2024-06-17T07:46:28.129Z

Interview
Christian Kucharz ist bis Saisonende Cheftrainer der FCC-Damen in der 2. Bundesliga.
Christian Kucharz ist bis Saisonende Cheftrainer der FCC-Damen in der 2. Bundesliga. – Foto: Hartmut Gerlach

"Wir müssen die PS auf´s Feld bringen"

Christian Kucharz hat das Ruder bei den FCC-Frauen übernommen und will nun mit der Mannschaft den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga sichern. Wir sprachen mit dem Fußballlehrer über die Aufgabe als Cheftrainer der Damen.

Seit vergangener Woche ist Christian Kucharz Cheftrainer der Frauenmannschaft des FC Carl Zeiss Jena in 2. Bundesliga. Er übernimmt das Amt vom freigestellten Steffen Beck. Aktuell befindet sich die Mannschaft mit 11 Zählern auf Rang 12, einem Abstiegsplatz.

Zuvor war Kucharz Coach der U20 beim FCC. Darüberhinaus hat der 42-jährige Fußballlehrer einige Funktionen und Aufgaben im Thüringer Fußball-Verband, ist unter anderem Leistungssportkoordinator und Auswahltrainer (weiblich). Nun soll Christian Kucharz die FCC-Frauen vor dem Abstieg aus der 2. Bundesliga bewahren. Wir haben mit dem Coach über die neue Aufgabe gesprochen.

Interview mit Christian Kucharz

FuPa.net: In der vergangenen Woche hast du das Traineramt bei der 1. Frauenmannschaft des FCC übernommen. Du bist selbst lange im Verein aktiv, kennst die Spielerinnen. Insofern brauchte es da ja keine Anlaufzeit und ihr konntet gleich in die Vollen gehen, oder?

Christian Kucharz: "Es sind zwei Ebenen. Ja, ich kenne die ganze Mannschaft. Von den 26 Spielerinnen waren knapp 23 Schülerinnen im Sportgymnasium. Also die Mädels kenne ich gut. Aber die zweite Ebene ist: Wie sind Stimmungen in einer Mannschaft, gewisse Abläufe? So waren die ersten Tage trotzdem sehr wichtig, um dafür ein Gefühl zu entwickeln."

Am vergangenen Wochenende hat es für euch gegen die U20 von Wolfsburg nicht mit Punkten geklappt (0:1). Trotz Niederlage hast du einiges Positives gesehen. Was habt ihr gut gemacht und was muss mit Blick auf die bevorstehenden Spiele unbedingt verbessert werden?

"Ich bin kein Freund davon zu sagen: Wir haben gewonnen, alles ist gut - Wir haben verloren, alles ist schlecht. So eine Analyse muss differenzierter sein. Für mich war entscheidend, die Mannschaft auf dem Feld kennenzulernen, ihre Qualität in der zweiten Liga bewusst wahrzunehmen. Wir hören oft, dass wir die Qualität haben. Aber allein davon können wir uns noch nichts kaufen. Wir müssen die PS auch aufs Feld bringen. Für mich war es spannend zu sehen, wie es die Spielerinnen in einem Spiel abrufen können. Wir hatten eine hohe Spannung, eine gute Stimmung, viel Aggressivität. Das war für mich wichtig zu beobachten und hat mir enorm gefallen. Wir haben das Spiel die ganze Zeit aktiv gestaltet und auch nach dem 0:1 weiter gekämpft und uns Chancen erarbeitet. Das wird uns helfen. Die Mädels haben gut verteidigt, wenig Chancen zugelassen und hatten im Pressing viele Ballgewinne. Das ist ein gutes Fundament für die kommenden Aufgaben."

Was hat gefehlt, um ein eigenes Tor zu erzielen?

"Wir haben uns Möglichkeiten erarbeitet, hatten viele Grundliniendurchbrüche. Wir müssen aber die guten Angriffe, die wir haben, mit der letzten Konsequenz zu Ende spielen. Wir haben klare Chancen zu überhastet abgeschlossen und brauchen dabei noch etwas Sicherheit. Dann werden wir solche Chancen auch besser ausspielen."

Bislang hast du die U20 des FCC in der Regionalliga trainiert. Ändert sich bei der ersten Mannschaft an deiner Herangehensweise etwas? Vermutlich orientiert sich im Nachwuchsteam die Bewertung des Erfolgs zu großen Teilen an der Entwicklung der Spielerinnen. Nun braucht es aber Ergebnisse, vor allem mit Blick auf die Tabelle.

"Du hast die Antwort ja schon mit formuliert. Sicher, bei den U-Mannschaften der Erstligisten muss um jeden Preis die zweite Liga gehalten werden. Hier in Jena ist bei der U20 das Ergebnis aber nicht vordergründig. Da geht es um die Entwicklung der Spielerinnen. Jetzt bei der ersten Mannschaft habe ich nicht die Zeit, um primär die Spielerinnen zu entwickeln. Wir brauchen Ergebnisse. Es geht darum, die PS am Wochenende aufs Feld zu bekommen."

Das ist für dich selbst auch eine etwas andere Challenge, nun mit dem deutlichen Ergebnisdruck zu arbeiten. Macht das Bock?

"Ja, total. Ich bin schon ein Siegertyp. Auch mit der U20 verliere ich nicht gerne, da sind aber die Ziele eben etwas anders. Dieser Wettkampfdruck, der jetzt da ist, ist schon cool und macht Spaß."

Am Sonntag müsst ihr in Köln ran - ein direkter Konkurrent aus dem Tabellenkeller. Wie wichtig ist dieses Match für euch und worauf wird es ankommen?

"Die Frage könnte man jetzt jede Woche stellen. Ich würde die Bedeutung von Spielen gar nicht mehr priorisieren. Ich sehe alle Spiel als wichtig an. Wir wollen unsere eigenen Stärken aufs Feld bringen. Natürlich werden wir auch eine gegnerorientierte Vorbereitung machen, das gehört mit zur Professionalität. Aber wir wollen auch auf uns schauen und unsere Stärken einbringen. Das wird auch Thema in der Trainingswoche sein. Noch wichtiger als die Spielausrichtung wird aber die Einstellung sein. Das war letzte Woche schon gut und ist auch im Training auf einem hohen Level."

Das Spiel in Köln ist am Sonntag 11 Uhr, ihr werdet Samstag anreisen. Ziemlich sicher fordert die Arbeit als Cheftrainer in der 2. Bundesliga nun auch mehr deiner Zeit, als es bei der U20 der Fall war. Entsteht dadurch ein Spannungsverhältnis zu deinen Aufgaben im Thüringer Fußball-Verband?

"Ich war ja vor einigen Jahren schon mit der Mannschaft in der zweiten Liga. Insofern ist es für mich nicht so neu oder ungewöhnlich bei Auswärtsspielen zu übernachten. Aber natürlich entstehen auch Überschneidung bei Terminen mit dem Verband. Aber da gibt es eine klare Absprache. Ich werde weiter 40 Stunden in der Woche meinen Aufgaben beim Verband nachgehen. Das ist so auch klar kommuniziert. Wenn es eine Überschneidung gibt, haben wir eine Vertreterregel abgesprochen. Das war eine Grundvoraussetzung. Ich bin dem Präsidenten und dem Geschäftsführer des TFV sehr dankbar für die Bereitschaft und das Verständnis, das bis Saisonende so zu regeln."

Stichwort: Saisonende. Der FCC hat kommuniziert, dass du das Traineramt bei der ersten Mannschaft so lange übernimmst. Wenn es für alle Beteiligten gut läuft, ihr eure Ziele erreicht und das einfach eine runde Sache wird, kann es dann auch länger gehen?

"Nein, das haben wir auch direkt und offen so zur Mannschaft kommuniziert. Es ist eine total reizvolle Aufgabe, bei der ich bereit bin, viel Kraft zu investieren. Aber es ist ganz klar kommuniziert, dass ich es bis Saisonende mache."

Aufrufe: 015.2.2023, 12:08 Uhr
Felix BöhmAutor