2024-05-14T11:23:26.213Z

Allgemeines
Der Verkauf des 2008 eingeweihten Sportheims samt Tribüne könnte Geld in die Kassen des von den Folgen der Steuerrazzia gebeutelten TSV Aindling spülen.
Der Verkauf des 2008 eingeweihten Sportheims samt Tribüne könnte Geld in die Kassen des von den Folgen der Steuerrazzia gebeutelten TSV Aindling spülen.

Erschütterung nicht nur beim Verein

Obwohl Funktionäre sich vor Gericht verantworten müssen und der TSV Aindling in massiven Geldnöten steckt, besteht wohl Hoffnung

Ludwig Grammer hat einen undankbaren Auftrag. Als Vorsitzender des TSV Aindling soll er Stellung zu den Vorgängen innerhalb seines Vereins beziehen. Seit annähernd vier Jahren muss sich Grammer abseits des Sportlichen mit der Steueraffäre beschäftigen. Lange war die Bedrohung für den Verein nicht greifbar, seit dem Wochenende ist das anders.

Wie die Aichacher Nachrichten exklusiv berichteten, ist gegen vier ehemalige und aktuelle Vorstandsmitglieder Anklage erhoben worden. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug über Jahre hinweg. Konkret geht es um Summen im hohen sechsstelligen Bereich, die sich vorwiegend aus nicht korrekt abgerechneten Spielergehältern der Fußballabteilung zusammensetzen. Die Nachzahlungen könnten das Aus des Vereins bedeuten.

Bei Grammer hinterlassen derart schlechte Nachrichten Spuren. Er wirkt bedrückt, aber nicht überrascht, wenn er sagt: „Dass es so kommen wird, hat man gewusst.“ Seit der Steuerrazzia im November 2011 hat die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt, wegen der vielen Einzelfälle ein aufwendiges Unterfangen. Über 100 Seiten umfasst die abschließende Anklageschrift. Wann vor dem Amtsgericht verhandelt wird, bleibt bisher offen. Es wird wohl noch Monate dauern, ehe die Funktionäre vor Gericht erscheinen müssen. Ihnen drohen nach jetzigem Stand bis zu vier Jahre Haft. Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren können auf Bewährung ausgesetzt werden.

Rund 4500 Einwohner zählt die Marktgemeinde Aindling. In ländlichen Regionen prägt ein Sportverein – unabhängig von sozialen Netzwerken im Internet – noch immer das Miteinander im Dorf. Deshalb überlegt Bürgermeister Tomas Zinnecker, wie er dem TSV helfen kann. Mit Grammer hat er sich öfters getroffen und beratschlagt. Die Gemeinde hat einen Anwalt eingeschaltet, der prüfen soll, was möglich ist. „Wir arbeiten an mehreren Konstruktionen“, sagt Zinnecker. Allerdings sei dies nicht einfach.

Endgültige Zahlen über die Nachforderungen gebe es nicht, fügt er hinzu. Summen will niemand bestätigen. Im engen Kreis wird von rund 750.000 Euro gesprochen. Ein mögliches Szenario: Die Marktgemeinde kauft dem TSV Aindling das Sportheim und die Tribüne ab und spült Geld in die Vereinskasse. Für das Sportheim bürgt die Kommune bereits, zudem gehört ihr der Grund.

Auf der Straße, beim Bäcker, Metzger oder im Supermarkt. Der TSV Aindling und seine Steueraffäre bieten den Bürgern Gesprächsstoff. Klar werde man darauf angesprochen, berichtet Zinnecker. Das persönliche Schicksal der Funktionäre mache ihn betroffen. Allgemein wird davon ausgegangen, die Angeklagten hätten sich nicht selbst bereichert. Dies könnte sich im Prozess strafmildernd auswirken.

Die Reaktionen innerhalb des Vereins fallen unterschiedlich aus. Während Tennisabteilungsleiter Siegfried Hörmann froh ist, nichts mit der Sache zu tun zu haben, zeigt sich Stockschützenchef Josef Schön solidarisch. Sauer sei er auf niemandem. „Sie haben das gemacht, damit wir schönen Fußball sehen“, sagt er fast trotzig. Im Zuge der Steueraffäre hat der Verein seine Gemeinnützigkeit verloren. Er kann keine Spendenbescheinigungen mehr ausstellen, erhält keine Zuschüsse und Förderungen. Gerade die Jugendarbeit wird dadurch erschwert. Dennoch glaubt Josef Kigle, der Vorstand Spielbetrieb, an eine Zukunft seines Vereins. Er selbst konzentriere sich auf das Sportliche, der Rest sei Sache des Vorstands, erklärt er knapp.

Zwischen 2003 und 2011 sollen die Gelder dem Staat vorenthalten worden sein. Damals spielten die Fußballer noch in der Bayernliga und zählten zu den sportlichen Aushängeschildern der Region. Inzwischen kämpfen sie in der Landesliga um den Klassenerhalt. Aus Mannschaftskreisen ist zu erfahren, dass der Verein finanzielle Versprechungen trotz klammer Kasse einhält. Trainer Roland Bahl lobt die Zusammenarbeit mit jetzigen Verantwortungsträgern. Er sieht eine seiner Aufgaben darin, den Verein „mit guten Ergebnissen in ein positives Licht zu rücken“. Wie schwer das dieser Tage ist, darüber kann bestimmt der Vorsitzende Grammer erzählen.

Aufrufe: 022.7.2014, 06:45 Uhr
Aichacher Nachrichten / Johannes GrafAutor