2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview der Woche
– Foto: System/ Stock.Adobe

"Tradition der Stadtmeisterschaft muss erhalten werden"

Nachspielzeit mit Andreas Großmann +++ Abteilungsleiter des TuS Hochheim freut sich auf die Ausrichtung der 55. Ausgabe von 15. bis 30 Juli +++ Kritik an der Einstellung zur schönsten Nebensache der Welt +++ "Wormser Fußball hat einige Schritt rückwärts gemacht"

In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Andreas Großmann. Der Abteilungsleiter Fußball des TuS Hochheim äußert sich über die Wormser Stadtmeisterschaft, die sein Klub im Sommer ausrichten wird. Aber auch zum Rückgang der Jugendmannschaft und anderen Problemen des Amateurfußballs im Kreis hat der 54-Jährige eine klare Meinung.

Andreas, von 15. bis 30. Juli findet bei euch auf der Anlage an der Dreihornmühlgasse die 55. Ausgabe der Wormser Stadtmeisterschaft statt. Wie ist der Stand der Dinge?

Vor mittlerweile vielen Jahren war die Stadtmeisterschaft noch ein Pflichttermin im Kalender jedes Fußballfans aus der Region. Leider hat sich in der jüngeren Vergangenheit der Eindruck gefestigt, dass all das etwas verkümmert und die Veranstaltung deutlich an Strahlkraft verloren hat.

Woran machst du das fest?

Generell am Interesse und der Herangehensweise der Vereine. Dass etwa bei der Auslosung vor zwei Wochen drei Vereine fehlen, ohne sich zu entschuldigen, hätte es früher nicht gegeben. Das hat für mich was mit Anstand zu tun, sich da mal eine Stunde Zeit zu nehmen oder sich zumindest abzumelden. Auch das Zuschaueraufkommen hat in den letzten Jahren doch arg gelitten. Ich kann mich noch an Spiele vor 800 bis 1000 Zuschauern erinnern. Das ist heute anders. Dabei wüsste ich im ganzen Südwesten nichts von einem vergleichbaren Turnier. Das ist doch eine Tradition, die es zu pflegen gilt.

Ist dieser Negativtrend noch zu stoppen?

Wir geben auf jeden Fall unser Bestes, das alles professionell zu gestalten und für die Vereine wieder attraktiver zu machen. Über so eine Veranstaltung kann doch jeder hier nur froh sein und mich stimmt es positiv, dass mit Leiselheim, Neuhausen, Nibelungen und Pfiffligheim bereits die nächsten vier Ausrichter feststehen. Als ich noch Trainer bei den Aktiven war, fand ich das Turnier in der Vorbereitung immer schon sensationell gut. Nur Derbys und ein stadtinternes Kräftemessen, etwas Geileres gibt es doch überhaupt nicht und genau deshalb muss man das Turnier am Leben erhalten.

Du hast früher selbst Oberliga gespielt bei der Wormatia, warst Jahrzehnte im Wormser Fußball eine feste Größe, auch als Trainer. Wie beurteilst du die Entwicklung der letzten Jahre?

Der Wormser Fußball ist seitdem einige Schritte rückwärts gegangen. Großen Anteil daran hat vor allem die schlechte finanzielle Situation vieler Vereine sowie die mangelnde Jugendarbeit. Als Konsequenz sind immer mehr Wormser Teams aus den höheren Amateurligen verschwunden.

Du selbst hast dich damals bewusst vom Trainerposten zurückgezogen und vor allem die fehlende Ernsthaftigkeit und Einstellung der Spieler bemängelt. Was meinst du damit?

Meine Triebfeder als Spieler und Trainer war immer der Spaß. Ich wollte mit meinen Kumpels eine gute Zeit haben und sooft es geht Fußball spielen. Heute ist das anders: da wollen alle nur noch gewinnen und Erfolg. Doch Fußball hat auch was mit Leidenschaft und Identifikation zu tun, aber das gibt es heute kaum noch. Ich habe mir damals gesagt, wenn die Flamme aus ist, höre ich auf.

Wie kam es dann genau zu diesem Schritt?

So traurig es klingt, aber die Spieler haben dieses Feuer in mir gelöscht. Mit ihren Ausreden, warum sie nicht zum Training oder zum Spiel kommen konnten. Ich konnte das einfach nicht verstehen und irgendwann auch nicht mehr hören. Einsatz und Zuverlässigkeit haben mir gefehlt. Es ist auch schwer zu sagen, woher es kommt, aber ich glaube es fängt ganz früh an. Die Kinder sehen nicht, was zwischen Profifußball und ganz unten ist. Die sehen nur Messi, Ronaldo oder die Bayern und Paris. Dann verlieren sie den Spaß daran, wenn alles das zu weit weg ist. Das Hauptproblem der Amateurvereine ist meiner Meinung nach, dass der ganze Aufwand, der an der Basis betrieben wird, am Ende niemanden interessiert, weil es fast allen nur noch um Erfolg geht.

Hast du diesen Schritt irgendwann nochmal bereut?

Im Aktiven-Bereich auf keinen Fall. Als Abteilungsleiter habe ich in den letzten Jahren viele Gespräche mit Spielern und anderen Trainern geführt. In keinem einzigen habe ich gehört, dass es demjenigen um Spaß am Fußball geht. Wenn ich aber bei uns auf den Platz gehe und sehe da 120 Kinder dem Ball hinterher rennen, weiß ich wieder, wofür ich das mache. Diese Gedanken, warum man sich das überhaupt noch antut, muss man sich auch dringend machen: Ich mach es für die Kinder, die nichts dafür können, in welche Richtung sich der Fußball entwickelt (hat).

Spielplan der 55. Wormser Stadtmeisterschaft:

Qualifikation (15. Juli): FC Blau-Weiß Worms - FT/Alemannia Worms.

Achtelfinale (16. bis 22. Juli): Ataspor Worms - TuS Hochheim, FSV Abenheim, SV Horchheim, TSV Rhenania Rheindürkheim - SV Normannia Pfiffligheim, ASV Nibelungen Worms - VfR Wormatia Worms II, SV Pfeddersheim - TuS Neuhausen, TuS Weinsheim - SV Leiselheim, Suryoye Worms - TSG Pfeddersheim II, TuS Wiesoppenheim - Sieger BW Worms/Alem. Worms.

Viertelfinale (23./24. Juli)
Halbfinale (26./27. Juli)
Spiel um Platz drei und Finale (30. Juli)

Aufrufe: 07.4.2022, 11:30 Uhr
Martin ImruckAutor