2024-05-02T16:12:49.858Z

Vereinsnachrichten
Einen gewalttätigen Übergriff hat es am Samstag auf dem Fußballplatz in Singen gegeben. Foto: dpa
Einen gewalttätigen Übergriff hat es am Samstag auf dem Fußballplatz in Singen gegeben. Foto: dpa
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Strafen nach Streit auf Fußballplatz?

Zum Testspiel zwischen dem FC Singen und dem SC Pfullendorf

Pfullendorf / sz - Einmal mehr ist die Gewalt auf einem Fußballplatz eskaliert. Beim Spiel zwischen dem Fußball-Oberligisten SC Pfullendorf und dem Verbandsligisten FC Singen folgten auf Worte Provokationen und schließlich Tätlichkeiten. Relativ neu ist aber, dass es sich beim Spiel um einen eigentlich harmlosen Test beider Mannschaften vor Beginn der Rückrunde handelte. Und relativ neu ist auch, dass nicht der Schiedsrichter, sondern mit Patrick Hagg ein Trainer, der des SC Pfullendorf, das Spiel für beendet erklärte.

Tatsachen, für die Georg Oexle, Vorsitzender des Sportgerichts des Bezirks Bodensee im Südbadischen Fußball-Verband (SBFV), gar kein Verständnis hat. "Unfassbar. Und dann auch noch bei einem Testspiel. Dass man sich bei einem Freundschaftsspiel so gehen lassen kann. Das steht in keinem Verhältnis", sagt der oberste Sportrichter des Bezirks. "Vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass es sich bei den Vereinen um einen Oberligisten und einen Verbandsligisten handelt. Die haben doch Vorbildfunktion."

Zum Hintergrund: Beim Testspiel am vergangenen Samstag hatte Singens Sven Körner den Pfullendorfer Marllex Abdulai - nach Aussage der Pfullendorfer - zweimal ins Gesicht geschlagen, nachdem sich insbesondere diese beiden Spieler bereits minutenlang allerhand böse Worte um die Ohren gehauen haben und sich schließlich Auge in Auge gegenübergestanden haben sollen. Nach dem zweiten Schlag von Körner war Abdulai seinerseits auf den Singener Mittelfeldspieler losgegangen und hatte versucht, zurückzuschlagen. Zwar schlug Abdulai - nach Schilderungen der Pfullendorfer - vorbei, da aber bereits der Versuch strafbar ist, waren beide von Schiedsrichter Michael Kempter (Sauldorf) mit Rot des Feldes verwiesen worden. Aus Sicht der Pfullendorfer war die Partie nun heiß gelaufen, Pfullendorfs Trainer Patrick Hagg wollte nicht mehr weiterspielen und brach die Partie ab.

Zunächst mit Köpfen gestoßen

Derweil empfindet Singens Trainer die Aussage Patrick Haggs, die Partie sei ruppig gewesen sei (SZ vom Montag), als falsch. "Meine Aussage, das Verhalten von Sven Körner sei unentschuldbar, steht weiter. Die Partie selbst war gut. Es gab ein oder zwei schwierige Aktionen. In einer Situation hat mein Spieler bei einem Tackling klar den Ball gespielt. Folglich gab es Einwurf. Eine richtige Entscheidung von Kempter", spricht Wieser eine von Pfullendorf offenbar beanstandete Szene an.

Der Vorfall mit Körner und Abdulai habe sich "hochgeschaukelt". "Da sind die zwei falschen Personen aufeinander getroffen". Aber Vorwürfe, Körner habe Abdulai rassistisch beleidigt, wie in einer Mitteilung des SC Pfullendorf verbreitet, will Wieser nicht stehen lassen. "Es gab keine rassistischen Zwischenrufe." Den Tätlichkeiten sei eine "Kopf-an-Kopf-Situation" an der Mittellinie vorausgegangen, die - laut Wieser - vom Pfullendorfer ausgegangen sei. Abdulai, so Wieser, sei Körner gefolgt, dieser habe sich umgedreht. Beide hätten mit dem Kopf leicht gestoßen, dann habe Körner zugelangt. "Natürlich darf er das nicht. Aber von ungefähr macht Sven so etwas auch nicht. Körner habe auch Abdulais körperliche Präsenz - Abdulai ist deutlich größer als Körner - als Bedrohung empfunden. "Schiedsrichter Michael Kempter stand am Mittelkreis, hat sich die Sache angeschaut und dann entschieden", erinnert sich Wieser.

Es sei, aus seiner Sicht, auch danach keine schwierige Situation entstanden, zwar seien Bemerkungen gefallen, doch das rechtfertige den Abbruch seitens Hagg nicht. "Das war absolut maßlos. Und außerdem: Ein Spiel abbrechen kann nur der Schiedsrichter", sagt Wieser. "Schade, eigentlich hatte ich zu Patrick Hagg und dem SCP einen guten Draht. Ich habe versucht, ihn am Sonntag zu kontaktieren, aber bislang gab es keine Reaktion." Doch auch Patrick Hagg suchte schon den Kontakt zu seinem Singener Gegenüber: "Ich habe eine Anfrage von Daniel über What's App erhalten, ob ich erreichbar bin. Ich habe dann versucht, ihn zu kontaktieren. Leider war zweimal besetzt", sagt Hagg.

Matheis sieht keinen Grund für einen Spielabbruch

Derweil sieht Sportrichter Oexle das Spielende kritisch: "Ich verstehe nicht, dass der Pfullendorfer Trainer die Partie von sich aus abgebrochen hat. Die Partie wäre mit jeweils zehn Spielern fortgesetzt worden. Gerade in so einer Situation ist ein Machtwort des Trainers gefordert." Auch die Begründung Haggs, er habe im Fall eines weiteren Vorkommnisses Schlimmeres befürchtet, will Oexle nicht gelten lassen. "Das ist eine Schutzbehauptung. Er hätte die Spieler zusammenholen und eine klare Ansage machen müssen." Den beiden Spielern droht eine empfindliche Strafe. "Das reicht in so einem Fall von zwei bis 24 Monaten. Auch wenn der Pfullendorfer Spieler nicht getroffen haben sollte: Schon der Versuch ist strafbar", sagt Oexle.

Auch der Bezirksvorsitzende Konrad Matheis ist ziemlich erstaunt über die samstäglichen Vorgänge am Hohentwiel. "Ich habe davon gehört, beziehungsweise gelesen. So wie es aussieht, war das eine Sache zwischen zwei Spielern. Folglich ist der Vorfall aber für mich kein Grund, so ein Spiel abzubrechen", rügt Matheis ebenfalls die Vorgehensweise des Pfullendorfer Trainers. Für Matheis ist auch gleichgültig, ob es sich bei der Partie um ein Wettbewerbs- oder ein Testspiel handelt. "Wenn so etwas bei einem Testspiel passiert, was ist dann erst bei einem Ligaspiel? Deshalb ist das absolut gleich zu behandeln", sagt er. "Die Spieler werden mit Sicherheit gesperrt. Für die Vereine, so könnte ich es mir vorstellen, könnte es Geldstrafen geben."

Entscheidung nächste Woche?

Grundlegend sehen Matheis und Oexle die Trainer in der Pflicht. "Die Trainer sind mitverantwortlich", sagt Matheis. "Der Trainer muss für die Disziplin seiner Mannschaft sorgen. Wenn ich als Trainer so eine Sache bemerke, dass es da Wortgefechte gibt, muss ich den Spieler ermahnen oder vielleicht sogar raus nehmen", empfiehlt er. Aber trotzdem: "Das Spiel hätte nicht unbedingt abgebrochen werden müssen. Aber der Trainer der Pfullendorfer wollte nicht mehr. Dann ist da auch der Schiedsrichter machtlos. Michael Kempter kann man da keinen Vorwurf machen", nimmt er den Unparteiischen in Schutz. Ziemlich froh ist Matheis darüber, dass solche Dinge äußerst selten in seinem Bezirk vorkämen. "In dieser Saison hatten wir bis auf den Vorfall bei der Partie des SV Deggenhausertal gegen den Türkischen SV Konstanz gottseidank noch nichts. Das war aber auch die totale Ausnahme." Dass Derartiges aber nun bei einem Testspiel passiere, sei eine völlig neue Dimension.

Die Sache geht nun vor das Sportgericht. Georg Oexle hat den Bericht des Schiedsrichters Michael Kempter angefordert, der ihn möglichst schnell liefern will. Die beteiligten Vereine und Personen werden außerdem um eine Stellungnahme gebeten. Liegt dies alles vor, tritt die Spruchkammer zusammen und wird ein Urteil fällen. Mit einer Entscheidung rechnet Oexle in dieser Woche nicht mehr. Auch angesichts der zu erwartenden Strafen ist wohl keine Eile geboten. "Mit zwei Wochen wird es da nicht getan sein", sagt Oexle.

Aufrufe: 016.2.2015, 20:41 Uhr
Schwäbische Zeitung / Von Marc DittmannAutor