2024-05-08T14:46:11.570Z

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F: Andreas  Reimer
F: Andreas Reimer

"Nicht das Team wählt den Kapitän"

Interview mit Peter Radojewski, Trainer des Oberligisten Ratingen 04/19, vor dem Saisonstart

Der Trainer des Oberligisten Ratingen 04/19 spricht vor dem Saisonstart gegen den VfB Hilden (Sonntag, 15 Uhr) über Ziele, Spieler und Privates.

Herr Radojewski, am Sonntag geht die Oberliga-Saison endlich mit dem Heimspiel von 04/19 gegen Hilden los. Wird es Zeit?

Peter Radojewski Für die Spieler immer noch ein bisschen mehr als für mich, die sind es schließlich, die in der Vorbereitung ackern und arbeiten müssen. Ich fordere viel von den Jungs. Aber ich freue mich, dass es endlich um Punkte geht. Testspiele sind schön und gut, aber die Intensität gibt es nur in Punktspielen.

Sie gelten als extrem anspruchsvoller Trainer. Ist die Mannschaft in Ihren Augen für den Start gerüstet?

Radojewski Wir sind noch nicht da, wo ich uns sehen möchte. Es fehlen noch ein paar Abläufe, aber insgesamt sind wir gefestigter als vor ein paar Wochen. Es war keine einfache Vorbereitung, als wir angefangen haben, waren viele Spieler noch verletzt oder nicht verpflichtet. Das ist eben die Last eines Umbruchs.

Sie sagen es selbst: Umbruch. Im Sommer kamen und gingen viele Spieler...

Radojewski Wir wollten die Mannschaft verjüngen und verstärken. Da kriegt man es nicht hin, dass alle Spieler zum Trainingsbeginn am 2. Juli auf dem Platz stehen. Einigen fehlt es noch ein wenig an der körperlichen Substanz. Aber die werden wir uns in den Spielen holen.

Inwieweit ist die Mannschaft in der kurzen Zeit schon zu einer Einheit geworden?

Radojewski Die Jungs sind schnell zusammengewachsen. Ich habe gesehen, dass auf dem Platz ein Team mit Herz und Charakter steht. Schließlich haben wir schon in den Freundschaftsspielen regelmäßig Rückstände umgebogen. Das zeigt, dass die Jungs auch mit Rückschlägen umgehen können.

Dass das Team zu einer Einheit gewachsen ist, ist nicht ganz selbstverständlich. Schließlich hat Ihr Sportlicher Leiter, Michael Kulm, gleich sieben Spieler aus Essen mitgebracht.

Radojewski Die Jungs von Rot-Weiss waren die ersten, die Anfang der Vorbereitung auf dem Trainingsplatz standen. Sie waren nach einer Woche schon so gut integriert, dass es den Anschein hatte, sie hätten nie woanders gespielt.

Einer der Neuen, Thomas Denker, ist Ihr Kapitän. Was sprach für ihn - und gegen den alten Kapitän Patrick Fiedorra?

Radojewski Grundsätzlich habe ich ein Problem damit, wenn die Mannschaft einen Kapitän wählt. Das geht dann meistens nach Sympathie, aber Sympathie allein bringt eine Mannschaft auf dem Platz nicht weiter. Ich wollte ein Zeichen setzen: Thomas ist ein Spieler der Zukunft, auf dem Platz extrem präsent, er zeigt seine Leistung und macht den Mund auf.

Tut so eine Degradierung nicht trotzdem weh?

Radojewski Natürlich waren Patrick und Sascha Meier lange die Kapitäne der Mannschaft. Ich habe mit Patrick gesprochen, nachdem ich meine Entscheidung gefällt habe. Patrick weiß auch, dass die vergangene Saison für ihn unbefriedigend war, er war oft verletzt. Er will in dieser Saison noch einmal beweisen, wie gut er den Part in der Abwehr spielen kann. Ich denke, da ist ihm gar nicht so wichtig, ob er nun die Binde trägt oder nicht.

Stichwort Abwehr: Ihre Mannschaft spielte in der Vorbereitung nicht ein Mal "zu Null".

Radojewski Das ist ein Punkt, an dem wir arbeiten müssen. Da haben wir noch eine ganze Menge zu tun, schließlich ist es für die Angreifer auch leichter, wenn sie wissen: Ein Tor reicht auch mal zum Sieg.

Was haben Sie sich für Ziele in dieser Saison gesetzt?

Radojewski Nach dem Umbruch sollten wir uns Zeit geben. Optimal wäre ein guter Start, dann geht man mit breiterer Brust in die Spiele danach. Unser Ziel ist ein einstelliger Tabellenplatz. Das können wir erreichen - wenn alle gesund bleiben. Wir haben einen kleinen Kader, damit müssen wir auskommen.

Gibt es Spieler, die Sie nach der Vorbereitung herausheben würden?

Radojewski Alle waren extrem bemüht, das Vorbereitungsprogramm durchzuziehen. Ich möchte keinen herausheben.

Gut, dann tun wir das. Mwane Gobitaka wirkt so, als könne er der Mannschaft sehr weiterhelfen.

Radojewski Wenn man bedenkt, dass er noch nicht bei hundert Prozent ist - ja. Seine körperliche Präsenz ist unglaublich, er ist stark per Kopf, das ist gerade in unserer Liga sehr wichtig. Er hat vor der Vorbereitung sieben, acht Wochen ausgesetzt, die fehlen ihm gerade noch. Aber sein Potenzial ist groß, er wird uns sehr weiterhelfen.

Was ist mit Faisal Aziz, der von Eintracht Trier II kam?

Radojewski Bei ihm hatten wir das Glück, dass seine Eltern in Düsseldorf leben. Er hat sich bei uns vorgestellt, ist ein guter Stürmer. Er hat diesen Zug zum Tor. Insgesamt sind wir in diesem Bereich aber gut aufgestellt. In der vergangenen Saison hatten wir nur Chamdin Said als Angreifer, nun in Aziz und Berkay Öz noch zwei weitere starke Stürmer.

Falls Daniel Keita dazukommen sollte, wären es sogar vier.

Radojewski Ich habe ihn vergangene Woche noch einmal im Gefängnis besucht. Es dauert leider alle seine Zeit. Ich hoffe, dass er in den nächsten ein, zwei Wochen zu uns stoßen kann. Dann würde er uns sehr bald weiterhelfen. Er ist topfit.

Ist es nicht merkwürdig, einen Ihrer Spieler im Gefängnis zu besuchen?

Radojewski Natürlich ist es unangenehm, wenn hinter einem die Türen abgeschlossen werden. Ich hatte Daniel schon in Wuppertal trainiert. Er ist ein guter Junge, der Mist gebaut hat. Ich hoffe, dass der Weckruf "Knast" bei ihm angekommen ist.

Sie sind fünf Tage die Woche für 04/19 unterwegs, sind "nebenbei" noch Versicherungsmakler. Macht Ihre Familie das eigentlich mit?

Radojewski Mein Sohn spielt in der U17 beim Wuppertaler SV, der ist selber ständig mit Fußball unterwegs. Meine Tochter ist sechs, wir sind also aus dem Gröbsten raus. Meine Frau ist zwar kein leidenschaftlicher Fußball-Fan, sie wusste aber, was sie sich mit mir antut. Manchmal muss ich mich aber selbst bremsen - wir haben seit drei, vier Jahren keinen Sommerurlaub gemacht. Wegen des Fußballs. Hoffentlich nächstes Jahr mal wieder.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Radojewski Das war die Olli Kahn-Biografie. Gott, das muss schon ein paar Jahre her sein. Ich lese nicht viel, um ehrlich zu sein, abgesehen von Fachzeitschriften. Da schnappe ich mir lieber meine Tochter und gehe mit ihr in den Zoo. Da haben wir alle mehr von.

Aufrufe: 08.8.2014, 15:05 Uhr
Rheinische PostAutor