2024-05-17T14:19:24.476Z

Querpass
Sandro Henning, Tom Rasser und Ruven Bertel (l.) ist in Frankfurt noch einiges zuzutrauen. Fotos: Arndt/Schoemann/Repro: Schütz
Sandro Henning, Tom Rasser und Ruven Bertel (l.) ist in Frankfurt noch einiges zuzutrauen. Fotos: Arndt/Schoemann/Repro: Schütz

"Oberliga, warum denn nicht?"

Bei den Männern des 1. FC Frankfurt haben sich gleich mehrere Youngster etabliert.

Die Drei sind vom Jahrgang 2000, könnten noch bei den A-Junioren spielen. Und doch gehören sie schon zum Stammaufgebot des 1. FC Frankfurt in der Brandenburgliga der Männer: Sandro Henning (gerade 19 geworden), Ruven Bertel und Tom Rasser (beide 18). Ein Jung-Trio, das sich durchgebissen und in je 13 Einsätzen zum respektablen dritten Hinrunden-Platz beigetragen hat. Und das sich jetzt in der 13. Sportschul-Klasse auf das Abitur vorbereitet.
Dienstag ist Trainingsbeginn. Der hat es in sich. Erstmals geht's zur Leistungsdiagnostik am Frankfurter Olympiastützpunkt. Sie umfasst Laufbandtest und Lactatmessung, die Auskunft über den aktuellen Gesundheitszustand, die Belastbarkeit und den Leistungsstand geben sollen. Eine Prüfung auf Herz und Nieren also, deren Ergebnisse in die Trainingsgestaltung einfließen. Dem Trio ist deshalb nicht bange. Schließlich hat man sich in der Winterpause fit gehalten mit Laufen, Schwimmen und in der "Mucki-Bude" (sprich Fitness-Studio).

Die Stimmung im Team sei sehr gut, urteilen sie übereinstimmend. "Besser, weil sich vieles noch professioneller im Umfeld gestaltet als zuvor", erklärt Sandro Henning. Mit Ruven Bertel hatte er schon in der vorigen Saison beim Oberliga-Abstieg in den Männer-Fußball reingeschnuppert. Als 17-Jährige durften sie unter Peter Flaig und Fred Garling schon mittrainieren und mitspielen. Voraussetzung war die Zustimmung der Eltern, des Nachwuchs-Leiters und des Landesverbandes sowie das Okay des Sportarztes. "Das war für uns schon was ganz Großes."

Die jetzige Startphase sei holprig gewesen. Das überraschte so sehr nicht. Mit neuem Trainer, neuer Formation und neuer, offensiverer Taktik musste man sich erst finden. Aber: "Wir haben die Herausforderung angenommen, sind integriert, es läuft gut für die Mannschaft, es macht Spaß", fasst Bertel angesichts der Zwischenbilanz mit zuletzt elf ungeschlagenen Spielen in Folge zusammen. Und fordert zugleich von sich: "Ich muss bei Standards in und an den 16-Meter-Raum mit Kopfstößen erfolgreicher sein." Die Hinrunde mit guter Serie "macht Kräfte frei, stärkt das Selbstbewusstsein", hat Tom Rasser am eigenen Leib und an eigener Seele erfahren. Er sei selbst erstaunt über seinen Leistungssprung. "Aber das ist nur möglich, weil man sich wohl fühlt im Team." Und das mache zuversichtlich, weiter oben mitzuspielen. "Wenn sich Einheit Bernau mit fünf Punkten Vorsprung vor uns noch eine Blöße gibt und wir weiter gut durchziehen, könnte es am Ende noch zum Titel reichen", gibt sich deshalb nicht nur Henning kampfbereit. "Oberliga, warum denn nicht?" Halbwegs realisierbar scheinende Träume sind vor allem ein Privileg der Jugend. "Wenn's klappt - prima. Wenn nicht - auch kein Beinbruch", sagt Bertel. Der Druck zum Aufstieg sei nicht da, auch deshalb laufe es anscheinend wie geschmiert. Kein Grund zum Abheben, zum Nachlassen - da ist man sich einig.

Die waschechten Oderstädter Henning und Bertel hatten vor sieben Jahren im Club angefangen und sind geblieben: also von den Minis bis zu den Männern. Rasser kommt aus Bad Belzig, stieß später an der Sportschule dazu. Die drei sympathischen Burschen sind zwar sehr unterschiedlich im Charakter, das Besserwerden aber eint sie. Körperlich müssen alle etwas zulegen, sich in vielen Bereichen wie der Zweikampfhärte noch verbessern. Und dass speziell Stürmer Henning noch cleverer beim Abschluss handeln muss. Deshalb hat er eine Verabredung mit Trainer Jan Mutschler: "Für jede nicht genutzte Tormöglichkeit muss ich fünf Liegestütze extra machen, da kommt einiges zusammen." Das allerdings erledige er dann freiwillig, ganz ohne Aufsicht. Man vertraut sich eben. Andererseits sei es ein Balanceakt, die richtige Relation zwischen körperlicher Kompaktheit auf der einen Seite, Schnelligkeitkeit, Dynamik und Wendigkeit auf der anderen zu finden, sagt der ehrgeizige Angreifer. Auf der Scorer-Liste der Liga steht er mit oben: sechs Tore, elf Vorlagen. Dennoch geht er mit sich durchaus sehr selbstkritisch um. "Ich bitte schon mal um Spielaufzeichnungen, wenn wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein können und wenn ich zu viele Möglichkeiten ausgelassen habe. Selbst das 5:3 in Eberswalde war unbefriedigend. Vorn machten wir zu wenig aus den Chancen, hinten ließen wir zu viel zu. Ich will ja besser werden."

Klar, Hennings Talent ist auch anderen nicht verborgen geblieben. Anfragen von Vereinen wie Rathenow oder Seelow hatte er im Vorjahr schon. "Geld allein macht nicht glücklich, das war und ist für mich derzeit nicht entscheidend. Meinen Vertrag bis Sommer 2020 erfülle ich, hier fühle ich mich wohl - Punkt." Der Angreifer bleibt den Frankfurtern nach dem Abitur (derzeit ein Zensuren-Durchschnitt von 1,5) also auch noch nächste Saison erhalten. "Da kann ich ein Freiwilliges Soziales Jahr an der Sportschule machen und dann hoffentlich ein duales Studium möglichst in Potsdam als Trainer anfangen, oder doch Lehramt?"

Ihren Platz im wahren Leben neben dem ernsthaft betriebenem Hobby Amateurfußball müssen die jungen Männer noch finden. Da sind sie auf der Suche. Ruven Bertel stellt sich ab Montag einem dreitägigen Auswahltest beim BKA in Mainz. "Wenn das gut überstanden ist, könnte ich nach dem Abi ein duales Polizei-Studium in Wiesbaden beginnen." Tom Rasser hat sich für ein Sportmanagement-Studium beworben, sicherheitshalber neben Hamburg noch in Dresden, Leipzig und Potsdam. Die Wege des Trios werden sich wahrscheinlich im Sommer trennen - normal.

Unterschiedlich sind auch ihre Argumente hinsichtlich der sportlichen Vorbilder, vielleicht auch etwas beeinflusst von ihren fußballerischen Positionen. Offensivmann Henning mag den torgefährlichen Portugiesen Cristiano Ronaldo "wegen seiner professionellen harten Arbeit und den Belgier Kevin De Bruyne wegen seiner Art, Fußball zu spielen". Defensivbursche Bertel hält große Stücke auf den Münchener Philipp Lahm, "weil er über Jahre eine Führungspersönlichkeit ohne Skandale" war. Und Rasser schließlich votiert für den Ex-Hamburger Rafael van der Vaart, hat auch ein Poster an der Wand, "weil der niederländische Mittelfeldspieler immer kreativ und souverän war".

Als ihre größten Kritiker, aber auch als Mutmacher bezeichnen Bertel und Rasser das Trainerduo Mutschler/Keller. Für Henning sind das in erster Linie die Eltern Anett und Mathias, die kaum ein Spiel versäumen. Danach folgt der fachliche Rat des älteren Bruders Sebastian (28/jetzt bei Pneumant Fürstenwalde)

Die Jung-Alt-Mischung und das Funktionieren als Team auf dem Rasen und daneben zeichnen den 1. FCF aus, sehen ihn auf einem guten Weg: Routine neben jungen "Wilden". Vorn Jungspund Henning neben Artur Aniol (37), das Duo funktioniert. "Artur hat den Torinstinkt, ich bin daneben das Arbeitstier, laufe viel", findet der 19-Jährige. "Viel hängt davon ab, wie wir 'gefüttert' werden mit Eingaben und Pässen." Ohne solche erfahrenen Fußballer wie Paul Karaszewski (26), Erik Huwe (25), den überall einsetzbaren Tobias Fiebig (29) oder auch den kreativen Robin Grothe (23) an der Seite könnten sich die Youngster nicht so gut entwickeln, wissen die Drei. Und nicht nur sie. Mit Dustin Paul Gutzmann (18), Damian Schobert (19), Paul Peschke (20), John Lukas Sauer und Lars Wiedenhöft (beide 21) gehören insgesamt acht junge Spieler zum Stammaufgebot. Und mit Ersatz-Torwart Marvin Benno Lähne, Niklas Weddemar, Lukas Guttke, Leon Herzberg, Angelo Marcel Müller und Florian Schrape stehen weitere sechs U-21-Akteure teilweise nach Verletzung auf dem Sprung, die Konkurrenz im Club noch zu befeuern. Mit dem Polen Sebastian Ziajka kommt nur ein Haudegen zurück, ersetzt den nach Strausberg gewechselten Mathias Reischert. Frankfurt bleibt jung, bringt es im Schnitt nur auf knappe 22 Jahre. Ein Wechsel auf die Zukunft ...

Andere über das Jung-Trio:

Jan Mutschler (Trainer), Axel Geisler (Sportlicher Direktor) und Mathias König (Nachwuchsleiter und Lehrer-Trainer an der Sportschule): Ein Glücksgriff, dass die Drei so früh zum Stamm der Männer gehören. Aber auch eine Folge der guten Nachwuchsarbeit an der Sportschule und im Verein. Die "Eigengewächse" Ruven Bertel und Sandro Henning gehörten schon in der Regionalliga der B-Jugend zu den Führungsspielern, als Frankfurts U 17 in der Saison 2016/17mit 37 Punkten Siebenter wurde. Sie haben auf unterschiedlichen Positionen gutes Potenzial, aber auch noch enormes Steigerungsvermögen. Es macht Spaß, sie zu beobachten, mit ihnen zu arbeiten.

Über Sandro Henning: Ehrgeizig, technisch und taktisch gut geschult, geht lange Wege, kann sich im 1:1-Verhältnis durchsetzen und behauptet sich an der Seite vom erfahrenen Artur Aniol als mannschaftsdienlicher Stürmer.

Spielerprofil: Sandro Henning

Über Ruven Bertel: Er ist schnell, robust, schon erstaunlich abgeklärt im Zweikampfverhalten und im Stellungsspiel, zuverlässig und stabil neben Innenverteidiger Erik Huwe.

Spielerprofil: Ruven Bertel

Über Tom Rasser: Als "Staubsauger" zwischen den Strafräumen meist eher unauffällig, aber an der Seite von Paul Karaszewski auf der Sechser-Position wichtig im Teamgebilde. Die Entdeckung der Hinrunde in seinem ersten Männerjahr.

Spielerprofil: Tom Rasser

Aufrufe: 016.1.2019, 10:36 Uhr
MOZ.de / Hans EberhardAutor