2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Am 21. Juli begann in Buckenhofen die Landesliga-Saison für Helmut Rahner (li.) und seine Bucher. Die zeigen seitdem nicht nur, dass es im Knoblauchsland tolle Sonnenbrillen gibt, sondern dass man da auch gut Fußball spielen kann. F: Linke
Am 21. Juli begann in Buckenhofen die Landesliga-Saison für Helmut Rahner (li.) und seine Bucher. Die zeigen seitdem nicht nur, dass es im Knoblauchsland tolle Sonnenbrillen gibt, sondern dass man da auch gut Fußball spielen kann. F: Linke

"Vorne weckst du nun mal Begehrlichkeiten"

Ex-Clubprofi Helmut Rahner trainiert seit dieser Saison den TSV Buch in der Landesliga, seitdem steht der Klub an der Spitze

Verlinkte Inhalte

Helmut Rahner galt als der härteste Verteidiger der Fußballbundesliga. Er war Bürgermeisterkandidat, Club-Nachwuchs-Trainer und wird immer Kultfigur bleiben, in Uerdingen und am Valznerweiher. Und vielleicht auch beim TSV Buch, dem selbstkritischen Tabellenführer der Landesliga Nord­ost. Eine 100-Tage-Bilanz, erzählt während des sonntäglichen 1:1-Unent­schiedens gegen die Jungs von Vor­wärts Röslau.

„Druck, Druck“, sagt Helmut Rahner. Und seine Spieler halten sich daran, setzen ihre Gegner unter Druck, mit Ball, ohne Ball. Druck, Druck. Rahner muss nicht brüllen. Der garstige Wind trägt seine präzise formulierten Anweisun­gen auf das Feld. „Wir wollten spie­len“, sagt Rahner später. Er meint: Die anderen wollten das zunächst nicht. Die anderen spielen, nein, sie kämpfen für Vorwärts Röslau. Und Rahners Bucher Jungs lernen ihre Grenzen kennen.

„Unsere Gegner nehmen uns ernst und stellen erst einmal am eigenen Sechzehner auf, wenn du da kein Tor machst...“ Dabei macht Buch ein Tor, jeder sieht es, Udo Brehm, der den Ball über die Torlinie genickt hat, Rös­laus Torhüter, Helmut Rahner, die im Wind zitternden Zuschauer – sie mei­nen es jedenfalls zu sehen. Der Linien­richter sieht es jedenfalls nicht, vor dem Wiederbeginn gibt er zu, froh zu sein, 45 Minuten lang auf der Gegen­seite auf und ab rennen zu dürfen. Nicht nur der Wind kann in Buch unangenehm sein.

„Druck, Druck – aber ohne Foul.“ Auch das Spiel wird garstig. Anders als von Rahner geplant, kommen die Bucher nicht mehr ganz so oft über die Flügel. Man meint, sehen zu kön­nen, wie die Spieler das Denken anfan­gen, Röslau verengt nicht nur die Räu­me auf dem Rasen. Sechs seiner ersten sieben Spiele hat der TSV Buch ge­wonnen, dabei 25 Tore geschossen.

„Wenn du vorne bist, dann weckst du Begehrlichkeiten auch bei uns selbst.“ Und jenseits der Bande. Dann kam das Derby gegen Dergahspor. „Da wollten wir zu viel.“ Endstand: 0:3.

Gegen Röslau wollen sie auch viel, lassen aber wenig zu. Plötzlich liegt Udo Brehm im Strafraum, gestiku­liert, steht wieder auf, wird erneut gefoult, das Spiel aber wird wieder nicht unterbrochen. Erst als der Tor­hüter eingreift, zögert der Schiedsrich­ter, fragt beim erleichterten Linien­richter nach und zeigt dann doch noch auf den Punkt. Christian Oertel legt sich den Ball zurecht.

„Den macht er nicht“, sagt nicht nur einer auf der kleinen Tribüne hin­ter den Trainerbänken. Oertel macht ihn aber doch.

Rahner tut erst so, als wäre es jetzt ganz wichtig, einem Einwechselspie­ler seine Aufgabe zu erklären, dann muss er doch aufstehen, die Luft raus­lassen, die Faust ballen. „Raus. Raus. Schiebt raus.“ Buch macht keinen Druck mehr. Röslau auch nicht. Aber Rahner ist das Spiel seiner Mannschaft zu zu­rückhaltend. Er hat Sven Riese einge­wechselt, Riese ist schnell – vor allem schnell im Abseits. „Wir versuchen es 15-mal und der hebt 16-mal die Fahne.“ So war es tatsächlich – zumin­dest gefühlt. Rahner beruhigt Riese. „Einmal, wir müssen nur einmal durchkommen“, ruft er. Riese nickt, in Oberkotzau hat er so das 2:0 erzielt. Aber heute wird er nicht durchkom­men.

„Wir waren in den ersten Spielen auch nicht überragend, aber da haben wir das 2:0 und das 3:0 gemacht.“ Und das 4:0 und das 5:0. Gegen Röslau aber sprintet jedes Mal die Angst vor dem Gegentor mit. „Vielleicht hatten sie auch Angst vor dem Volleyballer“, vermutet Rahner, er grinst. Lukas Zakrzewski verteidigt für Röslau und für den Volleyball-Drittligisten Marktredwitz und er ist groß, sehr groß. Trotzdem fällt er leicht. Wie jetzt plötzlich alle fallen.

Norbert Meier am Band

Den goldenen Norbert Meier am Band verdient sich aber allein ein Rös­lauer Provokateur, der vor einem Eck­ball Buchs Torhüter Kevin Kosu­chowski behindert, selbst an der Schulter berührt wird, schreiend zu Boden geht – und sich das Knie hält. „Ja, jeder hat’s versucht“, sagt Rah­ner, „so ist das eben.“

„Ey. Ey.“ Es wird lauter auf dem Platz, Rah­ner wird leiser. Riese rennt zum 16. Mal ins Abseits, Buch reagiert unkon­trolliert, ein langer Ball sucht Markus Walther und der trifft. Eins zu eins. Zu wenig für den Tabellenersten – fin­det jedenfalls der Tabellenerste.

„Sie sind bedröppelt, ich bin stolz.“ Die Spieler gehen vom Feld. „Die reden vom Aufstieg, aber dann muss man die schlagen“, sagt einer. Zurück bleiben Kapitän Thomas Reichel und Udo Brehm und Helmut Rahner. Die Spieler reden, der Trainer hört zu. „Hier muss man Diplomat sein“, sagt er. Hier und überall anders auch. Rah­ner fühlt sich wohl am Wegfeld, wo die Begehrlichkeiten groß sind und die Erwartungen. „Am Sonntag ziehe ich meine Copas an, es ist Fußball, da­nach geben sich alle die Hand, es gibt ein Essen, ist doch wunderbar.“

Aufrufe: 01.10.2013, 10:24 Uhr
Sebastian Böhm (NN)Autor