2024-05-28T14:20:16.138Z

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Jessica Wissmann (am Ball, hier gegen den FC Speyer) nimmt das Heft des Handelns in die Hand.
Jessica Wissmann (am Ball, hier gegen den FC Speyer) nimmt das Heft des Handelns in die Hand. – Foto: BK/Axel Schmitz

Treu und richtig gut

Jessica Wissmann trägt seit 20 Jahren das Trikot von TuS Wörrstadt, vier davon als Spielertrainerin

ALZEY. Irgendwie komisch. Der Alltag scheint völlig ausgefüllt. So, als wäre alles wie immer. Und doch ist etwas anders: „Ich wüsste im Moment nicht, wo ich den Fußball noch in meinem Terminkalender unterbringen sollte“, sagt Jessica Wissmann und lächelt.

Früher, das liegt erst gut sechs Wochen zurück, pendelte die 28-Jährige mehrfach wöchentlich zwischen Alzey und Wörrstadt. Sie leitete das Training beim Regionalligisten TuS Wörrstadt. Und jedes Wochenende war sie auf Achse. Mal führte der Spielplan nach Bitburg, mal nach Mainz, mal in den Hunsrück. Eine Gewohnheit, die praktisch von jetzt auf sofort Geschichte war. Das Risiko, sich durch Nähe zu Mitmenschen mit dem neuartigen Corona-Virus zu infizieren, veränderte das Leben von Jessica Wissmann schlagartig. Der Fußball, der sie ihr Leben lang schon begleitet, muss ruhen.

Wie lange das so bleiben wird? „Ich weiß es nicht“, entgegnet Jessica Wissmann und zuckt mit den Schultern. Wohl aber weiß sie, dass das Leder irgendwann wieder rollen wird. Deshalb hat sie am Neuborn ihren Vertrag als Spielertrainerin verlängert. „Ich hoffe, es war keine Vereinbarung, die erst in sieben Jahren verwirklicht wird“, sagt sie schmunzelnd. Ein wenig Humor, das kann in diesen Tagen nicht schaden. Wie sollte man sonst dieser ungewöhnlichen Zeit mit Distanzgebot, Alltagsmasken und täglichen Virologen-Expertisen begegnen?

Zum Glück hat Jessica Wissmann keine Alltagssorgen. Die Arbeit läuft so wie immer. Als Sporttherapeutin an der Rheinhessenfachklinik in Alzey ist das Energiebündel so gut wie unentbehrlich. Die Patienten wollen betreut sein – Corona hin, Corona her.

Ihren Sport bekommt die ehemalige Südwestauswahlspielerin, die kommende Runde ins fünfte Jahr als Spielertrainerin von TuS Wörrstadt geht, ebenfalls gebacken. Es braucht nicht zwingend einen Ball, um sich fit zu halten.

Alle Spielerinnen gehen mit in die nächste Saison

Das, hofft sie, beherzigen auch ihre Spielerinnen. Nein, sie weiß es. Fußballerinnen sind Idealisten, sie betreiben diese Sportart aus tiefster Überzeugung. Daran ändert auch das Virus namens Corona nichts. Erfreulicherweise. Denn Jessica Wissmann plant mit jeder einzelnen, wenn es wieder losgeht. Der Kader wird zusammenbleiben und zum Saisonwechsel ergänzt. Eben daran feilt die 28-Jährige derzeit aktiv.

Grund für Stress besteht nicht. Zwar, sagt Jessica Wissmann, sei es wegen der Corona-Einschränkungen derzeit nicht einfach, Personalfragen zu klären. Doch das tangiert sie nicht. „Wir haben das Glück, dass wir nicht zwingend Neue brauchen. Das entspannt die Sache“.

Wahrscheinlich wird die eine oder andere Junge zum Team stoßen. „Mit denen arbeite ich besonders gerne. Mir macht es Spaß, mit Menschen zu arbeiten, die man noch prägen kann“, sagt die Anhängerin des 1. FC Kaiserslautern. Es ist ihre empathische Art, die ankommt. Und ihr Naturell, Spielerinnen spüren zu lassen, dass man ihnen vertraut. Gerade der Nachwuchs dankt es.

Jessica Wissmann ist authentisch. Sie weiß, wovon sie spricht. Alles, von dem sie redet, hat sie erlebt. Seit 20 Jahren spielt sie für TuS Wörrstadt. Vereinstreue hat einen hohen Stellenwert bei ihr. Auch wenn sie mal zwei Jahre beim TSV Gau-Odernheim Station machte. Eine prima Zeit, erinnert sie sich. Auch wegen des anderen Charakters, den der Klub am Petersberg im Vergleich zur TuS Wörrstadt hat. An eine Meisterschaftssaison kann sie sich noch wie gestern erinnern: „Damals schaute das ganz Dorf zu. Das war eine riesige Euphorie. Und dann schmissen sie in der Wirtschaft eine Runde nach der anderen für uns. Sie haben sich mit uns gefreut, waren glücklich, dass wir die Meisterschaft geholt hatten“.

Pokalsieg der schönste Moment der Karriere

Die bedeutenderen Erfolge feierte Jessica Wissmann mit TuS Wörrstadt. Denkt sie an den Verbandspokal in der vergangenen Saison, leuchten die Augen noch heller als sonst: „Das war echt der Wahnsinn“, erinnert sie sich. Bis zum Finale lieferte ihr Team ein spannendes Spiel nach dem anderen, machte regelmäßig aus aussichtslosen Rückständen Siege. Und dann das Endspiel, das alles toppte. Als die Mannschaft in Heltersberg 1:2 zurücklag. Gegen Schott, die im Gefühl des sicheren Sieges schon den mitgebrachten Sekt aufreihte. Als Loreana Liebetanz praktisch in letzter Sekunde aus völlig unmöglicher Abschlussposition den Ausgleich markierte. Und TuS das Remis bis ins Elfmeterschießen rettete, um schließlich dort den favorisierten Mainzerinnen eine Lektion zu erteilen. Gänsehautfeeling. Heute noch.

Das noch einmal zu erleben, treibt Jessica Wissmann an. Von daher ist es auch gar kein Thema, dass im Kalender auch wieder Zeit für Fußball freigeschaufelt wird. Das würde die Tochter aus traditionsreicher Fußball-Familie am liebsten sogar gleich machen. Noch aber muss sie sich in Geduld üben. Genauso wie Sarah Schmitt und Josephine Rothmann. Beide assistieren Jessica Wissmann, als Cotrainerin beziehungsweise als Physiotherapeutin. Und so wird das auch bleiben. Sie verlängerten ebenfalls ihr Engagement am Neuborn.



Aufrufe: 030.4.2020, 18:30 Uhr
Claus RosenbergAutor