2024-05-10T08:19:16.237Z

Vereinsnachrichten
Der Ahlerstedter Martin Neumann ist seit Sommer Trainer der Fußballdamen des TuS Heeslingen und blickt trotz des letzten Tabellenplatzes sehr positiv auf die erste Hinrunde seines Teams zurück. Foto Moje
Der Ahlerstedter Martin Neumann ist seit Sommer Trainer der Fußballdamen des TuS Heeslingen und blickt trotz des letzten Tabellenplatzes sehr positiv auf die erste Hinrunde seines Teams zurück. Foto Moje

Auch punktlos eine Erfolgsgeschichte

26 Fußball-Anfängerinnen haben seit einem halben Jahr Spaß beim TuS Heeslingen - Trainer Martin Neumann im Interview

Verlinkte Inhalte

Heeslingen. Als der TuS Heeslingen nach zweijähriger Pause plötzlich wieder auf der Fußball-Bildfläche erschien, war es selbst für Kenner der Szene zunächst einmal eine Überraschung. Diese wurde noch größer, als der TuS statt einer Herren- eine Damenmannschaft für den Spielbetrieb anmeldete. Sportlich hat das völlig neuformierte Team noch reichlich Luft nach oben. Mit null Punkten und 0:90 Toren ist der TuS klares Schlusslicht in der Frauen-Kreisklasse. Warum es sich bei der Mannschaft dennoch um eine Erfolgsgeschichte handelt, erklärt Trainer Martin Neumann (27) im Interview mit der ZZ-Sportredaktion.

Vor Saisonbeginn war die Meldung einer Frauenmannschaft durch den TuS Heeslingen eine ziemliche Überraschung. Können Sie noch einmal schildern, wie es dazu kam?

Eigentlich hätte die Mannschaft für den MTV Wangersen spielen sollen. Ich hatte das damals mit dem alten MTV-Fußballobmann Jürgen Eckhoff angeschoben. Der hat dann aber in der Winterpause sein Amt abgegeben. Sein Nachfolger Nils Langen war davon nicht so angetan und irgendwann kriegte ich die Mitteilung, dass er das Thema Damenmannschaft beim MTV ad acta legen würde. Ich habe dann aber gemeinsam mit seinem Vorgänger weiter daran gearbeitet, denn das Interesse bei den Damen war da, die Resonanz riesengroß und wir hatten ja auch grünes Licht vom MTV-Vorstand bekommen. Kurz vor dem Meldeschluss im Kreis Stade standen wir also mit 17 Damen da, doch der Fußballobmann hat die Mannschaft einfach eiskalt nicht angemeldet.

Wie kam dann der Kontakt zum TuS Heeslingen zustande?

Da die Anmeldefrist im Kreis Stade vorbei war, kam uns die Idee, es mit einem Verein im Kreis Rotenburg zu versuchen. Wir hatten dabei auch über Steddorf und Wohnste nachgedacht, doch über meinen jetzigen Co-Trainer Hans-Hinrich Eckhoff, der ein Arbeitskollege von Bernhard Eckhoff ist, kamen wir mit dem TuS-Vorsitzenden ins Gespräch. Zwischen Boitzen und Wangersen sind es ja keine großen Entfernungen und Bernhard hat uns dann vorgeschlagen, für den TuS Heeslingen zu spielen. Außerdem kannte er noch die beiden Spielerinnen Simone Gerken und Carina Ulrich, so dass wir einen 19-er Kader hatten.

Die Spielerinnen kommen ansonsten überwiegend aus Wangersen?

Wir haben sieben Spielerinnen, die aus Wangersen kommen oder beim dortigen MTV im Verein sind. Zehn unserer insgesamt 26 Spielerinnen kommen aus Harsefeld.

Wie kommt das?

Das hat sicherlich etwas damit zu tun, dass ich früher beim TuS Harsefeld die Mädchen trainiert habe, wobei von unserer jetzigen Mannschaft drei damals bei mir gespielt haben. Der Rest hat über Mund-zu-Mund-Propaganda zu uns gefunden. Das schöne ist, dass wir nicht eine aktive Spielerin aus einer anderen Mannschaft abgeworben haben. Das war mein großes Ziel, dass wir keinem Verein schaden. Wir sind wirklich nur an die herangetreten, die nicht mehr aktiv spielen.

Das mit der Anmeldung im Kreis Rotenburg hat auch alles gut geklappt?

Das lief alles wunderbar. Bernhard hat die Staffelleiterin kontaktiert und die hat gleich zugestimmt. Der Anfang mit so einer völlig neuen Mannschaft war aber natürlich etwas holprig. Wir teilen uns beispielsweise die Plätze mit dem Heeslinger SC. Das musste schon ein bisschen koordiniert werden. Wir wollen ja dem SC nicht im Wege stehen, weil die natürlich nicht damit gerechnet hatten, dass da plötzlich noch eine Mannschaft auftaucht. Aber mittlerweile hat sich das alles eingespielt. Die Absprachen klappen, wir trainieren fast zeitgleich mit den anderen Damen in Boitzen. Da gibt es keine Probleme. Wenn einer mal ein bisschen mehr Platz braucht, dann sprechen wir uns einfach kurz ab.

Mit wie vielen Spielerinnen trainieren Sie üblicherweise?

Das ist unterschiedlich. Wir haben Berufstätige, Schüler, welche, die im Einzelhandel arbeiten oder auch im Schichtdienst - aber wir trainieren in der Regel zweimal die Woche und meistens ist die Beteiligung zweistellig. An unserem Haupttag haben wir meist zwischen 10 und 17 Teilnehmer.

Das sind ja Zahlen, von denen manche Herrenmannschaft träumen kann. Wie kommt's aus Ihrer Sicht, dass der Frauenfußball so gefragt ist?

Ich weiß nicht, ob das überall so ist, aber bei uns kommt natürlich hinzu, dass die Mädels eine Trotzreaktion gezeigt haben, als sie mitkriegten, dass man sie beim MTV Wangersen nicht haben will. Wir haben zuerst gedacht, wenn wir ihnen das erzählen, dann war's das. Aber das Gegenteil war der Fall. Die Mannschaft hat gesagt: Denen zeigen wir jetzt, was sie an uns verpasst haben. Das zeigen sie nicht nur im Training, sondern auch in den Spielen. Wir treten zu jeder Partie an, auch wenn wir wissen, dass wir als ganz neues Team in den Spielen erst einmal ein bisschen höher was auf die Mütze kriegen.

Wie schaffen Sie es, die Mannschaft angesichts der noch dürftigen Bilanz - 0:90 Tore, keine Punkte - immer wieder zu motivieren?

Ich denke, dass liegt gar nicht an mir. Es ist einfach so, dass die Spielerinnen untereinander wunderbar klar kommen, auch wenn sich viele erst seit kurzem kennen. Die haben Spaß am Fußball, auch wenn es bislang nur Niederlagen gab. Aber die Mädels sehen ja auch die Entwicklung. Wir sind mit einem 0:17 in Wohnste angefangen. Doch die Ergebnisse wurden nach und nach immer besser.

Leider haben wir es noch nie geschafft, zwei gute Halbzeiten zu spielen. Aber man sieht, wie sich die Mannschaft weiter entwickelt und dazu lernt. Wenn man zum Beispiel das letzte Pokalspiel gegen Timke sieht, einem der Titelanwärter in der Kreisliga, und es da zur Halbzeit 0:3 steht, dann ist das schon ein großer Fortschritt. Dass es dann am Ende 0:13 ausgeht, hat natürlich auch meine Spielerinnen geärgert, aber das motiviert sie für die nächsten Spiele.

Wann darf man mit dem ersten Tor Ihrer Mannschaft in einem Pflichtspiel rechnen?

Wir gehen davon aus, dass uns das in der Rückrunde gelingt. Wir waren in der Hinserie mehrfach dicht dran, aber es ist uns einfach noch nicht geglückt. Wir hatten allerdings in fast jedem Spiel unsere Chancen und irgendwann wird das auch klappen. Das würde der Mannschaft sicherlich noch einen großen Schub geben.

Ihr Team hat ja auch schon vor großen Kulissen gespielt. Zum Derby gegen den Heeslinger SC kamen über 200 Zuschauer. Wie kommen Sie und Ihre Spielerinnen damit klar?

Mich persönlich stört das weniger. Ich pfeife als Schiedsrichter auf Bezirksebene und da kommt es schon öfter mal vor, dass da 200 Leute zugucken. Aber für die Mädels war das ein sehr ungewohntes Bild. Bei unseren normalen Heimspielen haben wir vielleicht so um die 30 Zuschauer. Witzigerweise gucken auch die Herrenmannschaften des Heeslinger SC bei uns zu und feuern uns an. Die sehen uns nicht als Konkurrenten oder Lokalrivalen, sondern unterstützen uns. Das finde ich sehr beachtlich.

Was hat sich Ihr Team für die Rückrunde vorgenommen?

Das Ziel ist es, jedes Ergebnis gegenüber der Hinrunde besser zu gestalten. Das sollte auch möglich sein, denn wir haben uns als Mannschaft erheblich verbessert. So was wie das 0:17 im allerersten Spiel gegen Wohnste sollte also nicht unbedingt noch einmal passieren. Und wer weiß? Ich bin eigentlich guter Dinge, dass da irgendwo mal ein Punkt herausspringen kann.

Macht es für Sie den besonderen Reiz Ihrer Trainertätigkeit aus, so richtig bei Null anfangen zu können?

Ich habe ja schon einige Jugend- und Mädchenmannschaften trainiert - von der F- bis zur A-Jugend -, doch es ist schon etwas ganz anderes, wenn man im Erwachsenenbereich mit kompletten Anfängerinnen beginnt. Man weiß nicht, wie lange bleiben die dabei. Das ist schon eine Herausforderung und ein gewisses Risiko. Doch bislang hat mich die Mannschaft nie enttäuscht, sondern ganz im Gegenteil: Es hat mich überrascht, mit welchem Ehrgeiz sie da immer noch an die Sache heran geht. Normalerweise sagt man, dass in einer Mannschaft, die nur verliert, eine Spielerin nach der anderen nach und nach aufhört, doch das ist bei uns nicht der Fall. Das ist etwas, das sehr viel Spaß macht - genauso, wie die Entwicklung der Mannschaft und der einzelnen Spielerinnen zu sehen, auch wenn es bei manchen nur kleine Schritte sind. Wenn sich eine beispielsweise nie getraut hat, einen Kopfball zu machen und dann geht sie plötzlich im Spiel hin und macht einen, dann freut man sich als Trainer natürlich.

Sie wollen also die Mannschaft auch in der kommenden Saison weiter als Trainer betreuen?

Das ist so geplant.

Wie sieht es außerhalb des Fußballs aus? Unternimmt die Mannschaft privat etwas zusammen?

Na klar. Wir planen zum Ende der Saison eine Mannschaftsfahrt nach Mallorca, haben eine Weihnachtsfeier gemacht und sind nach dem Heeslinger Derby mit einem großen Teil der Mannschaft noch nach Ahlerstedt in die Disco gefahren. Bald steht auch eine Hochzeit an, bei der die komplette Mannschaft eingeladen ist.

LINK: Viele weitere Berichte über den Amateurfußball im Kreis Rotenburg


Dieser Artikel stammt von der Zevener Zeitung

Aufrufe: 04.2.2016, 11:30 Uhr
Zevener Zeitung / Oliver MojeAutor