2024-04-30T13:48:59.170Z

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Einer der Vorreiter im Wormser Jugendfußball: Wie hier bei der F-Jugend des Vereins und Trainer Adrian Sroka, liegen die Prioritäten des TuS Hochheim auf der eigenen Nachwuchsarbeit.
Einer der Vorreiter im Wormser Jugendfußball: Wie hier bei der F-Jugend des Vereins und Trainer Adrian Sroka, liegen die Prioritäten des TuS Hochheim auf der eigenen Nachwuchsarbeit. – Foto: Christine Dirigo/pakalski-press

Wormser Jugendfußball: "Der völlig falsche Weg"

TuS Hochheim und der SV Horchheim investieren in den Nachwuchs +++ Andere Wormser Vereine machen das nicht

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Worms. Der Jugendfußball in Worms und Umgebung. Immer ein Thema in der Stadt. Einige Klubs fallen schon seit Jahren mit einer engagierten Arbeit im Unterbau auf. Für andere Vereine dagegen ist die Jugend offenbar nur ein Klotz am Bein. Andreas Großmann, der Abteilungsleiter des TuS Hochheim, und Wilfried Adelfinger, der Boss des SV Horchheim, sind über die Klubs und vom DFB enttäuscht.

Frust beim Abteilungsleiter des TuS Hochheim

„Mich nervt das kolossal“, sagt Andreas Großmann und macht seinem Unmut Luft: „Wir stecken ganz viel Arbeit, Zeit und Mühe ehrenamtlich in die Jugendarbeit. Und dann werben andere Vereine die jungen Leute mit viel Geld ab, ohne dass wir eine Entschädigung bekommen. Das finde ich überhaupt nicht gut und teilweise auch schäbig.“ Der Fußball-Abteilungsleiter des TuS Hochheim hat bereits in der Vergangenheit immer wieder einmal angemahnt, dass die Wormser Fußballvereine in die eigene Jugendarbeit zu wenig investieren. Seit mehr als 20 Jahren ist er in die Geschicke des TuS Hochheim involviert. Sowohl die Bezirksligazeiten als auch die Phasen in den unteren Ligen hat er mitgemacht. Großmann kennt zahlreiche Personen im Wormser Fußball. Seine Meinung hat Gewicht.

Der TuS Hochheim ist, was die Jugendarbeit im Fußball betrifft, ein Vorzeigeklub. „Bis auf die A-Jugend haben wir alle Jugendmannschaft besetzt. Die Erste Mannschaft, die in der Fußball-B-Klasse spielt, besteht fast aus der Hälfte aus Akteuren, die in der vergangenen Runde noch bei unseren A-Junioren gespielt haben. Aus der B-Jugend kommen zahlreiche Spieler im Sommer 2024 raus, eine A-Jugend wird es also in der kommenden Runde in Hochheim auch wieder geben“, sagt Großmann und betont: „Wir investieren im Jahr sehr viel Geld in die Jugendarbeit.“ Fast 10.000 Euro habe der Klub zuletzt pro Saison für die fußballbegeisterten Kinder und Jugendliche ausgegeben. „Und dann nervt mich, was so manche Vereine in der Stadt von sich geben, dass sie zum Beispiel in die Landesliga aufsteigen wollen. Da frage ich mich? Ist das nachhaltig. Meist spielen da doch nur Söldner, die mit Geld geholt werden. So manche Mannschaft löst sich sogar wieder auf. Diese Klubs machen keine Jugendarbeit und machen dann so was. Für mich ist das der völlig falsche Weg.“

Fakt ist: Weil die Jugendarbeit in vielen Vereinen massiv eingestampft oder sogar komplett eingestellt wurde, beginnt schon in den unteren Amateurligen das Ringen um die Spieler. „Bei uns gibt es kein Geld“, macht Großmann klar und erzählt aus dem Nähkästchen: „Ein Spieler wollte zu uns wechseln und sagte mir, ich soll ihm einen Betrag hinterlegen, dann kommt er. Ich habe ihn gefragt: Für was? Der sollte lieber einen Kasten Bier mitbringen, damit er bei uns spielen kann.“

Nicht jeder Wormser Fußballverein investiert in den Nachwuchs

Die fast 500 Mitglieder des Vereins zahlen einen Jahresbeitrag. Zusätzlich wird der Verein von lokalen Sponsoren unterstützt. Statt in die erste Mannschaft investiert der Verein in die Jugend, besorgt die Ausrüstungen der Mannschaften und stellt die passenden Rahmenbedingungen. „Die Philosophie muss stimmen. Und die Basis muss erkennen, dass es in diesem Bereich nur um die Jugend geht.“

Wilfried Adelfinger denkt genauso. „Jeder Verein muss eben wissen, was er macht. Wir setzen schon seit Jahren auf eine gute Jugendarbeit. Unsere Erste Mannschaft in der Bezirksliga besteht überwiegend aus Eigengewächsen, da sind wir stolz drauf“, sagt der Erste Vorsitzende des SV Horchheim.

Andere Klub in Worms denken anders. Der TuS Neuhausen und der ASV Nibelungen Worms haben ihre Jugendarbeit aufgegeben (bei den Nibelungen gibt es inzwischen aber wieder eine D-Jugend). Die Erste Mannschaft steht im Fokus und die Klubs wollen über sportlichen Erfolg mit dem Aushängeschild „Aktiven-Mannschaft“ auf sich aufmerksam machen und Sponsoren locken. Großmann und Adelfinger nervt das. Denn: So mancher Klub der Gruppe Neuhausen/Nibelungen habe inzwischen schon einige Jugendspieler des SVH oder TuS zu sich gelockt. Offenbar mit „Taschengeld“. „Die machen mit den Jungs einen Amateurvertrag in der Bezirksliga und kommen damit durch. Das ist eine Regel, bei der der DFB mal Änderungen anstreben könnte“, erklärt Großmann.

Auch Adelfinger ist darüber nicht erfreut. „Es gibt ja Ausbildungsentschädigungen – normalerweise. Aber bei einem Amateurvertrag bekommen wir nichts“, klagt der Horchheimer Vorsitzende, der aber nicht wirklich auf den DFB hofft. „Da oben wird immer von der Jugendarbeit an der Basis geredet. Wir haben ja die Tonino-Tore bekommen. Weil die Auflagen eben sagen, in der Jugend muss das gemacht werden. Aber diese kleinen Tore gehen ja auch irgendwann kaputt. Auf Nachfrage, ob der DFB Ersatz schicken könne, haben wir die Antwort bekommen, dass wir sie selbst zahlen müssen.“ Allzu große Hoffnung auf Besserung habe er also nicht. Andreas Großmann sieht das genauso. Es sei viel plakativ, was der DFB mache, aber in der Realität nichts dahinter. Für ihn ist deshalb fast klar: „Der Fußball-Amateursport, so wie wir ihn kennen, geht kaputt. In Worms werden wir wohl schon in fünf Jahren nicht mehr viel davon sehen.“

Dieser Text wird euch kostenlos zur Verfügung gestellt von der Allgemeinen Zeitung und Wormser Zeitung.

Aufrufe: 028.10.2023, 08:00 Uhr
Reiner BohlanderAutor