2024-05-29T12:18:09.228Z

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Ein rasantes Jahrhundert am Kapellenberg

Die Burgbernheimer Kicker konnten drei Aufstiege in die frühere A-Klasse feiern +++ Schreiben vom Juni 1914 bestätigt die Gründung

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Die Wurzeln des Fußballs im Landkreis Neustadt an der Aisch - Bad Windsheim befanden sich ausgerechnet in der Marktgemeinde Burgbernheim. Aber so richtig etablieren konnte sich die­se Sportart am Kapellenberg erst im dritten Anlauf nach dem Zweiten Weltkrieg. Vergessen sind aber auch die Namen der elf Fußballpioniere aus der Kaiserzeit. Die Windsheimer Zeitung hat zum Wochenende, an dem die Burgbernheimer TSV-Fuß­baller ihr 100-jähriges Bestehen feiern, die Geschichte des runden Le­ders beim TSV zusammenge­stellt.

Wahrscheinlich sprang der Funke nach Westmittelfranken über, nach­dem die SpVgg Fürth am 31. Mai 1914 als erster fränkischer Verein die Deutsche Meisterschaft gewann. Bis dato kickten die Verehrer des runden Leders auf verschiedenen Wiesen rund um Burgbernheim. Nach den Aufzeichnungen in der 125-jährigen Chronik des TSV 1877 Burgbernheim musste es schon in der ersten Jahres­hälfte 1914 einen Antrag der Fußball­anhänger gegeben haben, eine eigene Abteilung ins Leben zu rufen. Dieser fand wohl keine Zustimmung, da die dominierende Turnerschaft in der Kaiserzeit die Fußballer als „lüm­melhafte Fußtreter“ ansah. So ging am 30. Juni 1914 beim Ma­gistrat ein Schreiben des 1. Fußball-Clubs Burgbernheim ein, indem die „Überlassung eines Spielplatzes auf der Schafhut zwischen Himmel­fahrtsberg und dem neu angebauten Binsenseelein, in der Größe von 90 Metern Länge und 58 Metern Breite“ gebeten wurde. Beigefügt wurde eine Skizze mit den Maßen der beiden Tore. Das Schreiben endete mit dem Hinweis, dass man auf dem „genann­ten Platze nichts verderben könnte“. Bereits am 9. Juli beschloss der Magistrat, dem Fußballclub Burg­bernheim einen Platz zuzuweisen. Demnach musste es also schon vor dem 30. Juni 1914 zu der Gründung des ersten Fußballvereins in Burg­bernheim gekommen sein.

Gemäß ei­ner Anzeige kam es am 2. August 1914 zur Premiere. Das Ergebnis wur­de nicht veröffentlicht. Aber mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges ruhte der Fußball. We­sentlich erfolgreicher gestaltete sich der zweite Versuch in den Zwanziger-Jahren. Die große Beliebtheit in der Gesellschaft leistete einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung des Fuß­balls. Mittlerweile trug die Turner­schaft ihre eigene Deutsche Meister­schaft im Fußball aus, sie blieb aber der Erzfeind der Kicker. Auch die Lehrer schlugen sich auf die Seite der Turner, so dass das Fußballspielen lange in der Schule verboten war.

Der FCB von der Bahnhofstraße

Seine ersten Spiele bestritt der Verein auf der Grundwiese am Prö­ßelbuck und der Hildenseewiese. Das Fußballfieber erfasste auch andere Orte in der Region. Neben Ansbach hießen die Gegner Rothenburg, Windsheim, Wilhelmsdorf, Wilherms­dorf, Aub, Uffenheim und Markt­breit. Seine Blütezeit erlebte der FC Burgbernheim 1926/27. Erstmals wurde eine Partie der Burgbernheimer vom 5. Dezember 1926 in der Windsheimer Zeitung do­kumentiert. Der FCB bestritt an je­nem Tag am Sportplatz in der Bahn­hofstraße das Rückspiel gegen den FC Aub (2:1). Ihre Premiere hatten die Burgbernheimer in der Saison 1926/27 in der Verbandsrunde. Und überraschenderweise gewann die Mannschaft die B-Klassen-Meister­schaft des Gaues Fürth.

Der erste Spielbericht in der WZ erschien am 3. Februar 1927. Im Ent­scheidungsspiel um die Meisterschaft wurde auf dem Windsheimer Sport­platz die Elf von Eintracht Wilherms­dorf mit 4:3 in die Knie gezwungen. Eine bittere Lektion erhielt das Team mit einer 0:8-Abfuhr beim 1. FC Winds­heim. Zu den Höhepunkten des Ver­eins zählte am 14. August 1927 das Gastspiel der Dritten des 1. FC Nürn­berg. Für Burgbernheim spielten Berthold, Kahl, Baumann, Fluhrer, Lang, Grasbeinter, Wittig, Betz, Al­big, Engel und Danner. Während die Nürnberger und Für­ther Vereine zu ihren Verbandsspie­len mit der Straßenbahn fuhren, er­streckte sich das Gebiet des Gaus Ansbach mit seinen 17 Vereinen von Crailsheim bis Pappenheim und Din­kelsbühl, was eine kostspielige Ange­legenheit mit der Eisenbahn wurde. Wurde die B-Klasse wenigstens noch in zwei Abteilungen geteilt, mussten die sechs A-Klassen-Vereine die wei­ten Reisen und Strapazen zu ihren Spielen über sich ergehen lassen.

Der Verein wurde aufgelöst

Nicht sicher ist, ob der FC Burg­bernheim sein Aufstiegsrecht in die A-Klasse (damals dritthöchste deut­sche Spielklasse) wahrgenommen hatte. Möglicherweise wurde der Spielbetrieb aus finanziellen Grün­den eingestellt und das Team aufge­löst. Die Spielklassenreform in den 1930er-Jahren kam für die Burgbern­heimer wohl zu spät. Und bei den Burgbernheimer Turnern zeigte man wohl keinerlei Interesse, eine Fuß­ball-Abteilung zu gründen. Erst im Februar 1938 erwähnte die WZ wie­der eine Burgbernheimer Flieger­mannschaft. Diese Elf bescherte Windsheim eine 4:0-Niederlage. Wie die 1927er-Mannschaft verschwand auch die Fliegerelf danach wieder.

Nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges konnte sich der Fußball in Burgbernheim etablieren. Dabei spielten drei Faktoren eine wichtige Rolle: Einerseits sehnten sich die Menschen nach den Kampfhandlun­gen und den Nöten im Alltag in ihrer Freizeit nach Abwechslung. Zudem befanden sich unter den Flüchtlingen aus den Ostgebieten viele Männer, die schon vor dem Krieg ihre Liebe zum Fußball gefunden hatten. Von diesem Fieber ließ sich vor al­lem ein Mann anstecken, der mit sei­nem Organisationstalent den Aufbau einer schlagkräftigen Mannschaft vorantrieb und als Vater für die Blü­tezeit des Vereins verantwortlich zeichnete: Konrad Tyrach. Er ging trotz seiner Körperbehinderung als Spieler, Spielleiter mit den Aufga­ben eines heutigen Managers, Schrift­führer und Vorsitzender als der le­gendäre „Zwei-Finger-Mann“ in die Geschichte des TSV ein.

Tore mit Netzen aus Draht

Bereits im November und Dezem­ber 1945 führte Konrad Tyrach einen regen Schriftverkehr mit Hans Al­big, einem der Spieler aus den Zwan­ziger-Jahren. So wurden unter seiner Führung Spiele ausgetragen. Aus Kanthölzern fertigte die Zimmerei Seuferlein Pfosten und Latten an, die Silberfuchszucht Fischer sorgte mit Drahtanfertigungen für Tornetze. Die offizielle Neugründung des TSV Burgbernheim ging am 25. Janu­ar 1946 über die Bühne. Bei der ame­rikanischen Militärregierung erfolg­te die Anmeldung unter Turn- und Sportverein. Ein langwieriger Pro­zess war die Entnazifizierung mit der Überprüfung der Mitglieder. Schließ­lich wurde im Dezember 1946 die Li­zenz für die Jugendabteilung erteilt. Die erste Verbandsrunde mit sechs Vereinen wurde 1946 nach zwei Run­den abgebrochen. Nach der Umgruppierung nach Unterfranken diente ein ehemaliger Funkwagen der Wehrmacht, der un­ter der Woche für Fischers Tiertran­sporte zum Einsatz kam, als Hilfe bei Auswärtsspielen. Unter Tyrachs Ära wurden auch die Sportplatzprobleme mit der Rückkehr auf dem Kapellen­berg gelöst.

Konrad Tyrach zählte auch zu den Spielern der ersten Stunde. Im Ver­lauf der nächsten Jahre verstärkte sich der Verein unter anderem mit Hans Moron, Heinz Kretzschmar und Torjäger Walter Cerny. Zu festen Grö­ßen avancierten Talente wie Frie­drich Hufnagel im Tor, Heinrich Fen­zel oder Franz Pintz. Dieser Mann­schaft gelang im Frühjahr 1954 der erstmalige Aufstieg in die A-Klasse, seinerzeit fünfthöchste deutsche Spielklasse. Aber durch die Weggän­ge von Walter Cerny und Heinz Kretzschmar sowie Verletzungspech folgte wieder der Abstieg. Es dauerte zehn lange Jahre bis sich der Verein wieder über einen Aufstieg in die A-Klasse freuen durf­te. In den Spielzeiten 1959/60 und 1960/61 schwebte die Mannschaft in akuter Abstiegsgefahr. Insbesondere im Frühjahr 1961 mussten die Anhän­ger den Abstieg in die C-Klasse fürchten. Danach folgten zwei Jahre auf Mittelfeldplätzen. Der Garant für die nächste Meis­terschaft war neben Torhüter Her­mann Käser, der mit seinen Verteidi­gern nur 20 Gegentore zugelassen hatte, vor allem die Läuferreihe mit Kurt Thürauf, Franz Pintz und Man­fred Herold. Zu den größten Spie­lerpersönlichkeiten jener Elf gehörte Kurt Burdack. Doch der gebürtige Brandenburger sehnte sich trotz des Aufstiegs nach höheren Weihen in der Landesliga. Durch Burdacks Weg­gang konnte sich die Mannschaft auch im zweiten Anlauf nicht in der A-Klasse behaupten. Durch den Abstieg konnte die Mo­ral dieser Mannschaft nicht gebro­chen werden. Bei Ausflügen kickten die Burgbernheimer im Zillertal oder gegen den SC Westend Berlin. In der B-Klasse hatte der TSV 1965/66 keine Chance auf den Wiederaufstieg. Zwei Jahre später präsentierte sich die Mannschaft völlig von der Rolle und stieg mit 5:43 Zählern und 33:101 To­ren erstmals in die C-Klasse ab. In der untersten Spielklasse scheiterte der TSV als Dritter, ein Jahr später waren die Kapellenbergkicker nicht zu halten und markierten 94 Treffer.

Immer wieder Relegation

Nach dem Wiederaufstieg schlitter­te die Mannschaft erneut in den Ab­stiegsstrudel, konnte sich mit einem 4:3 nach Verlängerung gegen den punktgleichen SC Trautskirchen aber retten. Held des Tages war Kurt Neumann, der in der 118. Minute ei­nen Strafstoß zum Sieg verwandelte. Doch schon zwölf Monate später musste der TSV als Vorletzter wieder den Gang in die C-Klasse antreten. Diesmal mussten die Anhänger des Vereins sogar vier Jahre warten, ehe wieder der Sprung in die B-Klasse gelang. Im Juni 1976 sorgte die TSV-Elf bei seinen Anhängern für Jubel mit 50:6 Zählern und 114:29 Toren. Der Aufstieg war auch ein Verdienst von Gerhard Müller, der als Trainer engagiert wurde. In der B-Klasse benötigte der Ver­ein einige Jahre, um sich zu etablie­ren. Gab es 1976/77 keine Sorge um den Klassenerhalt, so schwebte das Team ein Jahr später im Abstiegs­strudel. Im Mai 1983 nahmen die Burgbernheimer dann Kurs auf die A-Klasse. Nach 29 Spieltagen stand der Verein an der Tabellenspitze, doch eine Niederlage gegen Abstiegs­kandidat Rügland verhinderte den dritten A-Klassen-Aufstieg, der auch in der Relegation misslang. Der Schock steckte den Spielern tief im Nacken, so dass in der nächs­ten Saison der Fahrstuhl Richtung C-Klasse in Gang gesetzt wurde. Insge­samt konnte die Mannschaft nur vier Spiele gewinnen. Um den Abstieg wieder zu korrigieren benötigte die Mannschaft zwei Jahre. Nach einem packenden Dreikampf in der Runde scheiterte die Elf im Mai 1985 in der Aufstiegsrelegation an Weiltingen. Ein Jahr später erkämpften sich die Burgbernheimer die C-Klassen­meisterschaft, der die Schützlinge von Trainer Müller sogar den dritten Aufstieg in die A-Klasse folgen lie­ßen. Zwar musste sich die Mann­schaft mit dem zweiten Platz begnü­gen, aber in den Entscheidungsspie­len feierte die Mannschaft mit Erfol­gen über Dinkelsbühl und Lichtenau den Aufstieg. Etwa 900 Zuschauer wurden Zeugen einer wie entfesselt aufspielenden Mannschaft. „Auf die­sen Tag habe ich zwölf Jahre gewar­tet“, sagte Gerhard Müller damals.

Weg zur Fahrstuhlmannschaft

Nach dem dritten Aufstieg verweil­te der TSV zwei Jahre in der A-Klas­se und belegte jeweils den vorletzten Tabellenplatz. Im Frühjahr 1988 wäre schon der Abstieg fällig gewesen. Die Einführung der Bezirksoberliga be­wahrte den TSV jedoch. Zwölf Mona­te später gab es nach fünf Siegen und neun Unentschieden am dritten A-Klassen- Abstieg nichts zu rütteln. Von nun an ging es bergab: Über­querte die Mannschaft im Mai 1990 die Ziellinie als Zwölfter, zierte der Verein ein Jahr später das Tabellen­ende der B-Klasse. Aber auch in der dann untersten Spielklasse nistete sich der TSV Burgbernheim in der unteren Tabellenhälfte ein. Nach einem Zwischenhoch als Vierter in der Saison 1992/93 fühlten sich die Anhänger in den nächsten Jahren wie in der Achterbahn. Erst nach einer Eingewöhnungszeit von drei Jahren schaffte es Stefan Meder als fünfter Trainer nach Gerhard Müller im Mai 2001 die Mannschaft in die B-Klasse zurückzuführen. Zu den Stützen zählten Daniel Pareo, Manuel Krause und Mike Müller. Mit diesen Spielern konnte sich Burgbernheim nicht nur einige Jahre im Mittelfeld der Kreisklasse halten. Im Juni 2005 brachte die Vizemeis­terschaft den Aufstieg in die Kreisli­ga, der ehemaligen A-Klasse. Daniel Pareo wurde mit 26 Treffern Tor­schützenkönig. Seinen Beitrag zum Aufschwung leistete ab 2001 auch Wer­ner Bogendörfer als Spielertrainer.

Im Frühjahr 2006 rettete sich der TSV in der Relegation, wo die mit BOL-Spielern verstärkte Zweite des TSV Rothenburg Burgbernheim in die Kreisklasse schickte. Obwohl die meisten Stammspieler gehalten werden konnten, wurde der Verein im nächsten Jahr in die A-Klasse durchgereicht. Dieser Unfall konnte erst im zweiten Anlauf mit 104:37 Toren und 69 Punkten korri­giert werden. Nach einem Platz im Mittelfeld schrammte die Mann­schaft im Frühjahr 2011 als Zwölfter am Abstieg vorbei. Ein Jahr später zierte der TSV das Tabellenende, was den vorerst letzten Abstieg in die A-Klasse zur Folge hatte. Unter der Führung von Trainer Thomas Musch erkämpften sich die Kapellenbergkicker in der vergange­nen Saison hinter dem SV Schalk­hausen den zweiten Platz. Zu den herausragenden Spielern zählten wie schon in den letzten Jahren die Ge­brüder Pareo. In der vereinsinternen Torschützenliste führte Daniel mit 20 Treffern vor Renè, der es auf 17 Tore brachte. Doch statt des erhofften Wiederaufstiegs setzte es in der Rele­gation gegen den FV Gebsattel eine 1:5-Pleite.

Aufrufe: 028.6.2014, 14:17 Uhr
Ernst-Werner Schneider (WZ)Autor