2024-05-02T16:12:49.858Z

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Das erste Niederseelbacher Meisterfoto nach dem 3:1-Meisterstück im Spitzenspiel beim Verfolger SV Wallrabenstein.	  Foto: Haupt
Das erste Niederseelbacher Meisterfoto nach dem 3:1-Meisterstück im Spitzenspiel beim Verfolger SV Wallrabenstein. Foto: Haupt

Seelbach: Von "totem Verein" zur erfolgreichen "Mission Gruppenliga"

Wie der SV Niederseelbach mit der Rückkehr der Eigengewächse und einem Ex-Profi als Trainer durch die Klassen marschierte und dorthin zurückkehrte, wo man zuletzt 1996 war

Rheingau-Taunus. Der SV Niederseelbach hat in den vergangenen Jahren eine wundersame Entwicklung hingelegt und diese mit dem Gewinn der Meisterschaft der Kreisoberliga Rheingau-Taunus gekrönt. Damit spielt der Sportverein vom Heideborn in der kommenden Saison in der Gruppenliga Wiesbaden – das erste Mal seit 1996.

Mit dem 3:1 im Spitzenspiel gegen Verfolger SV Wallrabenstein hatte der SVN sein Meisterstück gemacht. „Wir sind absolut zu recht Meister geworden“, freut sich SVN-Coach und Ex-Profi Matthias „Adi“ Dworschak, der zu seiner aktiven Zeit mit Hannover 96 in die 2. Bundesliga aufgestiegen war. Es sei egal, ob es sich um einen Aufstieg aus der Kreisoberliga oder aus der Regionalliga handele. „Die Emotionen, die solch ein Aufstieg freisetzt, gleichen sich immer“, betont Dworschak, der neben Hannover 96 unter anderem für die Offenbacher Kickers und Eintracht Frankfurt spielte.

Vor 27 Jahren: Coup mit der Eintracht, SVN letztmals Gruppenligist

Mit jener Frankfurter Eintracht gelang ihm in der Saison 95/96 sein womöglich größter Coup, als man den FC Bayern München mit 4:1 besiegen und damit Oliver Kahn & Co. eine empfindliche Niederlage zufügen konnte. Es ist auch die Saison, in der der SV Niederseelbach zum letzten Mal für die nächsten 27 Jahre Gruppenliga spielen sollte. Nun, fast drei Jahrzehnte später, ist dem Ex-Profi sein vielleicht größter Coup als Trainer gelungen. Keinen einzigen Punkt gab der Sportverein auf heimischen Rasen ab und verließ überhaupt das letzte Mal vor über drei Jahren das heimische Geläuf als Verlierer.

Detloff und Linke: Kinder des Ortes wieder daheim

Dworschak, seit Januar 2020 Trainer des SVN, „hat es binnen kürzester Zeit geschafft, die Jungs auf Linie zu bringen und der Mannschaft eine Struktur zu geben“, erzählt Spielführer Julian Linke, der durch Kevin Detloff – spielender Co-Trainer, sportlicher Leiter und erster Vorsitzender in Personalunion – im Sommer 2018 den Weg nach Niederseelbach zurückgefunden hat. Beide, Detloff (33 Jahre) und Linke (30 Jahre), sind Kinder des Ortes, haben in Niederseelbach das erste Mal gegen einen Ball getreten. Damals noch auf roter Asche. Und beide zog es im Jugendalter Richtung Wehen, wo sie Junioren-Bundesliga spielten und sich später, im Herrenfußball, beim FC Eddersheim und SV Niedernhausen wiederfanden.

"Jede Woche ein Kraftakt"

Kevin Detloff kehrte im Sommer 2015 aus der Verbandsliga zurück in die Heimat, die damals Kreisliga B bedeutete. „Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits ein Kind und das zweite war unterwegs. Daher wollte ich mehr Zeit für die Familie haben. Dass ich jetzt in meiner Zeit hier insgesamt drei Aufstiege miterleben durfte, ist unfassbar schön“, schildert das Eigengewächs mit glühender Stimme und ergänzt: „Wir haben nicht einmal mit derselben Elf gespielt. Jede Woche war es ein Kraftakt. Doch als wir Ende März mit 3:2 bei der SG Rauenthal/Martinsthal gewonnen haben, spürten wir, dass es mit dem Aufstieg klappen könnte.“

Detloff half, den Verein am Leben zu halten

Noch vor wenigen Jahren deutete wenig darauf hin, dass Niederseelbach eines Tages Gruppenliga spielen würde. „Hätte mir jemand diese Entwicklung vor drei Jahren vorhergesagt, hätte ich ihm den Vogel gezeigt“, sagt Julian Linke und auch Kollege Kevin Detloff erinnert sich an weniger glanzvolle Zeiten: „Vor wenigen Jahren war der Verein nahezu tot.“ Dass er wieder unter den Lebenden ist, ist auch der Verdienst von jenem Kevin Detloff, der sofort nach seiner Rückkehr 2015 das Amt des sportlichen Leiters übernahm. Drei Jahre darauf folgte der Posten des Vereinsvorsitzenden, ehe er im Januar 2020 den heutigen Aufstiegstrainer Matthias Dworschak an Land zog. „Ich kannte Kevin durch meine Trainerzeit beim FC Eddersheim“, sagt Dworschak und fügt hinzu: „Kevin ist jemand, der voll durchlädt, wenn es darauf ankommt.“ Der Aufstieg, so der Meistertrainer, sei jedoch dem starken Kollektiv zu verdanken, das eine „enorme Leidensbereitschaft untereinander an den Tag gelegt“ habe.

Vorahnung bereits 2020

Als Dworschak das Team übernahm, war der SV Niederseelbach Tabellenvorletzter. Nun, mehr als drei Jahre später, steigt der Verein als „Low-Budget-Team“, wie Dworschak ihn liebevoll bezeichnet, in die Gruppenliga auf. „Der Zusammenhalt ist größer, wenn kein Geld im Umlauf ist“, sagt Detloff. Und vielleicht haben Dworschak und seine Trainerkollegen Detloff und Belkini schon im Januar 2020 eine Vorahnung gehabt. Denn: Die WhatsApp-Trainergruppe hieß seither „Mission Gruppenliga“. „Man müsse Ziele haben, sagte Adi damals“, erinnert sich Detloff, der eine Umbenennung der Gruppe in „Mission Verbandsliga“ zunächst offenlässt.

Die Meistermannschaft im Überblick: Torwart: Nico Wagner (29 Jahre, 25 Einsätze); Abwehr: Fabian Grauer (24 Jahre, 21 Einsätze, 1 Tor), Vincent Habitzreuther (22 Jahre, 11 Einsätze), Nick Howaldt (22 Jahre, 17 Einsätze, 1 Tor), Julian Linke (30 Jahre, 24 Einsätze, 7 Tore), Mohamed Nadir (20 Jahre, 22 Einsätze, 2 Tore), Felix Rehberg (24 Jahre, 18 Einsätze), Maximilian Zeiger (24 Jahre, 9 Tore); Mittelfeld: Nikola Belanovic (24 Jahre, 2 Tore), Matthias Bernert (26 Jahre, 17 Einsätze, 14 Tore), Thomas Cumiskey (27 Jahre, 22 Einsätze, 3 Tore), Kevin Detloff (33 Jahre, 25 Einsätze, 7 Tore), Patrick Hammesfahr (24 Jahre, 24 Einsätze, 13 Tore), Marvin Heeser (26 Jahre, 10 Einsätze, 4 Tore), Christoph Hofmann (26 Jahre, 2 Einsätze), Manuel Schönfeld (34 Jahre, 21 Einsätze, 3 Tore), Quintin Torke (31 Jahre, 22 Einsätze, 3 Tore); Angriff: Rachid Ahsen (38 Jahre, 11 Einsätze, 6 Tore), Ahmed Al Ahmad (20 Jahre, 16 Einsätze, 6 Tore), Fabian Barofski (28 Jahre, 1 Einsatz), Marco Wagner (27 Jahre, 19 Einsätze, 7 Tore)

Das Trainerteam: Matthias Dworschak (49 Jahre, Cheftrainer), Kamal Belkini (42 Jahre, Co-Trainer), Kevin Detloff (33 Jahre, spielender Co-Trainer, sportlicher Leiter, Vereinsvorsitzender)



Aufrufe: 03.6.2023, 14:00 Uhr
Sven HillmerAutor