2024-05-15T11:26:56.817Z

Ligabericht
Zwei wie Pech und Schwefel: Michael (links) und Stefan Riederer sind nicht nur Brüder, sondern auch beste Freunde. Beide sind nicht nur Torhüter, sondern auch beruflich eng mit einander verbunden.
Zwei wie Pech und Schwefel: Michael (links) und Stefan Riederer sind nicht nur Brüder, sondern auch beste Freunde. Beide sind nicht nur Torhüter, sondern auch beruflich eng mit einander verbunden. – Foto: Familie Riederer

Die Riederer-Brüder: "Unser Verhältnis ist eine Katastrophe"

Die Brüder Michael (29) und Stefan (33) Riederer sind beide erfolgreiche Torhüter und inzwischen auch Torwarttrainer beim ASV Cham. In einer Konkurrenzsituation standen die beiden deshalb nie. Im Gegenteil.

"Ganz klar. Lengse hat keine Chance" - auf die Frage, ob Andreas "Lengse" Lengsfeld, immerhin einstiger Profi-Keeper bei u.a. Bochum, im Vergleich zu ihnen der bessere Torhüter sei, zeigen die beiden Brüder Einigkeit. Doch nicht nur, wenn es darum geht, den jetzigen Trainer von Bayernligist ASV Cham zu ärgern, verstehen sich Stefan und Michael Riederer bestens. Obwohl der Ältere selbst Profikeeper war, verspürte der Jüngere - immerhin langjährige erprobter Bayernliga-Akteur - nie überhaupt nur den Anflug von Neid. Und obwohl der Jüngere inzwischen im Familienbetrieb der Chef des Älteren ist, hat es bisher noch nie ernstzunehmenden Streit zwischen den beiden gegeben. Trotz allem sportlichen sowie beruflichen Ehrgeiz, den die Riederer praktisch inhaliert haben, war das Band der Brüderlichkeit stets stärker als jegliches Konkurrenzdenken.

Michael (29) und Stefan (33) entsprechen ohne Wenn und Aber dem klischeehaften Bild von Brüdern. Sie verstehen sich prächtig, teilen viele gemeinsame Hobbys - allen voran den Fußball - , haben denselben Beruf erlernt und ergänzen sich bestens. Sie necken sich aber auch, stacheln sich gegenseitig an, haben ab und an auch Meinungsverschiedenheiten. "Unser Verhältnis ist die pure Katastrophe", versichert der Jüngere und relativiert mit einem herzlichen Lachen den ernsten Unterton seiner Aussage. Der Ältere ergänzt: "Über Jahre hinweg verstehen wir uns bestens. Aber natürlich hat es von klein auf immer mal wieder geknistert zwischen uns."

Eine gewisse Konkurrenzsituation in sportlicher Hinsicht liegt eigentlich auf der Hand. Zu ähnlich sind sich beide Torhüter in ihrem Ehrgeiz und ihrem fußballerischen Betätigungsfeld. Angefangen beim FC Chamerau traten die beiden in die zunächst großen Torwart-Fußstapfen ihres Vaters. "Ohne mich haben wir 24 Gegentore bekommen, mit mir nur 12 - und schon war ich im Tor", blickt Stefan Riederer auf seine Anfänge zurück. Auch Michael entschied sich nur wenige Jahre später ebenfalls dazu, den Kasten zu hüten. "Ich habe mich aber nie als Nachfolger von Stefan gefühlt. Er war eher ein Vorbild, das ich sehr respektiert habe."

Mit zahlreichen Bayernliga-Einsätzen für Bad Kötzting und Vilzing braucht sich der 29-Jährige nicht zu verstecken. Sein 33-jähriger Bruder hingegen toppte ihn noch. Ebenfalls im Kurort gestartet ging es für ihn in den Profibereich - zur SpVgg Unterhaching, dem 1. FC Kaiserslautern und dem Chemnitzer FC. Michael gönnte seinem Bruder diese Zeit, die dieser noch heute als tolle Erfahrung und lehrreiche Zeit beschreibt. "Ich habe versucht, jedes Spiel von Stefan im Stadion zu sehen", blickt der Jüngere zurück - und ergänzt schmunzelnd. "Und ich hatte ja sowieso einen großen Vorteil gegenüber ihm: Ich konnte mehr weggehen als er."


Andreas Lengsfeld: "Von der Statur her sind beide zu unterschiedlich, um sie zu vergleichen"

Die Einsätze von Stefan Riederer in der dritten Liga hemmten seinen kleineren Bruder in keinster Weise was seine eigene Karriere betrifft. Im Gegenteil. "Obwohl ich beispielsweise in Kötzting mit etwas Abstand auf ihn folgte, sind wir nie miteinander verglichen worden. Mich persönlich hat unsere gemeinsame Vergangenheit eher gepusht", erzählt Michael Riederer. Die Natur meinte es in dieser Hinsicht gut mit den beiden Oberpfälzern. Beide sind zwar mit einem außerordentlichen Talent gesegnet worden - ähneln sich in der Spielweise jedoch nur in Nuancen. Stefan ist groß gewachsen, Michael für einen Torhüter eher klein. In der Folge unterscheiden sie sich in der Ausübung ihres Torhüter-Jobs.

Ähnliches berichtet auch Andreas Lengsfeld, Trainer des ASV Cham. Zwar kenne er nur seinen Stammkeeper, Stefan Riederer, im Detail, dennoch betont er: "Von der Statur her sind beide zu unterschiedlich, um sie gegenüberstellen zu können. Nichtsdestotrotz gehören beide für mich zu den besten Torhütern im Umkreis. Stefan beispielsweise ist meiner Meinung nach einer der besten und komplettesten Torhüter der Bayernliga Nord." Doch nicht nur von der Fähigkeit der Riederers auf dem Platz ist der 33-Jährige angetan, sondern auch von deren Fachwissen.

Michael und Stefan Riederer sind nämlich gemeinsam Torwarttrainer beim Aufsteiger. Eine Tatsache, mit der beide nicht gerechnet haben, die sie aber umso mehr erfreut. "Dass wir noch einmal gemeinsam aktiv sind, hätten wir nicht gedacht. Doch es ist die ideale Konstellation", macht Stefan Riederer deutlich. Eigentlich war er 2017 mit dem Auftrag nach Cham gewechselt, die Keeper zu trainieren. Als der Ex-Profi in Folge großer personeller Probleme in den Kasten des ASV musste, wurde aus der brüderlichen Aushilfe Michael eine feste Größe im Trainerteam der Oberpfälzer. "Übrigens haben wir beide genau abgesprochen, dass der Stefan einspringt und nicht ich, obwohl ich der Jüngere bin. Aber er ist einfach der klar bessere Torhüter, weshalb er die Aufgabe übernommen hat", macht der 29-Jährige deutlich.


Stefan Riederer beendet im Sommer seine Karriere und wird dann nur noch Torwarttrainer sein - mit seinem Bruder

Seitdem schindet der Jüngere bei den Übungseinheiten also den Älteren. Ganz so extrem, wie sich dieser Satz zunächst anhört, ist es jedoch bei Weitem nicht. Einerseits ist Stefan Riederer nach unzähligen Spielen und Trainingseinheiten einiges gewöhnt, andererseits hat sein Bruder extra für ihn eine Art Altherren-Inhalt ausgearbeitet, wie beide lachend berichten: "Bei uns gibt es ein U30- und ein Ü30-Programm", versichert der Jüngere. Der Ältere ergänzt: "Auch wenn Gerry Ehrmann (Torwarttrainerlegende in Kaiserslautern, Anm. d. R.) anderer Meinung war, aber nach einem Torwarttraining muss keiner kotzen."

Auch, wenn Michael schon das ein oder andere Mal als Ersatzkeeper auf dem Spielberichtsbogen stand und auf das Feld hätte müssen, wenn sich sein Bruder verletzt hätte, betonen beide unisono, dass sie bewusst noch nie direkte Konkurrenten waren. "Das war unser beider Intension. Denn eine derartige Situation wäre vielleicht dann noch belastend gewesen für unser Verhältnis", gibt Stefan Riederer zu.

Noch bis zum Sommer wird sein ursprünglich nur kurzes Notfall-Comeback, das dann doch zwei Spielzeiten beinhaltet haben wird, dauern. "Dann beende ich endgültig meine Karriere", betont der 33-Jährige, der sich dann mehr auf das Privat- und Berufsleben nach vielen entbehrungsreichen Jahren, in denen nur der Fußball im Mittelpunkt gestanden ist, konzentrieren wird. Den Job als Torwarttrainer beim ASV Cham will er jedoch weiterführen - gemeinsam mit seinem Bruder natürlich. Michael Riederer ist überzeugt: "Wir werden uns sicher gut ergänzen."

Aufrufe: 027.11.2019, 09:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor