2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
Florian Schlicker F: Distler
Florian Schlicker F: Distler

Die neuen Klosterer: Jung und schlank

Seligenportens neuer Trainer Florian Schlicker im Interview

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Ein Trainerneuling soll den SV Seligenporten in der Vierten Liga halten: Florian Schlicker, 32 Jahre alt, trat in seinem achten Jahr im Kloster die Nachfolge von Karsten Wettberg an. Im Interview mit den Neumarkter Nachrichten spricht er über das Saisonziel, den „Riesenumbruch“ in der Mannschaft und das Erbe des Königs von Giesing.
Herr Schlicker, die Glaubensfrage vorweg: Club oder Spielvereinigung Fürth?

Florian Schlicker: Beide. Ich habe fast alle Jugendteams des FCN durchlaufen und danach für beide U23-Mannschaften gespielt. Ich bin ein Franken-Fan.

Sie waren nah dran am Profivertrag – warum hat es nicht geklappt?

Schlicker: Das ist eine müßige Frage. Der Flaschenhals nach oben ist so dünn. Du musst zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Ich habe ja immerhin ein paar Mal bei den Profis mittrainiert.

Viele ehemalige Clubjugendspieler touren durch die Amateurligen und wechseln zu dem Verein, der mehr zahlt. War das bei Ihnen auch so?

Schlicker: Neben der Quelle Fürth war der SV Seligenporten mein vierter Verein, zu dem ich vor acht Jahren gewechselt bin. Das war für mich, der in Nürnberg wohnt, die beste Lösung. Ich bin nach einer Bankkaufmannslehre Personaldisponent einer mittelständischen Firma in Nürnberg. Als vergangene Saison das zweite Kind kam, habe ich nur noch in der Zweiten beim SVS ausgeholfen. Dass ich hier jetzt auch noch Trainer sein darf, ist ein großes Geschenk. Ich habe kurze Wege und die Familie kommt nicht zu kurz.

Trotzdem haben Sie sich mit einem Regionalligisten eine zeitintensive Aufgabe als Trainer ausgesucht. Wie schätzen Sie den neuen Kader ein?

Schlicker: Wir müssen hier von einem Riesenumbruch sprechen, fast die Hälfte des Kaders ist neu. Die Offensive ist komplett ausgetauscht. Ich kann mich aber auf einige Säulen verlassen: Räder, Brandl, Schaab, Jakl, um nur einige zu nennen, kennen das Kloster schon lange, es ist also kein kompletter Neubeginn. Wir haben die Mannschaft extrem verjüngt, der Altersdurchschnitt liegt bei 22. Außerdem haben wir es geschafft, Spieler aus der Region zu verpflichten, keiner muss weite Strecken zum Training zurücklegen.

Sie haben bei Ihrer Aufzählung Dominik Stolz nicht genannt, einen der begnadeten Techniker im Kader. Auch er kam vom 1.FC Nürnberg II. Was fehlt ihm für ganz oben?

Schlicker: Das müssen Sie lieber die Trainer im Profibereich fragen. Ich bin von seinen Qualitäten mehr als überzeugt und froh, dass er uns ein weiteres Jahr erhalten bleibt.

Stolz auf Rosinger: Tor, hieß es in der vergangenen Hinrunde oft. Kann es ein neues kongeniales Duo beim SVS geben?

Schlicker: Wir haben mit Katerna, Ekinci, Röder und Stolz vier sehr starke Offensive. Ich werde viel rotieren lassen, denn alle vier kann ich nicht auf den Platz schicken. Je nach Gegner möchte ich verschiedene Sachen ausprobieren: Einen Stürmer mit einer hängenden Spitze oder zwei Stürmer sind denkbar. Dadurch, dass wir starke Außenbahnspieler haben, kann ich von einem 4-2-3-1 auf eine Raute im Mittelfeld, also 4-4-2, umstellen, die äußeren Mittelfeldspieler rücken dabei etwas ein.

Wie schätzen Sie die Qualität der Neuzugänge ein? Zwei sollen ja noch kommen.

Schlicker: Alle 17 Feldspieler im Kader sind leistungsmäßig dicht beieinander. In den Testspielen beobachte ich gerade, welche Taktik ich mit diesem Kader spielen kann. Es bringt ja nichts, Spielern ein System überzustülpen, das nicht zu ihren Fähigkeiten passt.

Neu ist auch Serdal Gündogan – ein Co-Trainer mit einem halben Jahr Trainererfahrung. Ein Wagnis?

Schlicker: Er war mein Wunschkandidat und ich bin fachlich von ihm überzeugt. Er hat in Schwabach gut gearbeitet und es zeigt sich, dass er mit seiner positiven Art das Bindeglied zwischen der sehr jungen Mannschaft und mir werden kann. Diese Aufgabe teilt er sich mit Florian Beck. Er ist seit vergangenem Winter Torwart- und zweiter Co-Trainer für die erste und die zweite Mannschaft.

Rückt die zweite Mannschaft näher an die erste heran als bei Karsten Wettberg?

Schlicker: Ich finde, er hat das gut gemacht, die Durchlässigkeit war immer gegeben. So will ich das fortführen. Mit dem Trainer der Zweiten, Thorsten Pöllet, verstehe ich mich auch privat hervorragend, das ist wichtig. Wichtig für die Spieler der ersten Reihe ist, zu merken, dass da immer einer hinten dran steht. Mir ist wurscht, wie viele Bayernliga- und Regionalligaeinsätze jemand in seiner Vita hat. Dominik Richter, Pascal Worst und Ferdinand Buchner etwa traue ich da einiges zu in dieser Saison.

Mit Mario Zitzmann und Alexander Maul gingen die beiden etablierten Innenverteidiger. Ein herber Verlust?

Schlicker: Wir sind in Gesprächen mit einem weiteren Innenverteidiger. Sollte der aber nicht kommen, ist mir mit Buchner, Jakl und Scherer auf dieser Position nicht bange. Timo Scherer funktionieren wir in der Vorbereitungsphase gerade um.

Was haben Sie sich von Karsten Wettberg abschauen können?

Schlicker: Sicher ist es ein Mosaik: Ich habe von jedem Trainer, den ich hatte, das Beste behalten. An Wettberg hat mir imponiert, wie er mit über 70 Jahren noch so ein Feuer haben kann. Es gibt keinen Zweiten, der den Fußball so lebt wie er.

Das heißt, Sie brennen jetzt auch so wie der König von Giesing?

Schlicker: Das müssen andere beurteilen, aber ich versuche natürlich, die Tugenden vorzuleben, die von den Spielern erwarte.

Und was erwarten Sie sich von dieser Spielzeit?

Schlicker: Ziel ist ganz klar der Klassenerhalt. Für unser kleines Dorf, für diesen jungen Kader und für die bescheidenen Mittel, die uns zur Verfügung stehen, ist das die einzig realistische Zielsetzung.


Aufrufe: 030.6.2013, 08:00 Uhr
Martin Schano (Neumarkter Nachrichten)Autor