So sieht das auch Vahid Halilhodžić, der bosnische Cheftrainer der algerischen Elf, der das Erreichen der nächsten Runde als primäres WM-Ziel ausgegeben hat. Die Wüstenfüchse (frz. Les Fennecs), wie die Mannschaft zu Hause genannt wird, nehmen nach 1982, 1986 und 2010 bereits das vierte Mal an einer WM-Endrunde teil, kamen jedoch bisher nie über die Gruppenphase hinaus.
Algerien: der David in Gruppe H
Dass sich das ausgerechnet in Brasilien ändern wird, ist mehr als fraglich. In Gruppe H bekommen es die Nordwestafrikaner mit Geheimfavorit Belgien, dem kommenden WM-Gastgeber Russland (2018) und Südkorea, Asiens einzigem Halbfinalisten der WM-Geschichte, zu tun. Sicher hätte es die Algerier auch schlimmer treffen können, schaut man sich beispielsweise die nominell sehr stark besetzten Gruppen B und D an. Dennoch sind sie der klare Underdog in ihrer Gruppe. Zwar spielen fast alle Kicker, die Halilhodžić nach Südamerika mitgenommen hat, in den höchsten Spielklassen in Süd- und Westeueropa, Europas Topadressen sind jedoch nicht dabei, sondern fast ausnahmslos kleinere und mittelgroße Clubs.
Das Team: Stärken und Schwächen
Bei der vergangenen Fußballweltmeisterschaft in Südafrika war die Defensive das algerische Prunktstück. So konnten die Wüstenfüchse Gruppenfavorit England ein 0:0 abtrotzen und mussten insgesamt nur zwei Gegentreffer in drei Turnierspielen hinnehmen. Da sie aber selbst ohne Tor blieben, war dies dennoch zu viel. Die in Portugal bei Sporting Lissabon und dem FC Porto aktiven Torjäger Islam Slimani – mit fünf Treffern Algeriens erfolgreichster Schütze in der WM-Qualifikation – und Nabil Ghilas, dessen Name bei vielen Eintracht-Fans, denkt man an die abgelaufene Europaleague-Saison, äußerst schmerzliche Erinnerungen wecken dürfte, sollen diesen Makel nun vergessen machen. Kapitän und Anführer der Wüstenfüchse ist jedoch ein Abwehrmann: Madjid Bougherra löste mit seinem 1:0-Siegtreffer vor heimischer Kulisse im entscheidenden Rückspiel gegen die Elf von Burkina Faso, die das Hinspiel noch 3:2 für sich entschieden hatte, das Ticket für die WM an der Copacabana.
Erfolge der Vergangenheit
Für das Eröffnungsspiel gegen Belgien hoffen die Maghrebiner auf eine ähnliche Sensation wie 1982 in Spanien, als sie bei ihrem ersten WM-Spiel überhaupt den haushohen Favoriten Deutschland überrumpelten und überraschend 2:1 schlugen. Trotz zweier Siege in der Gruppenphase scheiterte Algerien am Ende am deutsch-österreichischen Nichtangriffspakt, der sogenannten Schande von Gijon, mit der sich die Mitteleuropäer auf Kosten der Nordafrikaner gegenseitig in die nächste Runde hievten. Algeriens Stürmerstar in Diensten des FC Porto Rabah Madjer sollte sich mit seinem Hackentor im Finale des Europapokals der Landesmeister 1987 gegen den FC Bayern für diese Unsportlichkeit revanchieren.
Die berühmtesten Fußballer des Landes neben Deutschland- und Bayernschreck Madjer sind zwei Franzosen: der eine, Welt- und Europameister Zinedine Zidane, Sohn algerischstämmiger Einwanderer aus Marseille, der andere, Albert Camus, ein in Algerien geborener Amateurtorwart und Literaturnobelpreisträger. Von ihm stammt der Satz: „Alles, was ich über Moral und Verpflichtungen weiß, verdanke ich dem Fußball.“