2024-05-08T14:46:11.570Z

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Ein mulmiges Gefühl könnte es schon werden für Tim Schmid, auch wenn er in Peiting sehr beliebt ist.
Ein mulmiges Gefühl könnte es schon werden für Tim Schmid, auch wenn er in Peiting sehr beliebt ist. – Foto: mayr

„Krasse Konstellation“ in der Relegation: Murnau-Coach Schmid gegen Ex-Klub Peiting

Rendezvous mit der Vergangenheit

Vor ein paar Wochen haben ihn die Peitinger Fußballer mal wieder angerufen. Sie bräuchten ein bisschen Hilfe in der Reserve, sagten sie zu Tim Schmid.

Murnau – Einen Torjäger wie ihn schickt man auch mit 34 Jahren noch gerne aufs Feld. „Seine Technik hat ihn überragend gemacht, damit hat er alle ausgetrickst“, sagt etwa Uwe Enzmann, Abteilungsleiter der Fußballer in Peiting und guter Freund von Tim Schmid.

Der jetzige Coach des TSV Murnau hat dann aber doch abgelehnt, obwohl sein Spielerpass tatsächlich noch in Peiting liegt. „Das hätte sich nicht gehört“, sagt Schmid. Logisch: Denn mit dem TSV trifft er am morgigen Donnerstag (neue Anstoßzeit 19.30 Uhr) im ersten von zwei Duellen eben auf jenen TSV Peiting. Für Schmid ist das einerseits der letzte Akt seiner Zeit in Murnau, andererseits ein Rendezvous mit der eigenen Vergangenheit.

In der C-Jugend kam der Schongauer Schmid nach Peiting. Die Familie war umgezogen, und sportlich ergab der Wechsel obendrein Sinn. „Er hat seinen Weg bei uns gemacht“, erinnert sich Enzmann. Für den kleinen Mann mit den Zauberfüßen hielt Peiting stets ein Platz in der Offensive frei. Als Schmid 2006 in den Seniorenbereich rückte, gedieh beim Verein aus dem Pfaffenwinkel mal wieder ein Schwung an Talenten. Schön regelmäßig schaffte es Peiting über die Jahrzehnte in die Bezirksliga. Seit den 1970ern pendelt Peiting verlässlich zwischen den zwei Welten, hält sich mal länger, mal kürzer in der Klasse.

Für Youngster Schmid, der in jenem Jahr mit einigen Kollegen auch noch Abitur schrieb, fühlte sich die Phase, die im Aufstieg gipfelte „krass und extrem“ an. Seine jungen Wilden in Murnau, Thomas Bauer und Co., durchleben gerade ähnliches. Vier Spieltage vor Ende betrug der Rückstand der Peitinger auf Spitzenreiter Herrsching damals acht Punkte. Am Ende lagen sie punktgleich vorne – und Peiting stieg nach einem 1:0 im Entscheidungsspiel auf.

In den Jahren danach drängte der Klub in die Bezirksoberliga, scheiterte zweimal in der Relegation, 2010 in einem denkwürdigen Duell mit Kirchheim. In der Verlängerung verlor Peiting 4:7. „Das hätten wir schaffen müssen“, sagt Schmid heute. Danach verließen einige Stützen den Verein in Richtung Bayernliga. Schmid lehnte immer ab. Sein Fußballerleben ging in Peiting zu Ende.

Enzmann, den er Ziehvater nennt, und Stefan Jocher, den Zweiten Abteilungsleiter, zählt er zu seinen guten Freunden. Als sie von seinem Traineramt in Murnau erfuhren, gratulierten sie artig. „Der Tim kann sogar noch höher trainieren“, spekuliert Enzmann. Wenn ihn eine Eigenschaft auszeichnet, dann sei es seine Geradlinigkeit. Das habe man zuletzt wieder gesehen, als Schmid beschloss, sein Amt in Murnau niederzulegen. „Ich hab’ erst den Kopf geschüttelt und mir gedacht: Was machst denn du da“, scherzt Enzmann.

Gerne hätte er ihn wieder als Trainer in Peiting, etwa in der Jugend, sobald Schmids Kinder einmal mit dem Fußballspielen beginnen. „Da haben wir unsere Fühler schon ausgestreckt“, sagt der Spartenchef. Ein paar Jahre wird sich der Dauerbrenner beim TSV Peiting, der seit 1996 im Amt ist, aber auf jeden Fall noch gedulden müssen.

Zunächst sind die beiden Freunde erstmalig Rivalen. Natürlich hätte sich Schmid das Duell gerne erspart. „Am liebsten wäre es mir, wenn beide Teams direkt aufgestiegen wären.“ Für diese Woche muss seine Vergangenheit schweigen. Sie zählt nichts. „Ich trage grün“, betont der Murnauer Coach. Doch: Die Konstellation „ist schon krass“. Niemand hätte planen können, dass seine Zeit in Murnau mit Entscheidungsspielen gegen den Herz- und Heimatverein endet. Das Stadion des TSV Peiting, in dem die Relegation beginnt, hält er nach wie vor für „den besten Platz im Oberland“.

In Peiting gibt es keinen, der ein negatives Wort über Schmid spricht, betont Enzmann. „Ein ganz feiner Kerl und vom Typ absolut geil.“ Nicht einmal Eintritt verlangen sie, wenn er ins Stadion kommt. Noch immer gehört Schmid zur großen rot-weißen Familie. Vorigen Herbst trainierte er wenige Male mit der Reserve, um sich fit zu halten. Am Ende würden es ihm alle gönnen, wenn er mit Murnau in die Bezirksliga springt. Enzmann sagt: „Wenn wir es nicht schaffen, geht die Welt nicht unter.“ (Andreas Mayr)

Aufrufe: 01.6.2022, 08:51 Uhr
Andreas MayrAutor