2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
Nach acht Jahren als Präsident und 16 Jahren im Präsidium tritt Christian Gartmann bei Concordia Belm-Powe ab.
Nach acht Jahren als Präsident und 16 Jahren im Präsidium tritt Christian Gartmann bei Concordia Belm-Powe ab. – Foto: Swaantje Hehmann

„Corona hat uns nicht wehgetan“

Concordia Belm-Powes Präsident tritt ab: Christian Gartmann über Ehrenamt, Pandemie und Eintracht Frankfurt

Nach 16 Jahren im Präsidium und acht Jahren als Präsident des SV Concordia Belm-Powe stellt Christian Gartmann bei der Jahreshauptversammlung an diesem Mittwoch (19 Uhr) in der Vereinsgaststätte „twentyseven“ sein Amt zur Verfügung. Im Interview zieht er Bilanz, spricht über Corona, das Ehrenamt und seine Leidenschaft als Fan von Eintracht Frankfurt.

Herr Gartmann, wie fällt Ihre Bilanz als Präsident von Concordia Belm-Powe aus?

Ausschließlich positiv. Wir haben in der Zeit etwas geschafft bei Concordia Belm-Powe, und ich bin zufrieden, dass es jetzt zum Wechsel kommt. Es war immer klar, dass das ein Amt auf Zeit ist. Ein Verein lebt auch von neuen Ideen und neuen Leuten. Unser bisheriger Vizepräsident Rainer Püngel kandidiert, der jetzt schon acht Jahre im Präsidium dabei ist. Ich bin ganz zuversichtlich, dass der Wechsel gelingen wird.

Wenn Sie aufhören, haben Sie mehr Zeit, um Eintracht Frankfurt im europäischen Fußball hinterherzufliegen . . .

(lacht) Es war ein anstrengendes Frühjahr, aber Spaß beiseite. Das hat mit meiner Entscheidung bei der Concordia gar nichts zu tun. Die Freiräume für die Vereinsarbeit muss man sich nehmen. In der Regel war ich einmal die Woche auf der Geschäftsstelle, um auf dem Laufenden zu sein. Mindestens einmal die Woche schaue ich online sämtliche Kontobewegungen durch. In Stunden kann ich das nicht zählen, aber auch das ist nicht der Grund. Meine Frau Sigrid hat immer hinter mir gestanden, wir haben uns schließlich auch hier beim Tischtennis kennengelernt.

Aber mehr Zeit für die Eintracht bleibt trotzdem . . .

Stimmt. Fan bin ich seit 1974, Mitglied seit 2006, und ich war zum Beispiel im April beim Europa-League-Spiel in Barcelona. Das sind Erinnerungen, die man sich nie erträumt hatte. Ich hoffe jetzt, dass ich eine Chance auf Karten für die Champions-League-Runde habe, aber das wird gelost.

Zurück zur Concordia: Da waren die 16 Jahre sicherlich nicht nur leicht, oder?

Ich habe letztens gelesen, dass mal jemand gesagt hat: Wenn man gewählt ist, ist man fünf Minuten stolz – und dann merkt man, dass es kein Lob mehr gibt. Das ist sicherlich übertrieben, aber es ist auch was Wahres daran. Reaktionen gibt es oft nur im Negativen. Aber ich kann für mich sagen: Bei mir hängt absolut nichts nach. Es war eine tolle Zeit. Das Miteinander im Verein ist positiv, auch wenn die Abteilungen schon ein wenig um den Nachwuchs konkurrieren, weil die Zahl der Kinder begrenzt ist, die heute noch aktiv regelmäßig Sport treiben. Aber ein Beispiel: Wir haben 2006 mit 1020 Mitgliedern angefangen. Jetzt sind wir bei 1250 Mitgliedern. Das ist schon außergewöhnlich. Mir war es wichtig, dem Verein etwas zurückzugeben, was ich als Sportler viele Jahre durch die Arbeit anderer genießen konnte.

. . . und es wären noch mehr Mitglieder, wenn die Pandemie nicht gewesen wäre?

Nein, das kann man nicht sagen. Wir haben allein im letzten Jahr fast noch mal zehn Prozent neue Mitglieder gewonnen im Jüngsten-Bereich. Beim Kinderturnen, Rope-Skipping oder auch Kindertanzen gibt es einen irren Zulauf. Corona hat uns nicht wehgetan, und die Finanzen sind auch in Ordnung. Da stehen wir mittlerweile sehr gesund da, auch weil wir einen sehr zuverlässigen Pool an Sponsoren haben, die zur Stange halten, weil sie wissen, dass ihr Geld in die Kinder- und Jugendarbeit fließt.

Corona war also kein Stimmungsdämpfer zum Ende der Amtszeit?

Es war schmerzhaft, dass wir die Anlagen viele Monate geschlossen hatten, und es war lästig und nervig, später den Zugang unter Corona-Bedingungen zu organisieren. Aber wir konnten es uns leisten, teilweise die Beiträge nicht einzuziehen.

In 16 Jahren hat sich am Heideweg viel getan . . .

Wir haben ein gutes Miteinander mit der Gemeinde und dadurch viel erreicht, sei es die Sanierung des Kunstrasens oder der Sporthallen. Jetzt sind die Außenanlagen rund um den Rasenplatz angeschoben, die Tennenbahn ist aus den 1980er-Jahren. Alles kostet viel Geld und geht nicht sofort, aber das ist angeschoben. Und was mir wichtig ist: Als Peter Strohbecke und ich 2006 anfingen, wurde der Verein noch im reinen Ehrenamt geführt. Jeder hat seine Arbeit zu Hause erledigt. Wir haben dann, weil wir das als Selbstständige auf Dauer ehrenamtlich gar nicht leisten konnten, über die Jahre eine Geschäftsstelle mit Teilzeit-Angestellten aufgebaut. Mittlerweile wird dort das Tagesgeschäft gemacht. Und wir haben früh angefangen mit einer FSJ-Stelle im Sportverein. Das war damals noch nicht so bekannt wie heute. Das ist eine einzige Erfolgsgeschichte.

Wäre das ein Rat an andere mittelgroße Vereine, dass sie ihre Verwaltung professionalisieren?

Auf jeden Fall. Ich könnte mir das auch nicht mehr im Ehrenamt vorstellen mit dem Aufwand, allein was die Mitgliederverwaltung und das Steuerwesen angeht. Das kann man von niemandem im Ehrenamt erwarten und ist auch in einem Team nicht zu leisten.

Zur Person:

Christian Gartmann, 58, Rechtsanwalt, ist seit 1977 Mitglied bei Concordia Belm-Powe. 35 Jahre lang spielte er Tischtennis. Von 1992 bis 1994 war er als Pressewart schon einmal im Präsidium. 2006 wurde er Vizepräsident, seit 2014 führt er den Verein als Präsident.

Aufrufe: 05.7.2022, 13:00 Uhr
Johannes KapitzaAutor