2024-05-17T14:19:24.476Z

Allgemeines
Trainieren für den Auftakt in der BOL: Johan­na Grzywotz, Veronika Papon und Jennifer Borck (von links) von der Spielvereinigung Erlangen. F: Berny Meyer
Trainieren für den Auftakt in der BOL: Johan­na Grzywotz, Veronika Papon und Jennifer Borck (von links) von der Spielvereinigung Erlangen. F: Berny Meyer

"Den habe ich dann schön umgegrätscht"

Saison-Start im Frauen-Fußball: Zeit für eine Bestandsaufnahme im Männersport Nummer eins.

Zehn Vorurteile, zehn Antworten: Vero­nika Papon, 18, Jennifer Borck, 37, und Johanna Grzywotz, 25, sagen, warum Frauen-Fußball langsam, aber trotzdem spannend ist, wie lange ihre Kolleginnen vor dem Spiegel stehen und ob wirklich alle Lesben sind.

Frauen-Fußball ist unattraktiv.

Johanna Grzywotz: Selbst spiele ich gern Fußball. Bei einer WM finde ich allerdings die Spiele nicht so span­nend. Es fallen viele Unkonzentriert­heiten im Spielaufbau auf.
Jennifer Borck: Frauen lassen sich immerhin nicht grundlos fallen.
Grzywotz: Teilweise spielen sie die Angriffe auch schön heraus. Aber meist ist es zu viel Gebolze. Deshalb schaue ich lieber Männer-Fußball.

Frauen sind viel zu langsam.

Grzywotz: Im Vergleich zu den Män­nern, ja. Das liegt in der Natur der Sache.
Veronika Papon: Das ärgert mich manchmal auch selbst. Manches klappt bei uns halt nicht so einfach. Frauen verlieren den Vergleich mit Männern immer.
Borck: Was Schnelligkeit betrifft, sicher. Trotzdem ist vergleichen legi­tim. Mich ärgert’s mehr, wenn Frauen-Fußball nicht akzeptiert wird und Männer immer Vorrang genießen.
Papon: In der B-Jugend habe ich noch mit Jungs trainiert, da hat mal einer gesagt, ich solle mich lieber in die Küche stellen. Den habe ich dann schön umgegrätscht ... (lacht)
Borck:...am besten von hinten.

Frauen-Fußball interessiert sowie­so keinen.

Grzywotz: Also ich kenne schon eini­ge, die das speziell interessiert.
Papon: Viele schauen bei den Profis auch lieber den Frauen zu, weil die Stimmung auf den Rängen da nicht so brutal ist und man auch mit Kindern ins Stadion gehen kann.
Borck: Für mich ist das zu pauschal. Klar, bin ich dafür bereit, mehr Geld für ein Ticket bei den Männern zu bezahlen als bei den Frauen. Aber ich gucke auch bei unserer Zweiten zu.
Papon: Die Frauen-Bundesliga wird ja auch kaum im Fernsehen über­tragen.

Fußballerinnen verdienen wenig und im Amateurbereich: gar nichts.

Grzywotz: Für Männer ist Fußball auch bei den Amateuren ein gut bezahlter Nebenjob.
Borck: Bei Frauen gibt’s nichts. Wir haben kaum Zuschauer. Und wenn’s keiner guckt, wo soll das Geld herkom­men?
Grzywotz: Selbst in der zweiten Bundesliga verdienen Frauen nur wenig bis gar nichts.
Borck:Für mich ist das nicht schlimm. Ich finde, dass bei den Män­nern horrende Summen gezahlt werden. Das beeinflusst doch auch den Charakter der Spieler.

Dem Frauen-Fußball fehlt der Nach­wuchs.

Borck: Bei der „Spieli“ haben wir eine gute Jugendarbeit. Und das lohnt sich. Ich habe erst mit dem Studium zu spielen angefangen. Aber man merkt, wenn andere schon seit ihrer Kindheit am Ball sind.
Grzywotz: Das Problem ist eines der Masse. Es spielen einfach nicht so viele Mädchen Fußball, dass jeder Ver­ein in jedem Jahrgang eine Mann­schaft melden kann.

Fußballerinnen sind zickiger als ihre männlichen Kollegen.

Borck: Auf keinen Fall. Männer streiten mehr, rasten schneller aus, jammern herum. Bei uns sucht man die klassische Zicke vergebens.
Papon:Dampf ablassen ist auf dem Platz aber schon erlaubt. Da darf man sich auch innerhalb der Mannschaft mal anschreien.

Fußballerinnen sind alle Memmen.

Borck: Das ist Käse. Wir werden doch eher als „Mannsweiber“ bezeich­net. Zimperlich sind wir nicht, auch wenn Beine ohne Schrammen schöner wären. Vor einer Hochzeit sollte man vielleicht keine Blutgrätsche auspa­cken. Im Spiel aber vergisst man das schnell - und grätscht trotzdem.

In der Kabine stehen die Frauen nur vor dem Spiegel.

Grzywotz: Ich bin neu im Verein, aber das habe ich noch nirgends erlebt. Nach einem Spiel machen sich manche vielleicht hübsch, um noch feiern zu gehen.
Papon: Aber das ist selten. Meistens sind wir nach dem Spiel einfach zu kaputt.

Fußballerinnen sind alle Lesben.

Grzywotz: Das Klischee gibt’s wirk­lich noch. Ich wurde erst wieder gefragt, ob es nicht komisch ist, wenn wir gemeinsamen duschen.
Borck: Lesbisch zu sein, ist in Frau­en-Teams aber total akzeptiert.
Grzywotz: Vielleicht gibt es prozen­tual auch mehr Lesben, die Fußball spielen, als im Ballett oder beim Vol­leyball.
Papon: Falls irgendwelche Sprüche kommen, können wir aber darüber lachen.
Borck: Wir sagen dann einfach, wir seifen uns immer gegenseitig ein. Dann ist Ruhe.
Aufrufe: 04.9.2015, 09:53 Uhr
Katharina Tontsch (EN)Autor