auf die laufende Saison. Schon am dritten Spieltag gegen Burghausen durfte ich von Anfang an ran. Zudem ist mir ein Positionswechsel entgegengekommen. Ich spiele jetzt immer auf der Zehn oder der Acht, also im Zentrum. Ich mag es, das Spiel zu gestalten. Schnelles, dynamisches Umschaltspiel liegt mir, denn davor war ich zumeist auf der Außenbahn unterwegs.
Jubel, Trubel, Heiterkeit: Tim Danhof konnte sich bisher fünfmal in die Torschützenliste eintragen.
Jubel, Trubel, Heiterkeit: Tim Danhof konnte sich bisher fünfmal in die Torschützenliste eintragen. – Foto: Frank Scheuring


In der kurzen Zeit hast du auch schon einen Trainerwechsel miterlebt. Wie war die Entlassung von Timo Wenzel für dich?
Schwierig. Klar, das gehört zum Fußball irgendwie auch dazu und war jetzt auch nicht der erste Trainerwechsel für mich. Aber du baust dir zusammen etwas auf, du wächst als Gruppe zusammen. Zu Beginn haben wir richtig gut performt, sind dann leider außer Tritt geraten. Dass der Verein dann so reagiert hat, das muss man einfach akzeptieren.

Aus Sicht eines Spielers: Warum lief nach dem vielversprechenden Start plötzlich im Oktober nicht mehr viel zusammen?
Wenn ich das so genau wüsste. Fakt ist, wir haben unsere Leichtigkeit, die uns zu Beginn ausgezeichnet hatte, verloren. Ein Grund könnte sein, dass es für viele von uns die erste Station im Senioren-Profibereich ist. Du hast da schon ganz anderen Druck wie in den Nachwuchsteams. Damit muss man erst umzugehen lernen. Das könnte eine Rolle gespielt haben.

Ein Blick auf die nüchternen Zahlen gibt der Vereinsführung recht. Die ersten beiden Partien unter Neu-Coach Tobias Strobl konntet ihr siegreich gestalten.
Der frische Wind hat uns vielleicht gut getan, ja. Wir haben uns aus der Krise befreit. Wir agieren jetzt mit einem etwas abgeänderten System, der Kader wurde komplett durchgewürfelt. Alle stehen wieder bei null. Das macht uns im Moment unberechenbarer und eklig für die Gegner.

»Zocker« Danhof: Noch ist nichts entschieden.

Inwieweit unterscheiden sich Timo Wenzel und Tobias Strobl?
Zwischenmenschlich ist da kein großer Unterschied. Die Spielauslegung ist aber etwas anders. Unter Tobias Strobl geht`s noch mehr darum, den Ball zu haben, Fußball zu spielen. Das kommt Zockern wie mir, die aus einem Nachwuchsleistungszentrum kommen und immer die Kugel haben wollen, entgegen. Ich mag diese Spielweise sehr.

Zwei Partien sind es noch, bis die Winterruhe in der Regionalliga Bayern Einzug hält. Zwei Heimspiele gegen Rain und Rosenheim stehen an. Auf dem Papier durchaus lösbare Aufgaben.
Es muss unser Anspruch sein, die zwei Heimspiel vor der Winterpause zu gewinnen. Dann können wir als Tabellenzweiter zufrieden in die Pause gehen. Und ich bin nach wie vor von uns überzeugt. Auch wenn es derzeit acht Punkte Rückstand sind auf Türkgücü, wir können unser großes Ziel noch erreichen.

Zum Abschluss ein Blick über den Tellerrand hinaus: Was, wenn es nichts wird mit der großen Profikarriere?
Darüber mache ich mir ehrlich gesagt keine großen Gedanken. Planen kann man im Fußball ohnehin nicht viel. Eine schlimme Verletzung, und alles kann vorbei sein. Primäres Ziel ist es deshalb - oder besser gesagt der Wunsch wäre es - gesund zu bleiben. Wichtig war mir immer ein zweites Standbein, deshalb habe ich auch zuhause in Herzogenaurach bei Adidas eine Ausbildung zum Industriekaufmann abgeschlossen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass ich nächstes Jahr ein Fernstudium der Ernährungswissenschaften aufnehme. Das würde mich sehr interessieren. Mir ist es schon auch wichtig, dass ich meinen Kopf beanspruche. (schmunzelt)

Das Interview führte Mathias Willmerdinger.
Aufrufe: 020.11.2019, 17:31 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor