2024-06-11T15:31:41.480Z

Umfrage
Der Countdown läuft: Am Sonntag beginnt in Katar die höchst umstrittene Fußball-WM.
Der Countdown läuft: Am Sonntag beginnt in Katar die höchst umstrittene Fußball-WM. – Foto: dpa

WM Katar 2022: Mitfiebern oder boykottieren?

Umfrage zur Fußballweltmeisterschaft

Aktuell wird viel darüber disktuiert, die WM zu boykottieren. Sportler aus dem Landkreis sprechen jetzt über die umstrittene Fußball-Weltmeisterschaft in Katar.

Landkreis – Am Sonntag beginnt mit dem Eröffnungsspiel der Gastgeber gegen Ecuador (Anstoß 17 Uhr) die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Die deutsche Nationalelf steigt am Mittwoch (14 Uhr) gegen Japan ins Turnier ein. Viele Fans hierzulande verspüren allerdings keine große WM-Vorfreude, manch fußballbegeisterter Anhänger hat sich sogar vorgenommen, die umstrittene Veranstaltung mit Nichtachtung zu strafen. Die Gründe, die Befürworter eines persönlichen Boykotts ins Feld führen, sind mittlerweile hinlänglich bekannt: mutmaßlich gekaufte Stimmen bei der Vergabe des Turniers, der Bau von Stadien ohne Nachnutzung, sklavenartige Bedingungen für die Arbeiter, zahlreiche Todesfälle beim Aufbau und vor allem auch die Menschenrechtssituation in Katar. Man hört aber auch das Gegenargument, dass sich die Situation im Gastgeberland bessern könne, wenn die Welt ihren Blick darauf richtet.

Unsere Zeitung hat bei Sport-Protagonisten im Landkreis nachgefragt, ob sie schon im WM-Fieber sind oder dem Turnier eher die kalte Schulter zeigen. Und trotz aller übergeordneter Debatten wollten wir auch wissen, wer ihnen als Favorit gilt und was sie der DFB-Elf zutrauen.

„Der Charme des Fußballs geht verloren, das ist die negative Entwicklung in den letzten Jahren“

Benedikt Wohlschläger, Kapitän des Fußball-Kreisklassisten Spielgemeinschaft Aying/Helfendorf

Benedikt Wohlschläger, 30, Kapitän des Fußball-Kreisklassisten Spielgemeinschaft Aying/Helfendorf: „Das Ganze hat schon einen echt faden Beigeschmack, wenn man sieht, wie es zustande gekommen ist, weil es zeigt, dass es letzten Endes nur ums Geld geht. Aber wahrscheinlich schaut man doch wieder rein, gerade im Winter, wenn man eh drinnen hockt. Als Fußballer schaut man sich eben einfach gerne Fußball an. Aber natürlich: Wenn Fans aus anderen Ländern eingeflogen werden und Stadien von 40 auf 20 Grad runtergekühlt: Das ist nicht das Optimum. Der Charme des Fußballs geht verloren, das ist die negative Entwicklung in den letzten Jahren. Ich bin im Thema Nationalmannschaft nicht so drin, aber ich denke, Frankreich wird vorne mitspielen. Ich glaube aber, dass dieses Mal vielleicht auch ein kompletter Außenseiter gewinnen könnte. Deutschland ist eine Turniermannschaft. Ich hoffe, dass sie eine Rolle spielen, aber ich kann es nicht recht einschätzen. Es kann gut laufen, aber sie können auch in der Vorrunde rausfliegen.“

„Man darf die Politik nicht auf dem Rücken der Sportler und der Fans austragen“

Johannes Borschel, Trainer der Bayernliga-Handballer von HT München

Johannes „Danger“ Borschel, 39, Trainer der Bayernliga-Handballer von HT München: „Ich werde mir die WM anschauen, auch wenn nicht alles richtig gelaufen ist. Man darf die Politik nicht auf dem Rücken der Sportler und der Fans austragen. Darüber, wer Favorit ist, muss ich mich vor den diversen Tippspielen noch informieren. Dadurch, dass es im November und Dezember keine normale WM ist, ist es für alle ungewohnt. Ich freue mich immer, wenn eine Überraschungsmannschaft weit kommt und ich würde mich natürlich freuen, wenn Deutschland weit kommt. Ich glaube, die deutschen Spieler sind ganz gut unterwegs. Es ist dann eine Frage des Teambuilding. Wenn es gelingt, eine Mannschaft zu formen, traue ich Deutschland das Halbfinale auf alle Fälle zu.“

„Ich bin auch überhaupt kein Freund dieser Weltmeisterschaft. Ich werde aber die Spiele, die in meinen Zeitplan passen, anschauen“

Fabian Lamotte, Trainer des Fußball-Landesligisten SV Pullach

Fabian Lamotte, 39, Trainer des Fußball-Landesligisten SV Pullach: „Ich bin noch nicht im WM-Fieber, das ist vielleicht auch der Jahreszeit geschuldet. Ich bin auch überhaupt kein Freund dieser Weltmeisterschaft. Ich werde aber die Spiele, die in meinen Zeitplan passen, anschauen. Favoriten sind für mich Frankreich und England und es wird vielleicht auch irgendeine Überraschung geben, das könnte auch der ungewöhnliche Zeitpunkt begünstigen. Für die Deutschen ist das Viertelfinale schon drin. Alles, was darüber hinausgeht, würde mich überraschen.“

„So ein Event schafft Möglichkeiten. Es handelt sich dort um Jahrhunderte alte Traditionen“

Florian de Prato, Trainer des Fußball-Landesligisten TSV Grünwald

Florian de Prato, 36, Trainer des Fußball-Landesligisten TSV Grünwald: „Ich freue mich sehr auf die WM. Auch wenn ich mich da vielleicht mit den wenigsten treffe. Wenn der Fokus gar nicht mehr drauf liegt: Was soll sich dann ändern? So ein Event schafft Möglichkeiten. Es handelt sich dort um Jahrhunderte alte Traditionen. Wenn der Blick darauf gerichtet ist, kann man den Hebel ansetzen, auch wenn es vielleicht fragwürdig ist. Es ist auf jeden Fall mal was anderes. Wir wollen ja immer für alles offen sein, deshalb sollte man der WM eine Chance geben. Aufgrund dessen, dass alle im Saft sind, kann ich mir vorstellen, dass auch mal eine Überraschungsmannschaft was reißt. Aber als Favoriten würde ich Brasilien nennen. Für Deutschland hoffe ich mindestens aufs Halbfinale. Mit uns ist immer zu rechnen. Ich hoffe auf einen homogenen Kader und, dass wir tolle Spiele zeigen.“

„Ich glaube, es liegt an der Jahreszeit, nicht an anderen Dingen“

Andreas Pummer, Trainer des Fußball-Bayernligisten FC Deisenhofen

Andreas Pummer, 40, Trainer des Fußball-Bayernligisten FC Deisenhofen: „Ganz ehrlich gesagt bin ich nicht im WM-Fieber. Mein Fokus liegt gerade auch noch voll auf Deisenhofen. Ich werde mir mit Sicherheit das eine oder andere Spiel anschauen, aber ich habe nicht das Feeling, das ich bei den letzten Weltmeisterschaften hatte, aus welchen Gründen auch immer. Ich glaube, es liegt an der Jahreszeit, nicht an anderen Dingen. Sommer und Winter: Da ist einfach ein Unterschied. Es ist ungewohnt, eine WM zu diesem Zeitpunkt zu haben. Bei Deutschland hätte ich mir noch mehr junge Spieler gewünscht. Jetzt sind doch noch einige Alteingesessene wie Thomas Müller dabei. Ich bin für den Umbruch, hätte da auf Risiko gespielt. Ich glaube auch nicht, dass wir weit kommen. Meine Frau ist Brasilianerin, deshalb drücke ich aus familiären Gründen Brasilien die Daumen. Allerdings nach den Deutschen. Und ich glaube auch nicht, dass Brasilien Weltmeister wird. Vielleicht schafft es eine Überraschungsmannschaft wie damals die Dänen bei der EM 1992. Das würde mich auch freuen.“

„Ich werde nicht mein Arbeitsprogramm nach der Fußball-WM richten“

Mihai Paduretu, Sportdirektor der Volleyballer des TSV Haching München

Mihai Paduretu, 55, Sportdirektor der Volleyballer des TSV Haching München: „Ich werde mir das Halbfinale und das Finale anschauen und vielleicht auch die Deutschland-Spiele. Alle Spiele sicher nicht. Ich werde nicht mein Arbeitsprogramm nach der Fußball-WM richten. Das hat aber nichts mit Katar zu tun. Ich habe natürlich mitbekommen, dass einige nicht einverstanden sind. Man muss sich überlegen, was besser ist: die totale Isolation oder Integration und Kommunikation? Ich weiß noch aus kommunistischen Zeiten, dass wir uns die Kommunikation gewünscht haben. Isolation hat uns nicht geholfen. In den letzten Jahren vor der Wende durften wir aus Rumänien nicht mehr zu Spielen in den Westen reisen, außer bei offiziellen Turnieren, wie einer WM. Und es durften keine westlichen Mannschaften zu uns. Aber die Zeiten ändern sich. Das muss letztlich die Politik entscheiden. Die Mannschaften müssten jetzt fitter sein als im Juni nach einer ganzen Saison. Deshalb glaube ich, dass sie gute Spiele zeigen werden. Favoriten kann ich keinen nennen. Es kann alles passieren. Schön wäre es, wenn mal jemand Neues gewinnen würde. Für Deutschland wäre es gut, das Halbfinale zu erreichen. Und dann ist alles möglich.“

„Bei früheren Turnieren habe ich mir jedes Spiel reingezogen und gerne mit anderen beim Public Viewing dazu gefeiert. Das fällt heuer schon jahreszeitlich und wegen der Gesamtumstände aus“

Mario Matic, Trainer des Basketball-Zweitligist TSV Oberhaching

Mario Matic, Trainer des Basketball-Zweitligist TSV Oberhaching: „Ich schaue diese Fußball-Weltmeisterschaft mit sehr gemischten Gefühlen. Bei früheren Turnieren habe ich mir jedes Spiel reingezogen und gerne mit anderen beim Public Viewing dazu gefeiert. Das fällt heuer schon jahreszeitlich und wegen der Gesamtumstände aus. Eine WM ist an sich etwas ganz Besonderes und war bei mir im Kalender immer dick angestrichen. Heuer beschränke ich mich auf die Spiele meiner Heimatländer Deutschland und Kroatien und vielleicht auf die ein oder andere Partie in der K.o.-Runde. Rein sportlich betrachtet halte ich Brasilien für das kompletteste Team. Die Jungs vom Zuckerhut sind mein Favorit. Deutschland sehe ich zumindest als Teilnehmer des Viertelfinales. Kroatien ist nicht so stark wie vor vier Jahren. Die K.o-Runde wäre ein Erfolg.“

Aufrufe: 017.11.2022, 15:48 Uhr
Harald HettichAutor