2024-04-25T14:35:39.956Z

Spielvorbericht
Die Lage zwischen dem TSV 1860 und den Medienvertretern ist seit Monaten angespannt.
Die Lage zwischen dem TSV 1860 und den Medienvertretern ist seit Monaten angespannt.

Eklat bei 1860: Reporter verlassen Pressekonferenz vorzeitig

„Der Verein möchte die Journalistin mundtot machen“

München - Bei der Pressekonferenz des TSV 1860 vor dem Heimspiel gegen St. Pauli ist es zu einem Eklat mit Journalisten gekommen. Der Bayerische Journalisten-Verband hat sich bereits gemeldet.

Eklat am Freitag bei der Pressekonferenz des TSV 1860 vor dem Heimspiel gegen den FC St. Pauli (Samstag um 13:00 Uhr, bei uns im Live-Ticker). Zwei Bild-Reporter verließen die Runde im Pressestüberl an der Grünwalder Straße, nachdem von ihnen gestellte Fragen unbeantwortet geblieben waren. Was war passiert?

Als Bild-Reporterin Kristina Ellwanger eine Frage an Trainer Vitor Pereira zu den Trainingseindrücken von Stefan Aigner stellte, blieb diese unbeantwortet. „Ich bitte das zu entschuldigen, aber wir werden deine Fragen nicht beantworten“, sagte 1860-Pressesprecherin Lil Zercher und wollte zur nächsten Frage weiterleiten. Doch Ellwangers Kollege Frank Schneider, stellvertretender Sportchef der Bild, schaltete sich ein und fragte persönlich nach: „Herr Pereira, die Kollegin Ellwanger hat in den letzten Wochen Geschichten recherchiert, die dem Verein missfallen haben und daraufhin möchte der Verein die Journalistin, wie wir eben erlebt haben, mundtot machen.“

Bild-Reporterin bei 1860 „derzeit nicht willkommen“

Schneider sprach dabei offensichtlich auf die Berichte des Blattes an, wonach Löwen-Spieler Karim Matmour aus dem Verein gemobbt werden soll. Pereira plant jedenfalls nicht mehr mit dem Spieler. Mittlerweile trainiert Matmour nur noch bei der U21, ein Vereinswechsel wird ihm nahegelegt. Ellwanger wurde am Montag schriftlich mitgeteilt, dass sie „aufgrund der jüngsten Berichterstattung um Karim Matmour beim TSV 1860 derzeit nicht willkommen“ sei, wie der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) bestätigte. Ihr sei auch die Akkreditierung für das Pauli-Spiel verweigert worden.

Schneider weiter: „Wieso haben sie Angst vor der Frau Ellwanger und der Bild-Zeitung?“ Auch diese Frage wehrte Zercher ab: „Herr Schneider, auch ihre Frage respektiere ich, aber hier und heute nur noch sportliche Fragen.“ Schneider darauf: „Ich habe dafür kein Verständnis. Ich bin sehr befremdet, wie 1860 mit Journalisten hier in letzter Zeit umgeht; wie 1860 versucht, Fragen zu verbieten.“ Zercher: „Ich verstehe Sie absolut, dass sie mit der Situation im Moment nicht zufrieden sind, aber das ist auch nicht die Runde hier, es zu diskutieren.“

„Keine Möglichkeiten, mit dem Verein anders in Kontakt zu treten“

Schneider: „Frau Zercher, es gibt für uns leider keine Möglichkeiten, mit dem Verein anders in Kontakt zu treten. Die Antworten des Vereins sind leider nichtssagend und bringen uns nicht weiter. Deshalb bin ich hier, um eine Lösung zu finden, die ich gerne auch mit Herrn Pereira besprechen würde. Er ist hier der ranghöchste Vertreter des Vereins im Raum.“

Lil Zercher: „Gerne können wir das besprechen, aber nicht in diesem Raum bei der Pressekonferenz.“ Daraufhin verließen die Bild-Reporter vorzeitig die Pressekonferenz, das für sie die Runde „keinen gesteigerten Sinn“ mehr machen würde. Sowohl Schneider zu Pereira, als auch Zercher zu Schneider versicherten, es wären keine persönlichen Differenzen im Spiel. Bei den Bild-Vertretern sei dies aber ganz anders angekommen. Nach dem Ende der Runde gab es allerdings noch ein Gespräch zwischen den Bild-Vertretern und Pereira.

BJV fordert Solidarität der Presse und Aufhebung der Restriktion

Die Angelegenheit ruft auch den BJV auf den Plan. „Wir fordern die Vereinsleitung des TSV 1860 auf, die Restriktionen gegen einzelne Medienvertreter unverzüglich aufzuheben und allen Medienvertretern ohne Unterschied Zugang zum Bundesligaspiel gegen den FC St. Pauli zu gewähren“, so Jutta Müller, Geschäftsführerin des Bayerischen Journalisten-Verbands (BJV). „Die Behinderung von unabhängiger Berichterstattung und der Versuch, einzelne Journalistinnen und Journalisten für kritische Beiträge über den Verein dadurch abzustrafen, dass ihnen der Zugang zu Spielen verwehrt wird, ist mit dem Grundrecht auf freie Berichterstattung unvereinbar. Der Verein missbraucht das Hausrecht dafür, missliebige Berichterstattung zu unterbinden. Bei berechtigten Einwänden gegen eine Berichterstattung gibt es rechtliche Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Missliebige Meinungsäußerungen sind aus gutem Grunde hinzunehmen und vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt.“

Und weiter: „Wir appellieren an die Solidarität der Presse, eine Berichterstattung insgesamt zu boykottieren, sollte der Verein weiter an seiner Haltung festhalten und Medienvertreter einzelner Medien nicht zum Spiel zulassen.“

Angespanntes Verhältnis zwischen 1860 und Pressevertretern

Das Verhältnis zwischen dem Verein und den Medienvertretern ist in dieser Spielzeit äußerst angespannt. Im November hatte der Verein zuerst einen Medienboykott, dann gar ein Hausverbot für alle Journalisten verhängt. Der Bayerische Journalisten-Verband hatte den Zweitligisten wegen „Pressepolitik nach Gutsherrenart“ kritisiert.

Wittek fraglich für Pauli-Spiel

Sportlich bangen die Löwen vor dem Heimspiel gegen Pauli um den Einsatz von Maximilian Wittek. Der 21-Jährige verletzte sich im Training am Donnerstag. "Wir müssen sehen, wie sich das entwickelt. Aber ich hoffe, dass er morgen spielen kann“, so Pereira. Positiv stimmt den Trainer die Platzqualität in der Arena: „Es wird auf einem guten Rasen sein. Wenn wir ausbalanciert auf dem Platz sind, wird es ein gutes Spiel für uns werden.“

Frank Boya wird aller Voraussicht nach nicht spielen. „Er hat noch viel zu lernen“, so Pereira. „Ich kann so einen Spieler nicht in drei Tagen vorbereiten für so ein wichtiges Spiel. Wenn ich ihn jetzt auf den Platz stellen würde, wäre er verloren.”

Aufrufe: 03.3.2017, 16:13 Uhr
Jörg Bullinger - Redaktion tz.deAutor