2024-05-02T16:12:49.858Z

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Erfrischt (v.li.): Martin Schneider, Cacau und Sven Voss.
Erfrischt (v.li.): Martin Schneider, Cacau und Sven Voss.

Brasilianisch für Anfänger

Das WM-Tagebuch von Martin Schneider (ZDF) in der Wuppertaler Rundschau

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Der Ball hat mich als Nächstes in die - grob gesehen - geographische Mitte Brasiliens getrieben. Die vierte Stadt in knapp zwei Wochen und morgens frage ich mich: Wo bin ich eigentlich? Diesmal in der wahrscheinlich unbrasilianischsten Stadt des Landes, kurioserweise gleichzeitig die Hauptstadt.

Brasilia hat mit seinen 200.000 Einwohnern nichts von der üblichen Hektik und dem herrlichen Chaos der viel größeren und bekannteren Metropolen. Es ist eine Planhauptstadt, in den 50er Jahren entworfen, in vier Jahren erbaut. Und zwar nach den zweckmäßigen Entwürfen des deutschstämmigen Architekten Oscar Niemeyer. Es gibt so gut wie keine Staus auf den achtspurigen Straßenzügen, die Umweltverschmutzung hält sich in Grenzen, was den Vorteil für einen dauerjoggenden Reporter hat, morgens nicht mit einem Ölfilm auf der Zunge und in der Lunge vom Laufen ins Hotel zu kommen. Auch kann man kurz drauf die Dusche nutzen, da im Gegensatz zu unserer Unterkunft in Porto Alegre nicht das Wasser für mehrere Stunden abgestellt war. Wobei ich dieses unvollkommene und improvisierte Leben der Brasilianer fast schon liebgewonnen habe.

Außerdem darf man nach der ersten WM-Woche ruhig mal festhalten, dass die üblichen Horrorgeschichten aus den Wochen vor der Weltmeisterschaft der Wirklichkeit wieder mal nicht entsprechen. Das Reisen, die Stadien, der Verkehr: Alles ist vielleicht nicht perfekt, aber auf einem sehr anständigen Niveau, auch für verwöhnte Deutsche.

Was man hier in Brasilia auch nicht hört, ist der typisch brasilianische Standardsatz, mit dem kleinere und größere Pannen erklärt werden: „Nao importa. Alguem vai limpar“. Übersetzt heißt das so ungefähr, „Macht doch nichts, es wird schon werden.“ In der künstlichen Hauptstadt mit dem angenehmen Höhenklima verläuft alles sehr sortiert. Unter anderem wegen dieser Gegend im Zentrum Brasiliens hatte ich mich in den letzten Tagen vor meiner Abreise übrigens noch gegen Gelbfieber impfen lassen.

Die teils heftigen Nebenwirkungen in Folge der Impfung waren bei mir glücklicherweise ausgeblieben, aber ich stelle mir dennoch die Frage nach dem Warum! Ich habe noch keine einzige Mücke gesichtet, die mich auch nur im Entferntesten hätte stechen können, Und so muss ich auch jedes Mal schmunzeln, wenn ich tief in meinem Hartschalenkoffer das Reise-Moskitonetz und die zwei Dosen „No Byte“-Mückenspray sichte. Hätte ich mal lieber Schwarzbrot mitgenommen, denn Brot können sie nun überhaupt nicht hier. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Ach ja: Und noch eine Anmerkung zur Hitzediskussion vor dem deutschen Spiel in Fortaleza. Dort war ich vor meinem Aufenthalt in Brasilia für zwei Tage. Klar, es ist heiß und schwül, aber wie immer ist Leistungssport vor allem eine Frage der Einstellung. Um 8 Uhr morgens hatte ich mich mit Cacau, dem früheren Nationalspieler und mittlerweile Ex-Stuttgarter, und meinem Kollegen Sven Voss zum Joggen verabredet. Die Digitalanzeige auf der Strandpromenade zeigte 30 Grad an. Wir haben uns eine Halbzeit lang in angemessenem Tempo bewegt und danach die Speicher wieder aufgefüllt, ohne Menüplan von DFB-Starkoch Holger Stromberg. Wir haben einfach eine frische Kokosnuss am Strand geschlürft, bevor wir zur Arbeit ins Stadion gegangen sind …

Ate logo do Brasilia!

Wuppertaler Rundschau Sport

Aufrufe: 021.6.2014, 21:09 Uhr
Wuppertaler RundschauAutor