2024-05-10T08:19:16.237Z

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„Es war schon ein kleines Wunder“: Megas Alexandros verlor nur ein einziges Spiel - beim TSV 1846 waren sie nicht angetreten. (Foto: Eduard Weigert)
„Es war schon ein kleines Wunder“: Megas Alexandros verlor nur ein einziges Spiel - beim TSV 1846 waren sie nicht angetreten. (Foto: Eduard Weigert)

Die wundersame Geschichte des GSV Megas Alexandros

Alltag in der A-Klasse 7: Erst hatten sie ein wenig Angst, den Verein zu gründen, doch dann sind sie plötzlich aufgestiegen

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Gut, sie war ja nie weg, die A-Klasse. Wir haben sie hier nur versteckt, eine Saison lang. Jetzt sind wir wieder dort, auf holprigen Wiesen, bei den Jungs mit den schweren Knochen, bei denen, die lieber nächtelang Feiern gingen als ins Fußballinternat. Eine wöchentliche Liebeserklärung an die ehrlichste Fußball-Liga Nürnbergs.

Eleftherios Burgutzidis hält für den Journalisten gerade eine kleine Ge­schichtsstunde am Spielfeldrand, er erzählt von den Thrakern, von den Athenern, von den Makedonen, da spielt Marios Tzogou mitten in den Perserkriegen unbedrängt den Ball sei­nem Gegenspieler in den Fuß. Das wäre grundsätzlich nicht so schlimm, wäre Marios Tzogou nicht Torwart von Megas Alexandros und Baran Güvenc nicht der Mittelstürmer des Türkischen SV Gostenhof. Geschichtslehrer Burgutzidis hält die Luft an, als Güvenc allein auf Tzo­gou zuläuft, die Perserkriege müssen jetzt warten, wie auch die komplette Mannschaft von Megas Alexandros schlagartig wie von einem Blitz aus der griechischen Mythologie getroffen wie versteinert wirkt. Nur Tzogou, orangenes Trikot, schwarze Stutzen, nicht größer als 1,70 Meter, wirbelt mit beeindruckender Spritzigkeit aus seinem Kasten heraus, verkürzt den Winkel, pariert den Schuss von Baran Güvenc und wenige Sekunden später auch noch den Abstauber von Yalcin Ertas. Dann, diesmal mit beeindru­ckender Lässigkeit, hebt Tzogou nur kurz entschuldigend die Hand. Weiter geht’s mit Eckball für Gostenhof und den Perserkriegen.

Die Geschichtsstunde ist wichtig, will man verstehen, was hinter Megas Alexandros steht. Also, dem Fußball-Verein. 2014 erst hat er sich gegrün­det, weil, wie Eleftherios Burgutzidis sagt, „das mit Elektra nicht mehr so gelaufen ist“. Elektra, auch dafür muss man die Geschichte kennen, war einerseits die Tochter des Königs Aga­memnon von Mykene. Andererseits heißt so ein weiterer Nürnberger Fuß­ballverein, dem sich die Macher von Megas Alexandros zunächst ange­schlossen hatten. „Wir waren uns da­mals nicht sicher, ob wir das schaffen würden mit einem eigenen Verein“, sagt Burgutzidis. Er entstammt wie­derum der sagenhaften Geschichte des Griechischen FV Zeus, der sich 2009 in Luft aufgelöst hatte. „Es war einfach an der Zeit, wieder einen eigenständigen griechischen Fußball­klub zu gründen“, sagt Burgutzidis. Querelen mit dem SSV Elektra sorg­ten zwangsläufig bald dafür, diese Idee entgegen aller Bedenken dann doch schon 2014 umzusetzen. In einer Abstimmung entschied sich die neue Vorstandschaft für den Vereinsnamen Megas Alexandros, also: Alexander der Große. Einfach, wie Eleftherios Burgutzidis sagt, „weil Hellas ja doch noch irgendwie nach Dreck am Ste­cken klingt.“

Damit soll der neue Verein nichts mehr zu tun haben, im Gegenteil: Rund 150 Mitglieder haben sie schon, 95 Prozent davon sind Griechen. Megas Alexandros hat eine E-, eine C­- und eine B-Jugend, Burgutzidis selbst läuft für die Alten Herren auf. Die Gründungskrankheiten sind nun abgelegt, etwa, als ein paar Mit­streiter plötzlich doch lieber Elektra die Treue hielten. Burgutzidis und sei­ne Freunde mussten Plakate in griechi­schen Cafés in Nürnberg aushängen, um eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine zu stellen. Darauf meldeten sich so viele Spie­ler, dass Megas Alexandros gleich zwei Mannschaften in der B-Klasse meldete. „Da waren wir clever und haben einfach die mit den besseren Spielern unterstützt, die drauf und dran war aufzusteigen.“ Gerade gegründet, stieg einen Spieltag vor Saisonschluss Megas Alexandros II somit tatsächlich auf – „es war schon ein kleines Wunder“, sagt Burgutzi­dis.

Bis heute nur eine Niederlage

Das Wunder stützt sich aber nicht auf Riesen, Zauberer und die Götter des Olymp, sondern auf sehr irdische Arbeit - die von Trainer Vasilios Mur­gelas und Nikos Georgiadis. „Sie haben aus dem Haufen eine Mann­schaft geformt, auch ein paar Chaoten entfernt.“ Megas Alexandros ist bis heute ohne Pflichtspielniederlage - das heißt, nun ja, beim TSV 1846 waren sie vergangene Saison nicht an­getreten. Auf dem Feld, sagt Burgutzi­dis, heißen die Säulen Marios Tzogou, der schon in der vierten Liga in Grie­chenland zwischen den Pfosten stand, Trainer-Sohn Pashalis Georgiadis, der optisch an Angelos Charisteas erinnert, nicht nur bei zwei, drei verge­benen Großchancen an diesem Tag, und Kämpfer Emannuel Kotidis. „Man hat uns die Nervosität heute angemerkt“, sagt Kostas Nasiakos, der Co-Trainer, nach Abpfiff gegen Gostenhof. Nur Torjäger Petrut Calin ließ das mit der Aufregung um das ers­te A-Klassenspiel der Vereinsgeschich­te kalt - er erzielte das 1:2 und den 2:2-Endstand. Bourgutzidis hatte sei­nen Streifzug durch die griechische Geschichte da längst beendet. Sie sind ja längst dabei, ihre eigene zu schrei­ben.

Aufrufe: 024.8.2016, 09:57 Uhr
Christoph Benesch (NN)Autor