2024-05-14T11:23:26.213Z

Allgemeines
– Foto: Thomas Rinke
VR Bank Bodensee-Oberschwaben

Nachwuchssorgen bei den Landkreis-Schiris

Schiedsrichter: Auch im Nordkreis werden Fußballspiele ohne geprüfte Unparteiische immer wahrscheinlicher

Altkreis Der Trend stimmt nachdenklich: Wenn sich der Schiedsrichterschwund im Amateurfußball weiter verfestigt, drohen möglicherweise auch auf den Plätzen im Osnabrücker Nordkreis chaotische Zustände.

Auf die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man sich in den unteren Klassen schon bald auf Spiele ohne geprüfte Unparteiische einstellen muss, antwortet Julian Meckfessel wie aus der Pistole geschossen. „Sehr, sehr hoch! In einigen Bereichen ist dies zum Teil bereits der Fall“, so der stellvertretender Kreisschiedsrichter-Obmann (KSO) Osnabrück.

Die Ursachen für die nachlassende Lust auf den Schiri-Job sind vielschichtig. Meckfessel zählt „zu geringe Spesen sowie Fahrgeld“, erst recht nachvollziehbar bei den aktuell hohen Spritpreisen, aber auch „andere Hobbys, die während der Corona-Pandemie entdeckt wurden“, auf.

Hinzu kommen aus Sicht des KSO aber auch „negative Erfahrungen“, etwa in puncto „Gewalt oder Bedrohung“ und nicht zuletzt die „mangelnde Wertschätzung“ als Gründe in Betracht.

Von der Kreisebene bis in die Bundesliga

Einer, der es aus unserer Region bis an die Spitze geschafft hat, ist Florian Heft vom SV Eintracht Neuenkirchen. „Der Reiz am Pfeifen ist für mich, Entscheidungen in Bruchteilen von Sekunden zu treffen“, erzählt der Bundesligaschiedsrichter.

Seit 2005 ist der 32-jährige Bankangestellte auf den Fußballplätzen präsent, um für geordneten und flüssigen Spielfluss zu sorgen. „Sportlich gesehen sind natürlich der Aufstieg in die 2. Bundesliga als Schiedsrichter sowie als Schiedsrichter-Assistent in die 1. Bundesliga die bis dato größten Erfolge“, verdeutlicht der Unparteiische.

Florian Heft lebt im Stile eines Leistungssportlers, trainiert sechs Tage die Woche. Damit die Leistung auf dem Rasen stimmt und „um zu einem guten Fußballspiel beitragen zu können“. Durch gutes Spielmanagement könne dies gelingen.

Hefts Karriere könnte auch für junge Schiedsrichter, von denen es in unserer Region immer weniger gibt, Ansporn und Motivation sein. 317 Schiedsrichter waren im Mai 2022 in Stadt und Landkreis Osnabrück mit dem Status „aktiv“ gelistet, darunter lediglich sieben Frauen. Die zu besetzenden Partien pro Liga sind dabei nicht zu knapp. Gespielt wird derzeit bei den Männern von der 3. Kreisklasse hoch bis zur Oberliga Niedersachsen. Hinzu kommen die Junioren-Klassen, die Frauen und der Seniorenbereich (Ü32).

Ansetzungen: Einzeln oder im Gespann

In der gerade abgelaufenen Saison 2021/22 nahmen die Osnabrücker Schiedsrichter insgesamt mehr als 10.000 Ansetzungen wahr. Dabei muss man wissen, dass die Unparteiischen teils einzeln angesetzt werden, teils auch im Dreier-Gespann. Somit kommt es zu statistisch erfassten Doppelnennungen, die hohe Zahl entspricht damit nicht den tatsächlich ausgetragenen Begegnungen im genannten Zeitraum.

Leider bereiten auch die Entwicklungen im gesamten DFB-Bereich Sorgen. Machten den „Job an der Pfeife“ im Jahre 2011 noch 78.455 Männer und Frauen, so gingen die Zahlen bis ins Jahr 2021 auf 44.801 zurück.

Klar sollte indes allen Fußballfans sein, dass die Schiedsrichter einer kniffligen Freizeittätigkeit nachgehen, die zugleich herausfordernd und verantwortungsvoll ist. Und mal Hand aufs Herz: Was würde wohl passieren, wenn in unserer Gesellschaft Gesetze, Normen und Vorschriften „abhanden“ kämen? Etwa im Straßenverkehr? Wenn niemand bereit wäre, den Schwächeren vor dem Stärkeren zu schützen?

Damit es nicht zu den schlimmsten Befürchtungen kommt, steuert der Kreisverband entgegen. In Sachen Nachwuchsgewinnung werden laut Meckfessel Wege via Werbung über Vereine und Social Media, Schul-Lehrgänge (AGs) oder Online-Lehrgänge beschritten.
Anfang Juli steigt der nächste Anwärter-Lehrgang, Anmeldungen seien noch möglich, so Meckfessel. Der Anteil an Schiedsrichterinnen sei überschaubar. Daher werde überlegt, einen Lehrgang nur für Frauen anzubieten, verrät der KSO.

Im Landkreis nur sieben Schiedsrichterinnen

Eine der sieben Schiedsrichterinnen, die in unserem Landkreis pfeifen, ist Merlitt Heile von der DJK Schlichthorst. „Mir gibt es ein tolles Gefühl, daran beteiligt zu sein, dass Fußballspiele gut über die Bühne gebracht werden“, sagt die junge Frau.

Die 22-jährige Merzenerin konnte sich inzwischen bis in die Frauen-Regionalliga Nord und die Herren-Bezirksliga hocharbeiten. In der Regionalliga pfeift sie als Hauptschiedsrichterin, in der Bezirksliga als Assistentin an der Seitenlinie.

Und wenn es ungemütlich wird und der Ton von außen rauere Züge annimmt? „Fußball ist emotional. Klar! Da kann man sich mal ärgern, aber auf die Art und Weise kommt es an“, sieht die Studentin die Zunahme von Ausrastern und Übergriffen auf den Plätzen dennoch überwiegend gelassen.

Am Ende zählt für die DJK-Frau Besonnenheit. „Ruhig bleiben! Es bringt nichts, wenn man zurück meckert“, sagt Heile, für die die positiven Aspekte ihres Jobs deutlich überwiegen. „Ich habe Spaß an der Schiri-Tätigkeit und bin auch gerne im Gespann unterwegs“, so die Unparteiische.

Aufrufe: 025.6.2022, 11:00 Uhr
Jürgen Schinke / Bramscher NachrichtenAutor