2024-04-30T13:48:59.170Z

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– Foto: Werner Grübl

Portrait-Serie (21): Der Herr der ruhenden Bälle

Ex-Bayernligakicker Alexander Schraml war gefürchtet für seine brandgefährlichen Standards

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Das Corona-Virus hat unseren Alltag momentan fest im Griff. Auf unabsehbare Zeit kann kein Fußball gespielt werden, deshalb möchten wir etwas in die Vergangenheit zurückblicken und uns den Typen widmen, die in den letzten Jahrzehnten herausragende Spielerpersönlichkeiten der regionalen Szene waren. Im 21.Teil der Portrait-Serie steht der frühere Passauer Bayernligaspieler Alexander Schraml (48) im Fokus unserer Fragen.

Schönstes Erlebnis deiner Laufbahn....
Schöne Erlebnisse gab es jede Menge. Aber das kurioseste war sicher, als ich mich in meiner letzten Saison beim SV Riedlhütte beim Auswärtsspiel beim SV Wildenranna in der 89.Minute für einen Freistoß einwechselte und diesen zum 1:0-Siegtreffer verwandelte. Es ging in diesem Spiel um nichts mehr und uns standen nur zwölf Spieler zur Verfügung. Als wir bereits in der ersten Hälfte verletzungsbedingt auswechseln mussten, habe ich mir Fußballschuhe ausgeliehen, die mir allerdings eine Nummer zu groß waren, und mich noch als Notfall-Ersatzspieler umgezogen. Als wir kurz vor Schluss einen Freistoß zugesprochen bekamen, forderten meine Spieler, dass ich mich für die Ausführung einwechseln soll. Ohne Aufwärmen bin ich dann aufs Spielfeld und habe den Ball aus etwa 18 Metern ins Tor geschlenzt


Bester Kicker, mit dem du in einer Mannschaft zusammen gespielt hast....
Falk Zschiedrich. Er war zwar damals in den 90er Jahren zwar schon im Herbst seiner Karriere, aber immer noch eine Klasse für sich. Falk hat Spielsituationen antizipieren können wie kein anderer und konnte somit vielen Zweikämpfen aus dem Weg gehen


Bei welchem Verein hattest du als Aktiver deine schönste Zeit...
Sportlich beim TSV Mauth. Als Dorfverein ohne jegliche finanzielle Mittel haben wir über viele Jahre Großartiges geleistet. Menschlich hatte ich beim SV Riedlhütte die schönste Zeit. In den vier Jahren meiner dortigen Spielertrainer-Tätigkeit habe ich mich in diesem Verein immer pudelwohl gefühlt und bin noch heute mit vielen Leuten in Kontakt


Fußballerisches Vorbild deiner Jugendzeit...
Mario Basler und Marco van Basten


Was nervt dich am heutigen Fußballgeschäft....
Die Spieler sind heutzutage extrem verwöhnt und Selbstkritik ist für viele ein Fremdwort. Die eigene Leistung auf dem Rasen wird nicht mehr hinterfragt, sondern die Schuld sofort bei Trainer, Mitspielern, den Bällen, dem zu langen Rasen oder sonst irgendwas gesucht. Alle sind schuld, nur nicht der Spieler. Die Jungs sind auch dünnhäutiger geworden und lassen sich - egal ob von einem Trainer oder einem Kapitän - kaum mehr etwas sagen, weil jeder alles besser weiß. Früher sind wir nach einem Spiel Nächte lang im Vereinsheim gesessen und dort ist auch mal das eine oder andere vielleicht nicht so schöne Wort gefallen, aber am nächsten Tag war es wieder gut. Das gibt’s heute kaum noch


Hast du irgendetwas in deiner Laufbahn bereut...
Ja, aber das behalte ich für mich

Lieblings-Rückennummer...
8


Gibt es ein Spiel, das du nie vergessen wirst....
Das war der zweite Spieltag der Bezirksoberliga-Saison 1993/1994. Vor etwa 1.000 Zuschauern hatten wir mit dem TSV Mauth den Topfavoriten SV Hutthurm zu Gast, bei dem Ex-Profi Heli Heininger als Spielertrainer das Zepter übernommen hatte. Im Team des Gegners standen Ausnahmespieler wie Laure Traxinger, Sigi Krenn, Hans Dambeck und Reini Völdl. Wir haben 4:3 gewonnen und ich habe als Defensivspieler drei Tore, darunter zwei Freistöße, gemacht


Bester Trainer, den du hattest....
Fred Arbinger. Er hat mich in meiner Passauer Bayernliga-Zeit geprägt und ich habe viel von ihm lernen können. Ein absoluter Fachmann!


Sinnloseste Regel im Fußball....
Die Karten für Trainer. Emotionen gehören zum Fußball dazu und ich finde diese Regel komplett sinnlos


Größte Enttäuschung deiner Karriere...
Das war 2001 der völlig unnötige Abstieg mit dem TSV Mauth aus der Bezirksoberliga. Wir hatten eigentlich eine gute Mannschaft, aber es ist gefühlt alles gegen uns gelaufen. Ich musste wegen einer schweren Ellenbogen-Verletzung lange pausieren und auch unser Mittelfeldmotor Oliver Aigner hat uns verletzungsbedingt monatelang gefehlt


Lieblings-Fußballschuh...
Adidas Copa Mundial


Wo hast du auswärts nie gerne gespielt....
An die Gastspiele bei der SpVgg Lam erinnere ich mich nur sehr ungern zurück. Das war nicht nur eine kurvige und weite Strecke, sondern immer auch eine Nullrunde



Auf dem Platz war Alexander Schraml (am Ball) stets ein Schlitzohr
Auf dem Platz war Alexander Schraml (am Ball) stets ein Schlitzohr – Foto: Harald Mini




Zur Person:
Alexander Schraml spielte in seiner Jugendzeit beim SV Philippsreut, dem TV Freyung und dem TSV Mauth. Beim seinerzeitigen Bezirksoberligisten entwickelte sich der variabel einsetzbare Kicker schnell zu einem Leistungsträger und 1994 wagte der Freistoßspezialist den Wechsel zum 1. FC Passau. Beim damaligen Viertligisten entwickelte sich der Polizeibeamte schnell zu einem Stammspieler und später sogar zum Spielführer. 1998 kehrte Schraml als Spielertrainer zum TSV Mauth zurück, dem er nach dem Abstieg aus der Bezirksoberliga Richtung TSV Waldkirchen verließ und dort ebenfalls als spielender Chefanweiser fungierte. Von 2003 bis 2007 kickte der A-Lizenzinhaber für den TV Freyung, ehe er nochmal für ein Jahr das Trikot des TSV Mauth trug.

Zwischen 2008 und 2012 war Alex Schraml Spielertrainer beim Kreisligisten SV Riedlhütte. Es folgten weitere Übungsleiter-Stationen bei der DJK Straßkirchen, den Schraml in die Kreisliga führte, sowie beim TV Freyung, mit dem er 2017 Bezirksliga-Vizemeister wurde. Nach seinem Rücktritt am Oberfeld legte Schraml eine Pause ein, bevor er in der Spielzeit 2018/2019 den 1. FC Passau coachte.


Aufrufe: 010.4.2020, 14:00 Uhr
Thomas SeidlAutor