2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait
Der neue "Chef" und sein Stellvertreter: Bernd Mommertz und Karl-Heinz Mund. Foto: Helga Raue
Der neue "Chef" und sein Stellvertreter: Bernd Mommertz und Karl-Heinz Mund. Foto: Helga Raue

"Gewalt muss härter bestraft werden"

Der neue Vorsitzende im Fußballkreis Aachen, Bernd Mommertz, und sein Stellvertreter Karl-Heinz Mund stehen für offene Worte

Die Stimmung ist gut, die Ärmel sind hochgekrempelt – und das nicht nur sinnbildlich. Der neue Vorstand des Fußballkreises Aachen hat sogleich die Arbeit aufgenommen, will Akzente setzen. Der Generationswechsel ist eingeläutet, der Vorstand präsentiert sich verjüngt. „Der Fußballkreis ist sehr gut aufgestellt, und die bisher geleistete Arbeit passte auch.

Aber für mich war der Generationswechsel das Wichtigste“, sagt Bernd Mommertz. Beim Kreistag wurde der bisherige Stellvertreter als Nachfolger von Raphael Lamm, der nach acht Jahren nicht mehr kandidierte, gewählt (wir berichteten).

Das Thema Generationswechsel ist für Mommertz so wichtig, da „aktuell auch in vielen Vereinen Generationswechsel vollzogen werden. Wir haben festgestellt, dass auch da viele jüngere Leite ins Boot geholt werden. Das ist ein anderes Denken, wie z. B. in der medialen Welt“, erläutert der neue „Chef“, der sich selbst als geradlinig und Mann des offenen Wortes präsentiert. Ebenso wie sein neuer Stellvertreter Karl-Heinz Mund. „Ich war schon überrascht, als ich für dieses Amt angesprochen wurde“, so Mund, der seine Motivation für die neuen Aufgaben daraus schöpft, neue Ideen in den Fußballkreis zu bringen. Mund: „Ich möchte den Fußballkreis noch weiter nach vorne bringen.“

Der demografische Wandel ist eines der Schlagworte, mit denen der neue Vorstand sich beschäftigen will. „Immer mehr Vereine fusionieren – auch von den Kommunen dazu gedrängt, die wie zuletzt in Stolberg die Columbia und der TSV Donnerberg dann einen gemeinsamen Kunstrasen erhalten“, so Mommertz. „Wir müssen so viele Mannschaften wie möglich im Spielsystem halten.“

Das Freizeitverhalten hat sich verändert, und der Fußball – bei aller Beliebtheit – ebenfalls. „Wir sagen nicht, Fußball am Sonntag ist out. Aber der Fußball steht bei vielen nicht mehr so im Mittelpunkt des Lebens wie früher. Die Fußballwelt hat sich verändert, auch weil längst nicht mehr alle Leute am Sonntag frei haben. Der Fußball muss sich anpassen.“ Dem muss auch mit einer flexibleren Ansetzung Rechnung getragen werden. „Früher durfte man keine Spiele auf einen späteren Termin verlegen, nur vorziehen. Wir bevorzugen da ein Zeitfenster von Donnerstag bis Dienstag, das jeder Verein in Absprache mit dem Gegner nutzen kann.“ Und Mund verspricht: „Wir wollen offener für die Wünsche der Vereine werden.“

Mommertz kennt die Probleme aus der einwohnersarmen Eifel nur zu gut. „Es gibt immer weniger Nachwuchs, immer weniger Vereine können Nachwuchsmannschaften durch alle Altersklassen anbieten – nicht nur in der Eifel“, so Mommertz. Aus dem Grund hatten sich 2012 auf Initiative des TSV Kesternich Roland Rolles- broich, Hertha Strauch, Komet Steckenborn, SV Rurberg und GW Einruhr zum SV Nordeifel zusammengeschlossen.

„In Aachen ist so ein Zusammenschluss ungleich schwerer“, kennt Mund die Animositäten zwischen manchen Klubs nur zu gut, die eine sinnvolle Fusion verhindern. Hier sieht sich der neue Vorstand als Vermittler zwischen den Klubs.

Das zweite große Thema ist der Schiedsrichternachwuchs, besser: der fehlende. „Wir haben aktuell 25 Jungschieds richter im Fußballkreis Aachen, das ist viel zu wenig. Das Schiedsrichterwesen ist überaltert. Viele ältere Unparteiische würden gerne kürzertreten, machen es aber mangels Ersatz nicht“, so Mommertz, der mit seiner Mannschaft überlegt, wie man das „Hobby an der Pfeife“ für den Nachwuchs attraktiver machen kann. Mommertz hofft, Fußballer, die vielleicht aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbst spielen können, zu überzeugen, dass sie so ihrem Hobby treu bleiben können.

„Ich selbst bin das beste Beispiel“, sagt er schmunzelnd. „Und vielleicht kann man die Jugend auch aktivieren, wenn sie sieht, dass sie neben dem Spaß auch ihr Taschengeld aufbessern kann.“ Wichtig dabei ist für das Duo übereinstimmend die Einbindung der Eltern. „Zum einen wollen wir ihnen zeigen, dass ihr Nachwuchs so lernt, Verantwortung zu übernehmen, zum anderen wollen wir den Eltern auch die Angst nehmen“, denkt Mund Infoabende an. „Vielleicht müssen wir mehr in die Vereine gehen und auch erklären, wie man sich als Schiedsrichter in machen Situationen auf dem Platz fühlt. Und wie unsere Emotionen während des Spiels sind.“

Ein drittes Thema liegt Mommertz besonders am Herzen: „Dass Gewalt auf dem Fußballplatz härter bestraft wird – auch wenn mir die Vereine leid tun, die ja wegen des Verhaltens ihrer Spieler bestraft werden. Es ist mein Anliegen, die Spieler mehr zu bestrafen als die Vereine. Man kann das Instrument der Strafe auf Bewährung stärker nutzen“, so der 49-Jährige. „Wir hoffen, dass die neue Spruchkammer bei Gewalttätern energischer durchgreift. Andere Kreise haben auch schon lebenslange Sperren oder eine Sperre für drei Jahre ausgesprochen.“ Auch einmal „ein Ausrufezeichen zu setzen“, fordert Mund unisono.

Eine Personalie ist nach dem Ausscheiden von Anja Hompesch, die zum FVM wechseln wird, noch vakant, eine neue Frauenbeauftragte soll bis zum Sommer noch gefunden werden. „Wir hätten nicht gedacht, dass das so schwierig ist“, sagt Mommertz, der sich insgesamt eine bessere Verzahnung zwischen der Frauen- und Mädchenbeauftragten wünscht. Apropos Frauen: „Der Effekt der WM ist leider viel zu schnell verpufft“, werden sinkende Zahlen beobachtet. Was den FVM auch auf den Gedanken gebracht hat, das sogenannte Norweger-Modell anzubieten. „Kommt eine Mannschaft nur mit neun Spielerinnen, tritt die andere auch nur mit neun an. Es ist ein Ansatz, dieses Modell mal in der Kreisliga zu testen. Bei der Staffelbesprechung werden wir darüber mit den Vereinen reden“, so Mommertz.

Bereits beschlossen wurde eine Kooperation mit dem Regio-Sportbund, mit dem man sich einen FSJler teilt. „Alleine bekommen der Fußballkreis bzw. der Regio-Sportbund den jungen Mann, der 39 Stunden ableisten muss, nicht beschäftigt“, erläutert der Vorsitzende. Dafür revanchiert sich der Regio-Sportbund mit kostenlosen Vorträgen für die Klubs, so erstmals am 2. Juli zum Thema Steuerrecht von Vereinen.

Motiviert schaut das neue Führungsduo nach vorne: „Wir sind als Team gut aufgestellt, wollen den Fußballkreis nach vorne bringen, weiter entwickeln und auch neue, eigene Akzente setzen“, sagt Mommertz, und Mund ergänzt. „Wir wollen die Vereine mit ins Boot nehmen und für sie da sein.“

Chef und Stellvertreter greifen gern zur Pfeife

Bernd Mommertz, der am Tag des Kreistags 49 Jahre alt wurde, stammt aus Alsdorf-Schaufenberg. Sein Heimatverein, bei dem er als Kind spielte, ist Rhenania Würselen. Vor 18 Jahren zog er nach Kesternich und gehört dem dortigen TSV an. „Eine Fußballerkarriere hatte ich nicht, beim TSV habe ich mit 31 schon Alte Herren gespielt“, so Mommertz lachend. Seit 2008 agiert er als Schiedsrichter in den Kreisligen C und D, engagiert sich seit 2010 im Fußballkreis Aachen als Staffelleiter in der Eifel sowie seit 2012 als stellvertretender Vorsitzender an der Seite von Raphael Lamm.

Karl-Heinz Mund (52) ist heute für die Eintracht Verlautenheide aktiv. Sein Heimatverein war der VfR Forst, für den er viele Jahre lang spielte und zwei Mal im DFB-Pokal stand – 1983 gegen den 1. FC Köln, 1987 gegen den Karlsruher SC. Auch agierte er in der Verbandsliga bei Borussia Brand. Seit 2009 wirkt er aktiv als Schiedsrichter bis Kreisliga A. Seit den Neuwahlen im Januar gehört Mund dem Kreisschiedsrichterausschuss an, seit Mai auch dem Kreisvorstand an. Als Trainer in Forst sowie zeitweise Jugendleiter bzw. Vorsitzender bei der Eintracht kennt er auch die andere Seite.

Aufrufe: 020.5.2016, 15:30 Uhr
Helga Raue I AZ/ANAutor