2024-05-10T08:19:16.237Z

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Gino Lettieri auf dem Trainingsplatz in Action.
Gino Lettieri auf dem Trainingsplatz in Action.

Grlic: "Im positiven Sinne ein Fußballverrückter!"

Manager Ivica Grlic stand im Landhaus Milser in Duisburg Rede und Antwort+++

Interview FuPa.net / AMG Sports / U. Selch mit Ivica Grlic / 06.02.15

Wir trafen einen aufgeräumten, sympathischen und äußerst lockeren Ivica Grlic in der Lobby des noblen Landhaus Milser, Duisburg. Ivica Grlic, seines Zeichens Sportdirektor beim Traditionsverein MSV Duisburg, für den er u.a. auch während seiner aktiven Zeit erfolgreich als Spieler tätig war, gewährte uns freundlicherweise Einblicke in seine Arbeit und seine sportliche Philosophie und fand - trotz Termindruck - Zeit für dieses Interview mit FuPa.net / AMG Sports

Herr Grlic, vielen Dank, dass Sie trotz Ihres vollen Terminkalenders sich die Zeit für unsere Fragen nehmen. Man bezeichnet Sie ja hinter vorgehaltener Hand als den Baumeister dieses wieder erstarkten MSV Duisburg, der jüngst auf seiner Jahreshauptversammlung so eindrucksvoll Einigkeit demonstriert hat. Wie werten Sie solche Äußerungen?

Bei allem gebotenen Respekt: das schmeichelt zwar, ist aber trotzdem maßlos übertrieben. Ich bin sicherlich ein Zahnrad in diesem Räderwerk MSV Duisburg, aber - um mal bei diesem Bild zu bleiben - um diese Maschinerie erfolgreich am Laufen zu halten, bedarf es vieler helfender Hände und den Einsatz vieler dem MSV Duisburg wohlgesonnener Menschen. Und das sind häufig die, die keine Interviews geben, aber vollkommen uneigennützig den Verein unterstützen. Aber ich glaube, es ist dem Vorstand und allen Gremien gelungen, ein gesundes Wir-Gefühl zu erzeugen. Die Fans haben es uns ja quasi vorgemacht und wir transportieren das nun in den Verein.

Zumindest haben Sie aber eindrucksvoll bewiesen, dass Sie in kürzester Zeit eine funktionierende Truppe zusammenstellen können.

Ja, genau genommen sogar 2 (Anmerkung der Redaktion: eine Mannschaft für die 2. BuLi und eine für die 3. Liga), aber das ist Schnee von gestern, weil das vor der letzten Saison war und zählt im Tagesgeschäft Fußball somit nur wenig. Mich freut es viel mehr, dass unser aktueller Kader offensichtlich Potenzial hat und sich manche Spieler genauso entwickeln, wie ich es prophezeit habe und die Entscheidung, sie zu verpflichten, sich als richtig erwiesen hat. Auch wenn solche Entwicklungen immer Zeit in Anspruch nehmen. Das liegt in der Natur der Dinge, aber Ungeduld ist immer ein schlechter Ratgeber.

Wie bewerten Sie denn die Arbeit Ihres Cheftrainers Gino Lettieri, den Sie ja überraschenderweise verpflichtet haben. Den hatte ja wohl kaum einer in Duisburg auf dem Zettel.

Ich verpflichte ja niemanden, um die Menschen hier zu überraschen, sondern um für den Verein den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Und da ist Gino der richtige Mann, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort: ein im positiven Sinne Fußballverrückter, der immer 100 % gibt und auch einfordert. Er ist emotional, für ihn ist Fussball nicht Beruf sondern Berufung und da erkenne ich mich manchmal wieder. Ein akribischer Arbeiter, taktisch äußerst versiert und kein Verfechter halbgarer Lösungen. Das macht die Arbeit mit ihm so angenehm und auch manchmal anstrengend (lachend). Wir passen gut zusammen. Unsere Ziele sind identisch: der MSV Duisburg braucht den Erfolg und wir wollen das gemeinsam realisieren.

Anstrengend?

Klar, er will immer das Optimum. Ich im übrigen ja auch, aber ich ärgere mich nach einem Sieg nicht über suboptimale Spielzüge meiner Mannschaft. Ich kann mich da schon eher erst mal über die 3 Punkte freuen und die Kritik für die Spielanalyse am nächsten Tag aufheben.

Ein Interview mit Ivica Grlic, Sportdirektor des MSV Duisburg, zu führen, ohne die obligatorische Frage nach den Aufstiegszielen zu stellen, ist ja eher ein No-Go. Auch wenn Sie es möglicherweise nicht mehr hören können oder wollen, gestatten Sie uns die Frage.

(lacht) Das war ja klar. Alles andere hätte mich gewundert. Also: ich habe da schon ganz klare Vorstellungen, ähnlich wie ein Architekt, der sein Haus zwar nur auf dem Reißbrett sieht, aber dennoch weiß, wie es in natura aussehen wird. Das erklärte Ziel ist es, bis 2016 aufzusteigen. Wenn es uns früher gelingen sollte, ist es umso schöner, denn finanziell ist in dieser Liga kein Blumentopf zu gewinnen. Allerdings muss man auch festhalten, dass das Leistungsniveau in der 3. Liga extrem eng ist. Das bedeutet, dass mindestens fünf bis sechs Mannschaften das Potential haben, diese Saison aufzusteigen. Dazu gehören sicherlich auch wir, aber das Ergebnis steht natürlich in den Sternen. Da hilft uns auch keine Tradition und auch nicht der Glaube, als ehemaliger Bundesligist etwas Besseres zu sein, keine Glorie vergangener Tage oder Pokale und Medaillen, die in einer Vitrine verstauben. Wir müssen einfach auf uns schauen, geduldig unseren Weg gehen und keine Unruhe aufkommen lassen oder uns von außen in unserer Konzentration beeinflussen lassen. Purer Aktionismus, eine überzogene Erwartungshaltung oder andere kontraproduktive Einflüsse torpedieren nur unsere Bemühungen, unsere Ziele zu erreichen. Und das Ziel kann nur lauten, als Traditionsverein wieder mindestens in der 2. BuLi zu spielen. Und wenn der Fußballgott manchmal ein Duisburger wäre, hätte das auch einen gewissen Charme (lacht).

Herr Grlic, wir danken für dieses Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Mission

Aufrufe: 06.2.2015, 19:20 Uhr
Sven SelchAutor