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November 1964: Die erste 1:9-Niederlage der Spatzen

Gerd Müller damals mit vier Treffern

Lieber einmal 1:9 verlieren als neunmal 0:1. Die Spatzen haben allerdings mindestens zwei denkwürdige 1:9-Pleiten kassiert. Im März 2000 gegen Leverkusen - und im November 1964 bei den Bayern.

Über Italien lacht die Sonne, über Ulm lacht Deutschland. So oder so ähnlich war das am 18. März 2000, als die langsam, aber sicher aus der Bundesliga abstürzenden Spatzen im Donaustadion vor 23.500 Zuschauern mit 1:9 (0:4) von Bayer Leverkusen nach allen Regeln der Fußballkunst gerupft wurden - 0:1 Emerson (10. Spielminute), 0:2 Paulo Rink (14.), 0:3 Ulf Kirsten (19.), 0:4 wieder Emerson (39.), 0:5 Oliver Neuville (68.), 0:6 Zé Roberto (73.), 0:7 Michael Ballack (75.), 0:8 erneut Zé Roberto (81.), 0:9 Bernd Schneider (85.).

Dann erst durften auch die Ulmer einmal: Leandro Fonseca köpfte in der 90. Minute das 1:9, vorbereitet von Janusz Gora. Trainer bei den Ulmern war Martin Andermatt, bei Leverkusen Christoph Daum, der schon wenige Monate später wegen Kokainkonsums entlassen werden sollte. Bundesliga kurios. Das 1:9 selbst war einmalig wie die kurze Ulmer Erstliga-Geschichte, im Spatzen-Fußball aber nicht zum ersten Mal passiert: "Beinahe eine zweistellige Niederlage - Ulmer Abwehr von einer Torlawine überrollt." So titelte die Schwäbische Donau Zeitung (SDZ) im November vor 50 Jahren schon. Da hatte die Mannschaft in der Regionalliga Süd ebenfalls ein 1:9 kassiert - damals beim FC Bayern, wo es zur Pause 0:3 stand. Überragend: der erst 19 Jahre alte Stürmer Gerd Müller mit vier Treffern. Zu bedauern: der drei Jahre ältere Ulmer Torhüter Jürgen Modic.

Der hatte nach einem krassen Fehlstart mit sieben Niederlagen und dem Trainerwechsel (Lothar Schröder kam für Arthur Kießling) Werner Briel im Kasten abgelöst. Der war zunächst für den zur Hertha BSC in die Bundesliga abgewanderten WM-Keeper Wolfgang Fahrian aufgerückt.

Ende der Saison 1963/ 1964 hatten die Ulmer die Münchner noch mit 6:4 bezwungen. Während die Bayern mit Torjäger Gerd Müller, dem künftigen "Bomber der Nation", nun unaufhaltsam dem Aufstieg in die Bundesliga entgegenstürmten, versuchten sich die Spatzen, die bis 1963 selbst in der ersten Liga, damals die Oberliga Süd, gespielt hatten, unter Trainer Schröder verzweifelt gegen den drohenden Abstieg aus der zweiten Liga zu wehren. Es sollte nicht reichen. Im Mai 1965 zählte die TSG 46 (24:48 Punkte) mit Wacker München (27:45) und dem abgeschlagenen FC Emmendingen (4:68) zu den drei Absteigern.

Der aus Nördlingen stammende Gerd Müller war beim 9:1 der gefeierte Spieler. Drei der vier Tore schoss er in der zweiten Halbzeit. Und die SDZ kommentierte: "Als der gefährlichste Stürmer, Müller, mit einem Hattrick das Resultat auf 7:0 hochschraubte, sahen die Zuschauer die Chance zu einem zweistelligen Sieg und feuerten ihre Elf entsprechend an. In diesem Wirbel gingen die Ulmer sang- und klanglos unter. Es war nur ein Schönheitsfehler, als Manfred Starzmann, von Erwin Hoffmann eingesetzt, zum Ulmer Ehrentreffer kam." "Zeppo" Starzmann traf immerhin gegen einen, der mit Gerd Müller 1974 Weltmeister werden sollte: Sepp Maier stand im Bayern-Tor.

In der Bundesliga-Saison 1999/ 2000 verloren die Ulmer beim FC Bayern lediglich mit 0:4. Und im Donaustadion, da hatten sich die Münchner sogar außerordentlich schwer getan. Carsten Jancker war es, der in der 44. Minute traf. 1:0 für die Gäste hieß es auch nach 90 Minuten, und Fußball-Deutschland staunte über die Spatzen.

Aufrufe: 020.11.2014, 08:38 Uhr
WOLFGANG SCHEERER | SWPAutor