2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Immer ganz nahe dran an der Mannschaft sowie an Trainer Sebastian Röttger (links) und Kotrainer Niels Wolters (hinten rechts): Jürgen Wesenberg (ganz vorne). Foto: Dieter Kremer
Immer ganz nahe dran an der Mannschaft sowie an Trainer Sebastian Röttger (links) und Kotrainer Niels Wolters (hinten rechts): Jürgen Wesenberg (ganz vorne). Foto: Dieter Kremer

"Regionalliga ist derzeit in Spelle nicht umsetzbar"

Interview mit Fußballobmann Jürgen Wesenberg

Verlinkte Inhalte

In der Winterpause befinden sich seit vergangenem Sonntag die Fußballer des Oberligisten SC Spelle-Venhaus. Fußballobmann Jürgen Wesenberg zieht Bilanz und wagt einen Ausblick. Wesenberg blickt im Interview mit der Emslandsportredaktion auf die erste Hinrunde unter dem neuen Trainer Sebastian Röttger zurück und verrät, in welchem Punkt sich Röttger und dessen Vorgänger Siggi Wolters ähneln, warum der Verein derzeit nicht in die Regionaliga drängt und für welche Fußballer der SCSV eine Art Auffangbecken sein will.

Herr Wesenberg, die Oberligamannschaft geht mit einer bisher noch nie erreichten Punktzahl in die Winterpause. Aktuell sind es 31 Zähler. Davor waren es 29 und 22. Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?
Mein Hinrundenfazit fällt sehr positiv aus. Erst mal bin ich sehr froh, dass wir den Trainerwechsel geräuschlos und vernünftig über die Bühne bekommen haben und es sehr gut machen mit Sebastian (Röttger, Anmerkung der Redaktion) und Niels (Wolters). Wir haben ja zu Saisonstart den Kader ein wenig größer gemacht, weil wir ein paar Fragezeichen hatten, wie zum Beispiel wie die jungen Leute zurechtkommen. Die Neuen haben sich gut entwickelt, gerade die jungen Spieler wie David Schulte-Südhoff und Artem Popov. Aufgrund der Verletzungen war es die richtige Entscheidung, den Kader entsprechend größer zu machen. Kurz vor dem Saisonstart haben wir noch Jannik Landwehr verpflichtet, was eigentlich gar nicht geplant war. Aber im Nachhinein hat es sich als absolut richtige Entscheidung erwiesen. Was mich besonders freut, dass auch die Rotation da ist, was letztendlich zeigt, dass wir alle Spieler im Kader brauchen. Es zeigt aber auch, dass der Trainer seine Philosophie, möglichst viel Spielpraxis zu geben, umsetzt. Natürlich müssen wir von der Punktausbeute her absolut zufrieden sein. Wir haben bis zur Winterpause noch nie so viele Punkte geholt. Es macht auch keinen Sinn, dem einen oder anderen Punkt hinterherzutrauern. Meistens gleicht sich das ja aus. Die Jungs sind topfit, sie hauen sich rein. Wir stehen stabiler in der Defensive und kriegen weniger Gegentore, was dann natürlich logischerweise die positiven Ergebnisse bringt. Wir sind in der Offensive unberechenbar und spielen nach vorne hin guten und interessanten Fußball. Im Großen und Ganzen hat sich die Mannschaft auch in diesem Jahr wieder einen kleinen Step weiterentwickelt.

Sie sind nahe dran an der Mannschaft. Haben als Spieler und Verantwortlicher viele Trainer erlebt. Was zeichnet Sebastian Röttger aus?
Er hat natürlich eine klare Spielvorstellung und ist auch im Training sehr konsequent und rigoros. Das war Siggi Wolters ja genauso. Da unterscheiden sich die beiden eigentlich gar nicht so sehr voneinander. Sebastian führt viele Gespräche mit den Spielern und gibt viele Hilfestellungen. Er versucht, entsprechende Spielformen auch zu erklären. Das funktioniert im Zusammenspiel mit Niels Wolters sehr gut. Sie ergänzen sich beide sehr gut. Sebastians Charakter zeichnet aus, dass er klare Vorstellungen hat, seine Dinge durchzusetzen. Ob das immer gelingt, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber er ist ein positiver Mensch, manchmal zu ehrgeizig. Dann muss man ihn mal ausbremsen. Aber im Großen und Ganzen ist die Zusammenarbeit sehr fruchtbar und positiv. Die Leistungen der Mannschaft zeigen ja auch, dass die Zusammenarbeit fruchtet. Zudem zeichnet ihn seine hohe Qualifikation in der Ausbildung aus. Er ist Lehrer und eben auch Fußballlehrer. Dementsprechend merkt man auch in der Qualität des Trainings, dass er sich auf aktuellem Stand bewegt.

Die Mannschaft befindet sich mit sechs Punkten Rückstand auf Relegationsrang zwei in Schlagdistanz zur Spitze. Würden Sie im Mai die Relegation zur Regionalliga spielen, wenn es denn zu Platz zwei reichen sollte?
Ich sage ganz offen, dass wir diesbezüglich schon Gespräche geführt haben. Wir werden am 2. Februar eine Mitgliederversammlung haben, wo sich auch personell einige Sachen verändern werden. Dort wollen wir auch unser sportliches Konzept vorstellen. Aktueller Stand ist, dass wir keinen Angriff in Richtung Regionalliga vornehmen werden. Wir wollen weiterhin interessanten, attraktiven Oberligafußball bieten. Das ist im Moment auch die Grenze für den Verein und die Fußballabteilung. Der nächste Step wäre natürlich auch eine Herausforderung personeller Natur, finanzieller Natur sowieso. Aber eben auch das ganze Drumherum. Wir sind eben ein ehrenamtlich geführter Verein und wissen, dass unsere ehrenamtlich Tätigen schon heute einen Topjob machen. Wenn man das noch einmal steigern wollte, indem man versucht, eine Regionalliga zu realisieren, ist das nicht darstellbar, glauben wir. Zumindest nicht in dem finanziellen Rahmen, in dem wir uns heute bewegen.

Ist das eine Entscheidung für die Ewigkeit oder strebt Spelle irgendwann doch noch die Regionalliga an?
Man soll ja nie Nie sagen. Meine persönliche Auffassung ist, dass wir das auch nicht aus den Augen verlieren dürfen. Denn ich habe das auch zu Landesligazeiten gesagt: Wenn sich eine Mannschaft sportlich weiterentwickelt und die Optionen da sind, dann muss man irgendwann zumindest mal darüber nachdenken, wenn man in Schlagdistanz zur Spitze ist. Der zweite Platz ist nicht weit weg. Aber wir haben vereinsintern auch schon gesagt, dass wir keine Regionalligalizenz beantragen würden. Eine Regionalliga ist aus heutiger Sicht für den Verein SC Spelle-Venhaus nicht darstellbar. Aber aus den Augen verlieren sollte man das auch nicht. Warum sollte man nicht das Abenteuer eingehen und schauen, wie die Resonanz ist. Wir haben uns aber auch mit einer möglichen Regionalliga nicht intensiv beschäftigt. Spelle ist ein 10 000-Einwohner-Ort. Das muss ja auch als Verein ins Bild passen. Auch wenn wir zum Beispiel in Sachen Infrastruktur aus meiner Sicht top aufgestellt wären. Ich glaube nicht, dass man für die Regionalliga eine Million braucht. Wenn man oben mitspielen will, dann sicherlich. Der Aufwand wäre ja nicht nur für die Spieler, sondern auch für das Umfeld, die Betreuer und Trainer. Es ist schön und legitim, von der Regionalliga zu träumen. Aber es muss auch umsetzbar sein. Den Aufstieg zu schaffen ist die eine Sache. Aber es dann in die Tat umzusetzen, das steht auf einem anderen Blatt.

In der ersten Landesligasaison, als sich ein Durchmarsch ankündigte, hat sich der Verein ebenfalls klar positioniert und keinen Oberligalizenzantrag gestellt. Trainer und Mannschaft waren damals sehr enttäuscht?
Das ist seinerzeit auch etwas unglücklich gelaufen, das sage ich ganz offen. Das war in der Kommunikation nicht so ganz glücklich. Nichtsdestotrotz ist die Entscheidung auch im Nachgang richtig gewesen.

Fakt ist, dass die Zuschauerzahlen von Saison zu Saison sinken. Ist die Liga letztendlich nicht attraktiv genug für die Menschen in Spelle und Umgebung?
Ich glaube schon, dass sie attraktiv genug ist. Wir stehen stabil in den meisten Heimspielen, haben zu Hause 19 Punkte geholt und einige Spiele auch zu null gemacht und viele Tore geschossen, deswegen finde ich es persönlich auch etwas schade der Mannschaft gegenüber. Attraktiv genug ist die Oberliga auf jeden Fall, weil guter Fußball geboten wird. Natürlich sind auch die Ansprüche in Spelle gewachsen. Das muss man auch ganz klar sagen. Aber es kommen viele Faktoren dazu. Auch mit der Akzeptanz. Natürlich will der Zuschauer auch Speller Fußballer sehen, keine Frage. Wir arbeiten daran, den Unterbau für die Oberliga zu schaffen. Das haben wir jetzt mit der U 23 gemacht. Gleiches gilt für den Jugendbereich, wo wir auch besser werden wollen. Das ist aber auch nicht von heute auf morgen zu machen. Man muss auch eine Menge Glück haben, dass sich Spieler so entwickeln, wie man sich das vorstellt. Letztendlich bewegen wir uns im höchsten Amateurbereich, den es überhaupt gibt in Deutschland. Das muss man sich auch als Speller Zuschauer mal vor Augen führen. Natürlich würde man sich bei Heimspielen über den einen oder anderen Zuschauer mehr freuen. Woran es letztendlich liegt, ob man schon ein bisschen abgestumpft ist oder es daran liegt, dass andere Themen in den Vordergrund rücken, wie Bundesligafußball, der mittlerweile jeden Tag gezeigt wird. Wer allerdings Livefußball sehen will, der kommt weiterhin zu uns ins Stadion. Es ist natürlich schade, weil die gesamte Fußballabteilung einen riesengroßen Aufwand betreibt.

Fußballerisch ist der SC Spelle-Venhaus die Nummer zwei im Emsland hinter dem SV Meppen. Viele ehemalige Spieler des SVM beziehungsweise aus dem JLZ Emsland spielen beim SCSV. Wofür steht der Verein aktuell aus Ihrer Sicht?
Wir sehen unsere Fußballabteilung sicherlich auch als Auffangbecken für Fußballtalente aus der Region. Wir wollen aber auch unsere eigenen Talente wie Florian Egbers, Artem Popov oder Tim Feldhaus weiter forcieren. Wir sind die Nummer zwei im Emsland, und das wird auch auf absehbare Zeit so bleiben. Wir sind sportlich und was die Infrastruktur anbetrifft gut aufgestellt. Natürlich hat man immer Verbesserungspotenzial, und natürlich hat man ein paar Wünsche. Aber ich glaube schon, dass die Ansprüche in Spelle in den letzten Jahren sehr hoch geschraubt worden sind. Dazu habe ich durch meinen Part natürlich auch beigetragen, weil ich viele Dinge forciert habe. Aber wir haben qualitativ ein sehr hohes Niveau. Wir haben 42 aktive Mannschaften und 1300 Leute, die im Verein Fußball spielen. Dauerhaft sehen wir uns auf diesem Niveau.

Aufrufe: 09.12.2016, 08:00 Uhr
Dieter KremerAutor