„Den Tom“, sagt einer, der im Schatten der Bäume zusieht, „denn kannst du jetzt nicht ansprechen. Der ist zu aggressiv.“ Deshalb muss es Tage später ein Telefongespräch tun. Beruhigende Töne hüllen den Anrufer ein, bis Steuber abhebt. Ruhige, freundliche Stimme, so gar nicht aggressiv. „Aggressionen“, sagt er, „waren lange Zeit einige unserer Probleme.“ Die Reserve-Mannschaft vom ESV Rangierbahnhof ist eigentlich seine Mannschaft, die von Tom Steuber. Lange Zeit trug sie auch seinen Namen: Tom’s Barca – was eine Mischung aus Bar und Barcelona bedeuten sollte. Viele Jahre besaß Tom Steuber nämlich eine Bar in der Altstadt, Radbrunnengasse. Und weil seine Stammgäste allesamt fußballbegeistert waren, brachte er sie irgendwann auf die Idee mit einer eigenen Mannschaft.
Man trainierte einmal in der Woche auf dem Gelände des ESV Rangierbahnhof, am Wochenende gab es Kleinfeldturniere. „In der Kneipenliga waren wir den anderen Teams bald haushoch überlegen“, sagt er. Bis zu den bayerischen Kneipenfußballmeisterschaften haben sie es geschafft, sind nach München und Rosenheim gefahren und am Ende Dritter geworden. Dann machte Tom’s Bar zu – und auch die Fußballmannschaft fiel in eine Art Dornröschenschlaf.
Erst jetzt, als Tom Steuber neben seinem Hauptberuf als Lehrer an der Reichelsdorfer Mittelschule, die Vereinsgaststätte des ESV Rangierbahnhof übernahm, nahm auch die alte Idee mit dem Fußball wieder Fahrt auf. „Wir wollten endlich wissen, wie gut wir eigentlich wirklich sind“, sagt der 47-Jährige. Als Rangierbahnhof III meldeten sie die alte Kneipenmannschaft am Spielbetrieb an, wurden auf Anhieb Zweiter der B-Klasse und stiegen nach einem 6:0-Kantersieg in der Relegation prompt auf in die A-Klasse 7. Nun heißt die Mannschaft wieder anders, Rangierbahnhof II – „die eigentliche Reserve“, sagt Tom Steuber, „hat sich mangels Spieler aufgelöst, da mussten wir nachrücken“.
Doch eine „echte“ zweite Mannschaft, das sind sie gar nicht. „Leider“, sagt Stefan Hofmann, Fußball-Abteilungsleiter beim ESV Rangierbahnhof. 26 Spieler hat Tom Steuber im Kader für die Reserve, „doch leider wollen die Jungs nicht so recht bei der Ersten aushelfen. Wir sind ein eingeschworener Haufen, verstehen uns noch zu sehr als autarke Mannschaft.“ Mit gebündelten Kräften, sagt Hofmann, würde auch die erste Mannschaft in der Kreisklasse besser dastehen, keinerlei Personalprobleme mehr haben. „Ich hoffe“, sagt Steuber, „dass sich das in den nächsten ein, zwei Jahren so entwickelt. Momentan noch wollen die Jungs unter sich bleiben, so komisch es sich anhört.“ Die Jungs, das sind nicht ganz leichte Charaktere, verrät Tom Steuber. „Sie sind zwar erwachsen, aber die meisten sind doch noch kleine Kinder.“ Er selbst versteht sich als Ziehvater, menschlich wie sportlich, diese Fußballmannschaft ist auch eine Art ehrenamtliches Streetworker-Projekt. „Wissen Sie“, sagt Tom Steuber, „das ist irgendwie meine Berufung. Das ist in mir drin, dass ich mich um schwierige Jungs kümmern muss.“ So hilft er in allen Lebenslagen als Freund, als Ratgeber, manchmal auch als Tröster. Steuber organisiert Jobs, rettet Ehen, bringt junge Männer von der schiefen auf die gerade Bahn des Lebens zurück.
So ist auch zu erklären, weshalb seine Fußballmannschaft so einen starken Zulauf genießt. „Es ist aber auch schwierig, in diesen eingeschworenen Haufen neue Spieler zu integrieren“, sagt er. Deshalb leitet er die Neuen bereits so gut es geht zur ersten Mannschaft von Rangierbahnhof weiter. Bald, so ist der Plan, sollen dann auch seine Jungs mehr und mehr zusammenwachsen mit denen, die nun schon in der Ersten spielen. Aus den Trainingsspielen am Dienstag und Donnerstag kennt man sich ja bereits. „Noch“, sagt Steuber, „ist der Ehrgeiz bei vielen noch zu groß, die Erste Mannschaft zu übertrumpfen.“ Das ist auch am Sonntagnachmittag noch gelungen übrigens. Viktor Walter und Steven Lange schossen noch einen 3:1-Heimsieg heraus. Sie sind nun Vierter, punktgleich mit einem Aufstiegsplatz.